Konzert:

The 69 Eyes, Lacrimas Profundere - Köln, Essigfabrik

Konzert vom 06.11.2019

Nach für ihre Verhältnisse relativ langer Pause, die den Solo-Aktivitäten von Sänger Jyrki 69 geschuldet war, sind The 69 Eyes nun anlässlich ihres dreißigjährigen Bestehens wieder auf deutschen Bühnen unterwegs und gastierten dabei selbstverständlich auch in Köln – die Domstadt auszulassen verbietet sich für eine Gothic-Band angesichts ihres berühmtesten Bauwerks schließlich quasi von selbst, wie sich im Laufe des Konzerts herausstellte. Um es allerdings überhaupt erst einmal in die heiligen Veranstaltungshallen zu schaffen, brauchte es Geduld, und zwar reichlich davon – zumindest von Seiten des Publikums. Wer zur Essigfabrik gelangen wollte, musste zunächst einen Spießrutenlauf (oder vielleicht sollte man besser sagen: ein Schneckenrennen) durch ein wahres Meer von Staus und sonstigen Straßenbehinderungen absolvieren, nur um dann direkt vor der Essigfabrik fast noch an einer Unfallstelle und dem damit verbundenen Aufgebot an Polizei und Rettungskräften zu scheitern.

 

Entsprechend füllte sich der Innenraum der Konzerthalle zunächst langsamer als erwartet und auch  wer es gerade noch rechtzeitig zum Beginn um 20 Uhr nach drinnen schaffte, bekam mühelos einen Platz mit Aussicht. Lacrimas Profundere waren kaum auf der Bühne, als Sänger-Neuzugang Julian Larre auch schon demonstrierte, was für eine Rampensau er ist: wie ein Derwisch jagte der Finne über die Bühne, war überall und nirgends zugleich und schaffte es irgendwie, dabei auch noch zu singen – und das mit beachtlicher stimmlicher Bandbreite. Los ging es mit dem rockig-melodiösen „Dead To Me“, gefolgt vom stellenweise fast schon doomigen „Like Screams In Empty Halls“ vom neuen Album „Bleeding The Stars“. Überhaupt präsentierte sich die Band mit dem neuem Material im Gepäck wieder vermehrt düster und mit Julian Larre wurde ein durchaus würdiger Nachfolger für Rob Vitacca gefunden, der stimmlich die gesamte Klaviatur von einschmeichelndem Gesang bis hin zu wüstem Gebrüll beherrscht. Ersteres veranschaulichten „My Release In Pain“ und „Celestite Woman“, die sich melodiös im Ohr festsetzten, letzteres unter anderem „The Kingdom Solicitude“, das nach verräterisch ruhigem Anfang in punkto düsterer Härte ordentlich zulegte. Sänger Julian Larre erinnerte unterdes mitunter fast schon an einen Zauberkünstler, verschwand hinter der Bühne, nur um kurz darauf – dabei unentwegt weitersingend – mitten im Publikum wiederaufzutauchen und ein Bad in der Menge zu nehmen. Über mangelnden Zuspruch musste sich die Band, die fürs Vorprogramm von The 69 Eyes nicht besser hätte gewählt sein können, nicht beklagen und so schloss das Set nach einer Dreiviertelstunde mit „Father Of Fate“ und reichlich Applaus. Ob Köln den bandinternen Wettbewerb, wer denn nun das lauteste Publikum sei, gewonnen hatte, blieb dabei  offen.

 

Während der folgenden dreißig Minuten trafen auch die letzten Nachzügler unter den Besuchern noch ein und gegen Ende der Umbaupause schrumpften die Freiräume im vorderen Bereich des Publikums spürbar. Um 21: 20h schließlich ging das Licht aus und die bekannten Klänge von „Das Phantom der Oper“ ertönten: Auftritt The 69 Eyes. Die Helsinki Vampires starteten mit „Two Horns Up“ vom neuen Album „West End“, bevor mit „Never Say Die“ ein etablierter Live-Klassiker folgte, der das Publikum entsprechend sofort am Haken hatte. Die Finnen präsentierten sich gutgelaunt und spielfreudig, ließen mit „Black Orchid“ einen weiteren neuen Song folgen, zu dem Sänger Jyrki 69 zum Tanzen einlud: „We can dance, too. You can dance with me – it´s okay, I won´t tell anyone! That´s why I´m here.“ Mit „Betty Blue“ ging es zurück in der Zeit, was Jyrki 69 denn auch zum Anlass nahm, sich beim Publikum für mittlerweile stolze 30 Jahre der Treue zu bedanken: „We´ve been here in Cologne for I don´t know how many times and it´s always been great, so today will be no exception, I´m sure!“ Eine Menge Lagerfeuer- und Roadmovie-Flair bei äußerst stimmungsvollem Licht gab es beim großartigen „Borderline“ und dem mit Bedacht direkt im Anschluss folgenden „Hell Has No Mercy“, dass schon in der Studioversion nicht zu Unrecht Erinnerungen an „Borderline“ wachgerufen hatte. Mit „Crashing High“ und „Dance d´Amour“ folgten zwei weitere Ausflüge in „Paris Kills“-Zeiten, bevor mit „Cheyenna“ noch einmal neues Material am Start war. Dafür, dass in den Adern der Bandmitglieder wohl wirklich kaltes Vampirblut fließen muss, fand sich an diesem Abend ein weiterer Anhaltspunkt: wie sonst könnte man, wie Jyrki 69 es tat, einen kompletten Auftritt im Scheinwerferlicht und den damit verbundenen Temperaturen mit Lederoutfit einschließlich Handschuhen bekleidet durchstehen? Besonders ausgedehnter Jubel wurde Schlagzeuger Jussi 69 zuteil, nachdem der Frontmann darauf hinwies, wie minderprivilegiert dieser doch sei: „You´ve got to be really loud, Cologne, so our drummer Jussi can hear you – because he can´t see you from back there. The lights always shine right in his face, he can´t see you at all, so you have to show him, you´re there! Every night he asks: `Were there any people there at all?´ So show him you´re there!“ Nachdem die Existenz des Publikums zufriedenstellend bewiesen war, ging der bunte Reigen durch drei Jahrzehnte Bandgeschichte weiter. Auffallend war, dass das Set sich keineswegs auf neues oder auch nur neueres Material beschränkte, sondern eine erfreulich große Anzahl älterer Bandklassiker und liebgewonnener Live-Lieblinge beinhaltete. „Wasting The Dawn“, der The 69 Eyes-Klassiker der ersten Stunde, wurde schon beim Erklingen der ersten Töne frenetisch bejubelt und auch „Feel Berlin“ und das unsterbliche „Brandon Lee“ wurde aus Leibeskräften gefeiert.

 

Nach „Brandon Lee“ verließ die Band unter Danksagungen die Bühne und blieb lange genug verschwunden, um im Publikum trotz bis dato vergleichsweise kurzer Spielzeit und weiterhin ausgeschalteter Deckenbeleuchtung die Sorge aufkommen zulassen, der Spaß könnte allen Ernstes schon vorbei sein. Doch die Zugaberufe blieben hartnäckig und hatten schließlich Erfolg: die Helsinki Vampires kamen zurück auf die Bühne und Jyrki 69 eröffnete die Zugabe mit für seine Verhältnisse ungewohnt emotionalen Worten: „Thank you. Thank you for coming here time and time again. I don´t know what The 69 Eyes would do without you. I don´t want to get too sentimental but it means so much to us to be able to come here again and again, after so many years, with a new album, and you´re still here and know the songs – or maybe you don´t know them, which is also great, because it means that you came to see us for the first time! So thank you, Cologne!“ Und damit es nicht zu sentimental wurde, wurde auch gleich noch für einen Lacher gesorgt und klargestellt, warum Köln auch darüber hinaus nicht aus dem Tourplan wegzudenken sei: „Besides, you´ve got the most beautiful cathedral in the world, so you just can´t keep me away!“. Die Zugabe erfreute mit gleich zwei weiteren Songs von „Blessed Be“ in Form von „Framed In Blood“  und „The Chair“, bevor die Band mit dem Live-Kracher „Lost Boys“ das Gaspedal noch einmal voll durchtrat und dem Konzert gemeinsam mit einem begeistert mitfeiernden Publikum zu einem mehr als gelungenen Abschluss verhalf. Auch nach dreißig Jahren sind The 69 Eyes live noch eine Bank – freuen wir uns also auf die nächsten dreißig! Für Vampire dürfte das schließlich kein Problem sein.



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