Konzert:

Saltatio Mortis, Nachtgeschrei Köln, Essigfabrik

Konzert vom 12.11.2015

Lang war die Schlange, die an sich an diesem milden, eher frühlingshaft anmutenden Novemberabend vor der Essigfabrik die Straße entlang erstreckte – die überraschend hohem Chartplatzierungen der letzten Alben waren nicht spurlos an Band und Anhängerschaft  vorübergegangen, das Konzert in der Essigfabrik ausverkauft. Dennoch ging der Einlass reibungslos, flott und friedlich von statten und bald hatte sich die Halle gut gefüllt, die Bar und der Merchandising-Stand waren rasch von wachsenden Menschentrauben umgeben.

 

Doch zunächst einmal war es  Zeit für den Support in Form von NACHTGESCHREI, die  um 19:30 Uhr die Bühne enterten und gut gelaunt loslegten. Mit mittelalterlich-rockigen bis metallischen Klängen ging es  druckvoll zur Sache und die Band durfte sich darüber freuen, auch durchaus den einen oder anderen eigenen Jünger im Publikum vorzufinden. Überhaupt kam die Kombo gut an und Songs wie „Monster“, „Das Nichts“ und „An Mein Ende“ wurden rückhaltlos gefeiert.  Auch neues Material hatten die Frankfurter am Start, wurde doch mit „Der Letzte Tag“ ein neuer Song vorgestellt. Und das alles mit einem Ersatzmann am Start: da Drummer Stefan ausgefallen war, musste ein neuer Mann am Schlagzeug heldenhaft in die Bresche springen, der sich wacker schlug und mit einem entsprechenden Applaus von Seiten des Publikums gewürdigt wurde. Nach einer Spielzeit von 45 Minuten endete das Set mit „Schlaflos“, nicht ohne ein gewisses Bedauern, denn sowohl Band als auch Publikum hätten durchaus Gefallen an einer Zugabe gehabt, die der straffe Zeitplan jedoch nicht gestattete.

 

Stattdessen begannen die Umbauarbeiten auf der Bühne, Instrumente wurden abgebaut, Banner gehisst und Kabel verlegt, bis die erste Ansage vom Band erklang, die Vorstellung würde nun in Kürze beginnen. Das Spielchen wiederholte sich dreimal, ehe es schließlich um 20:45 Uhr tatsächlich so weit war, die Lichter erloschen und das in Zirkusthematik gehaltene Bühnenintro ertönte, während SALTATIO MORTIS auf der Bühne erschienen und mit „Wo Sind Die Clowns“, der ersten Single vom aktuellen Album „Zirkus Zeitgeist“, loslegten, woraufhin das Publikum geradezu in die Luft ging. „Zirkus Zeitgeist“ – diesen Zeitgeist aufzudecken und zu kritisieren haben sich die Spielleute auf die Banner geschrieben, gleichzeitig jedoch verkörpert das neue Material ihn textlich auch ein Stück weit: Subtilität war gestern, man möchte ja schließlich von jedem verstanden werden, und dazu muss – wer kennt es nicht—eben manchmal auch der ganze Zaun herhalten, wenn der Wink mit dem Zaunpfahl nicht mehr ausreicht. So könnten denn „Willkommen In der Weihnachtszeit“  und „Wir Sind Papst“ durchaus auch aus der trinkfreudigeren Zeit der TOTEN HOSEN stammen, Stimmung machten die Songs aber live allemal. „Wachstum Über Alles“, mit dem beim vorherigen Album die jetzige, hocherfolgreiche Richtung eingeschlagen worden war, durfte natürlich auch nicht fehlen, bevor mit dem wunderbar melancholischen „Nachts Weinen Die Soldaten“ ein klein wenig ruhigere Töne angeschlagen wurden. „Habgier Und Tod“ gab mit treibendem Dudelsack-Riff wieder richtig Gas und auch „Idol“ brachte das Publikum ordentlich auf Touren, bevor mit „Augen Zu“ und der Kirchenlied-Abwandlung „Maria“ mit seiner wunderschönen Melodie wieder ernstere Töne angeschlagen wurden, die sich später im KZ-Thematik und Vergebung behandelnden „Todesengel“ fortsetzten. Für Lacher war dennoch gesorgt, woran das Publikum mitunter auch nicht ganz unschuldig war: Jean Méchant, Der Tambour : „So, jetzt bin ich dran- die Kollegen meinten, ich soll hier jetzt mal so eine richtig schöne, pathetische Ansage machen, möglichst viel Pathos – “. Er wurde von einem Zwischenruf aus dem Publikum  unterbrochen. Jean: „Was?! Hat da gerade einer gefragt `Was ist das? Pathos, pathetisch?´“. Kurze Pause, dann, staubtrocken: „Das ist dieser komische Käse, und wenn du den eine Weile liegen lässt und gut durchmischst, dann hast du Pastete.“ Manchmal darf es statt des Zaunpfahls eben auch Sarkasmus sein, ein Florett unter Knüppeln kann schließlich ausgesprochen erfrischend sein. Auch eine kleine, augenzwinkernde Verneigung vor der Stadt Köln wurde eingeflochten, als die Band als kleiner Gag am Rande die ersten Töne von BAPs „Verdamp Lang Her“ erklingen ließ. „Koma“ bildete einen der wenigen Ausflüge in ältere musikalische Gefilde, war doch generell auffällig, dass von den mittlerweile stolzen 15 Jahren Bandgeschichte zehn relativ stiefmütterlich behandelt wurden: lediglich fünf Lieder stammten aus der Zeit vor 2011, dem Jahr, in dem mit „Sturm Aufs Paradies“ – der Titel erwies sich als programmatisch – auch der Sturm auf die größeren Bühnen und die vorderen Chartplätze begann. Der Bandklassiker „Prometheus“ durfte aber natürlich nicht fehlen und wurde gebührend gefeiert und „Eulenspiegel“ mit großem Publikumseinsatz skandiert, bevor Sänger Alea darauf hinwies, dass man ja inzwischen ein Alter erreicht habe, in dem man nun langsam müde werde uns ins Bett müsse, früher sei das anders gewesen – Auftakt zu „Früher War Alles Besser“, dem letzten Song vor dem ersten Bühnenabgang.

 

Die tückische Müdigkeit ließ sich jedoch zum Glück durch Publikumsermunterung noch einmal vertreiben, auch wenn in der kurzen Pause vor der Zugabe deutlich wurde, dass sich im Publikum ein Generationswechsel abspielte: das sonst in diesem Punkt so geübte SaMo-Publikum („Spielmannsschwur“ skandieren, „Saltatio….MORTIS“ brüllen) wirkte diesmal etwas orientierungslos – es schien an Übung und Traditionskenntnis zu mangeln, man wollte zwar ganz klar eine Zugabe, schien aber nicht so recht zu wissen, wie man diese bewerkstelligen sollte, so dass sonst übliche, einhellige Schlachtrufe der Menge nicht zustande kamen. Da aber glücklicherweise manchmal eben doch die  Absicht zählt und die Spielleute diese  erkannten, füllte sich die Bühne rasch wieder mit Leben und die Band gab mit dem Klassiker „Tritt Ein“ noch einmal volle Breitseite. Alea nahm ein Bad in der Menge und ließ sich durchs Publikum reichen, wobei ihn offenbar die Technik im Stich ließ: er absolvierte den Auftritt gesanglich tadellos, kommentierte jedoch bei seiner Rückkehr auf die Bühne, an seinem InEar-Monitor herum nestelnd, dass ihm „seine Öhrchen“ abhanden gekommen seien: „Früher wäre mir das nicht passiert!“ – Daraufhin Lasterbalk: „Ja, früher hättest auch gerafft, wenn zwei Songs ohne Pause und Ansage ineinander übergehen!“. Allgemeines Gelächter. Alea: „Oh, echt? Sorry! Ich brauchte aber halt nun mal die Pause, weil ich meine Ohren verloren habe, verdammt!“.  Es folgten noch „Worte“ und Trinklied“, bevor man zum großen Finale ansetzte: nie, niemals darf es ein SALTATIO-Konzert ohne den „Spielmannsschwur“ geben, verbindet das Lied doch Band und Publikum und stellt eine Art gegenseitigen Treueschwur da. Entsprechend gab es kein Halten mehr und die Menge sang aus Leibeskräften mit, bevor sich die sichtlich gerührten Spielleute nach satten zwei Stunden Spielzeit wortreich für den gelungenen Tourauftakt bedankten und verabschiedeten. Der „Zirkus Zeitgeist“ mag weiterziehen, aber bei der derzeit herrschenden Resonanz kommt er sicherlich bald wieder in die Stadt – freuen  wir uns also schon einmal darauf!



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