Review:

The Divine Horsemen

(Die Apokalyptischen Reiter)

„Halt mal das Didgeridoo, ich spiel jetzt die Maultrommel“

Zum 25-jährigen Bandjubiläum erschien das Doppelalbum „The Divine Horsemen“ und die REITER haben an zwei Herbsttagen über 500 Minuten Soundmaterial aufgenommen. Produzent Alexander Dietz (HEAVEN SHALL BURN) hat aus dieser Proberaum-Ekstase das 80-Minuten-Album zusammengezimmert.

Funktioniert das: eine Platte ohne Üben und mit Verzicht aufs Komponieren?

Das Ergebnis sorgt für unterschiedliche Reaktionen und polarisiert. Um eins vorweg zu nehmen: es ist kein „Hit-Album“, es fehlen die knackigen Hymnen die man als Zugabe auspackt. Aber die Jungs aus Weimar schaffen etwas ganz Bedeutendes: sie zocken mit arschtretender Spielfreude und Leidenschaft! Sie erfinden sich dabei (wieder einmal) neu und beweisen Kreativität. Dabei geht die Truppe um Sänger Fuchs erfrischender Weise nicht „auf Nummer sicher“. „The Divine Horsemen“ ist ein wilder ritueller Ritt, vollgepackt mit unterschiedlichen Stilrichtungen und Themen wie multikulturelle Mythologie und Voodoo-Zeremonien.

Die kürzeren Tracks treten brachial die Tür ein, die längeren Stücke sind zumeist atmosphärische Ambient-Collagen. Das auf dem neuen Silberling wieder mehr Härte und Rohheit zu finden ist, gefällt mir und steht den APOKALYPTISCHEN REITERN sehr gut zu Gesicht! Musikalisch bewegen wir uns auf diversen Baustellen: eben lauschen wir noch Weltmusik-Klängen mitten aus dem stickigen Regenwalddickicht, dann bunten psychodelischen Impro-Sounds und ehe man sich versieht, werden wir mittenreingezogen ins düstere Extreme Metal-Inferno.

Der Opener „Tiki“ und Song Nummer Zwei „Salus“ könnten auch auf SEPULTURAs „Roots“ oder einem SOULFLY-Album zu hören sein. Ein wilder seltsamer Silbengesang trifft auf den Knüppel aus dem Sack: hier rattert es temporeich und ohne Rücksicht auf Verluste. „Amma Guru“ ist wütend, mitreißend, mit rauem Sound versehen und man will die Faust Richtung Himmel recken. Kontrastierend kommt „Inka“ daher: eine lange meditative Psychedelic Post Rock-Nummer, die mich zwischenzeitig an SOLSTAFIR denken lässt. „Nachtblume“ ist schön, aber zu kurz. Der Text ist, so das Label Nuclear Blast, ein Gedicht von Joseph von Eichendorff. „Duir“ ist mit 12:14 Minuten der längste Track und ist progressiv-ausufernd. Bei der schönen atmosphärischen Nummer „Children of Mother Night“ sind Jazznuancen zu hören (jetzt nicht im Sinne von vertonter Mathematik). „Uelewa“ startet ruhig und ambienthaft mit ein paar Längen und entwickelt sich überraschend rockig. „Simbi Makya” erscheint zwischen zwei stärkeren Songs („Haka“ und „Wa He Gu Ru“) zu langatmig und experimentell. Ein Kurswechsel jagt den nächsten. In „Akhi” wirds arabisch und „Ymir” ist ein frostiger Black Metal-orientierter Song mit melancholischen Klavierparts. Insgesamt fällt mir auf „The Divine Horsemen“ immer wieder das coole versierte Schlagzeugspiel von Sir G. auf.

Zeit für ein Fazit: Die APOKALYPTISCHEN REITER machen ihrem Ruf als Chamäleon alle Ehre und setzen mutig und vom Wahnsinn gekitzelt noch einen drauf: Sie bieten uns zügellose Vielseitigkeit. „The Divine Horsemen“ ist ein aufregendes Jubiläumsalbum!

The Divine Horsemen


Cover - The Divine Horsemen Band:

Die Apokalyptischen Reiter


Genre: Metal
Tracks: 15
Länge: 78:34 (CD)
Label: Nuclar Blast
Vertrieb: rough trade nuclear blast