Konzert:

Pressure Festival 2005 - Samstag

Konzert vom 25.06.2005Langsam begann der Tag und er versprach dringend benötigte Abkühlung zu liefern. Am Freitag waren es noch knappe 35 Grad und Sonnenschein, am Samstag zehn Grad weniger und bedeckter Himmel. Die ersten Regentropfen ließen dann auch nicht lange auf sich warten und kühlte die erhitzte Stadt ab. Da ist so eine Halle echt von Vorteil, wenn man vom Regen genug hat (der im Übrigen den ganzen Tag anhielt).



Die erste Band des heutigen Tages waren EVERYBODY GETS HURT, die ihren ziemlich brutalen Hardcore mit zwei Sängern ins Publikum feuerten. Dieses war trotz der frühen Stunde bereits zahlreich und feierte die Amis ordentlich ab. Besonders der kleinere Sänger (der mit den langen Haaren) suchte den Kontakt zum Publikum, sprang oft in den Fotograben und ließ sich sogar einmal von der Menge als Crowdsurfer tragen - ohne dabei auch nur einmal mit dem Gesang innezuhalten. Reife Leistung! Höhepunkt war sicherlich die MasterBlaster-Einlage der beiden Sangesknaben: der große nimmt den kleinen auf die Schulter und läuft über die Bühne, während beide ihre Stimmbänder weiterhin malträtieren. Ich kannte EVERYBODY GETS HURT vorher nicht und war von ihrem HC sehr angetan. Aggressive Songs, die ins Ohr gehen und eine Band, die viel Energie versprüht. Das ist eine amtliche Live-Band, sauber!



Als Nächstes sah ich mir ANGELCREW an (und ließ vorher END OF DAYS aus), bei denen BACKFIRE-Leute aktiv sind, was für eine gewisse Qualität spricht. Auch diesmal gaben sich zwei Sänger die Ehre, waren aber deutlich melodischer als EVERYBODY GETS HURT unterwegs. Nicht dass ANGELCREW Emo machen, aber sie waren halt nicht ganz so brutal wie die New Yorker. Imponiert hat der blonde Gitarrist, der permanent in Bewegung war (genau wie die beiden Sänger) und dabei fehlerfrei weiterzockte, eine mehr als reife Leistung. Den Satz "Band XY war mir unbekannt" wird man hier noch öfter lesen, ANGELCREW ist ein weiterer Kandidat dafür. Und haben mich voll und ganz überzeugt, das ist HC, wie ich ihn mag. Schnell, aggressiv und doch melodisch, so soll das sein. Feine Sache. Dass das Publikum die Jungs ohne Ende feierte und vor der Bühne der Teufel los war, versteht sich von selbst? Das war beim Pressure Festival bei fast jeder Band der Fall, keine Ahnung wo die Leute so viel Energie hernehmen. Da macht es als Band gleich noch mal so viel Spass, hier zu spielen und die Energie, die man in die Musik steckt, so honoriert zu bekommen.



DIECAST waren ja mit NAPALM DEATH auf Tour und sind mit diesen beim Pressure gelandet. Ich hab mir die Amis nur kurz angeschaut, denn irgendwie ist ihr Metalcore live nicht so klasse wie auf Platte. Aber vielleicht lag es auch an meiner fiesen Erkältung und ich brauchte einfach eine Pause. DIECAST haben auf jeden Fall ordentlich Gas gegeben, aber wie gesagt, mich hat ihr Metalcore an diesem Tag nicht sehr beeindruckt.



SHATTERED REALM und MERAUDER fielen dann einer akuten Rumgammeln-und-Bietrinken-Phase zum Opfer, die ein wenig meine Erkältung vertrieb und mich fit machte für DO OR DIE - die aber mit BACKFIRE getauscht haben, ohne dass es irgendwo angekündigt wurde, was so ziemlich das Einzige ist, dass ich am Pressure bemängeln würde. Kann doch nicht so schwer sein, einen Aushang am Eingang zu machen oder jemanden auf die Bühne zu stellen, der mal eben kurz die Änderung durchgibt. Aber an irgendwas müssen Alveran arbeiten, sonst wäre das Pressure 2005 perfekt gewesen…


BACKFIRE dann anstelle von DO OR DIE. Die Holländer waren motiviert bis in die Haarspitzen, konzentrierten sich aber auf ihre seltener gespielten Songs, was zeitweise viele Leute ratlos dastehen ließ. Jedenfalls für ein paar Sekunden, bis sie den Song erkannt hatten. Mir persönlich haben ANGELCREW besser gefallen, auch wenn bei BACKFIRE der gleiche blonde Flummi an der Gitarre zugange war und die Band ordentlich Action machte. Eigentlich mag ich BACKFIRE, aber an diesem Tag haben sie im direkten Vergleich gegen ANGELCREW einfach den kürzeren gezogen, was aber auch an der Songauswahl von BACKFIRE gelegen hat.



DO OR DIE kamen dann logischerweise als Nächstes auf die Bühne und waren die einzige Band, die ein Backdrop mithatte. Ok, kein Backdrop, aber so zwei Aufsteller für rechts und links auf der Bühne. Ihre neue Scheibe "Tradition" hat mir verdammt gut gefallen und so hatte ich mir viel von meinem ersten Mal DO OR DIE live erhofft. Nur leider leider wurden meiner Erwartungen nicht erfüllt; DO OR DIE klangen selten einmal so cool und brutal wie auf ihrer hervorragenden Platte. Das sah ein großer Teil der Anwesenden zwar anders und machte ordentlich Action vor der Bühne (wie bei BACKFIRE auch), mir gefielen DO OR DIE aber gar nicht.



AMEN wurde einer Bierpause geopfert, um dann zu WALLS OF JERICHO pünktlich vor der Bühne zu stehen. Sängerin Candice war mal eine meiner absoluten "Heiraten!"-Kandidatinnen, aber mit ihrer neuen Frisur sieht sie viel zu brav aus. Oder vielleicht werde ich auch nur älter… Stimmlich ist die gute Frau aber immer noch top und auf der Bühne definitiv der Aktivposten von WALLS OF JERICHO: immer in Bewegung, das Publikum permanent anfeuernd und die klasse Songs von "All Hail The Dead" schön aggressiv rüberbringen. WALLS OF JERICHO sind mittlerweile eine feste Größe im HC-Zirkus, das bewiesen die Reaktionen der ausgelassenen Meute vor der Bühne und der große Pit an diesem Abend. Unglaublich, was für eine Energie die kleine Frau auf der Bühne vor der Bühne entfesseln kann! Wie schon zwei Wochen zuvor in Hamburg waren WALLS OF JERICHO auch an diesem Abend über jeden Zweifel erhaben und eine der besten Bands an diesem Wochenende!


DISCIPLINE waren das Alternativprogramm zu den ganzen SxE-Weltverbesserer-Bands: eingängiger Street/Oi-Punk der sich um Fußball, F***, Alkohol dreht und einfach nur stumpf in die Menge gedroschen wird. Ich hätte gedacht, dass DISCIPLINE eine der brutalsten Bands beim Pressure sein würden, aber ich wurde eines Besseren gelehrt. Gegen die ungezügelte Aggression einer Candice/ WALLS OF JERICO oder dem Geballer von (später) NAPALM DEATH wirkten die Skins richtig brav und mit ihren Mitgröhl-kompatiblen Songs fast schon poppig. Das war ein ganz merkwürdiger Auftritt, was natürlich auch der Band nicht verborgen blieb, die nach einiger Zeit merklich einen Gang zurückschaltete und ihr Standardprogramm durchzog.



HEAVEN SHALL BURN waren sicher einer der Bands, auf die sich alle Anwesenden einigen konnten. Mittlerweile eine arschgeile Liveband machten die Jungs "aus dem tiefen Osten" (O-Ton Sänger Marcus) keine Gefangenen und waren nur endgeil! Wer mit "The Weapon They Fear" oder "Voice Of The Voiceless" ein Publikum nicht zum Austicken bringt, macht was verkehrt. HEAVEN SHALL BURN machten alles richtig, hatten eine riesige Wall Of Death am Start und brachten die Leute sogar dazu, einen Circle Pit ums Mischpult zu machen. Musikalisch war auch alles im grünen Bereich, Sänger Marcus oft direkt im Publikum und jedermann zufrieden mit HEAVEN SHALL BURN. So muss das sein!



Dass Hardcore nicht immer viel von der oft beschworenen Unity hat, bewiesen ein Haufen Kids vor NAPALM DEATH, als eine Menge Leute die Halle verließen und die englische Legende vor knapp der Hälfte der Leute spielten, die sich vorher noch bei HSB getummelt hatten. Trotzdem (und wie nicht anders zu erwarten) ließen sich ND nicht lumpen und feuerten das brutalste Brett des ganzen Wochenendes ab. Da wurde uralte Kamellen ausgepackt, die sich wunderbar mit neuen Songs vom aktuellen Album vermischen. Barney wie immer ein halb-epileptischer Anfall, Mitch Harris Fels in der Brandung und Shane mit seinem nicht mehr ganz vollem Naturafro ein Energiebündel ohne Ende. Fette Show, die von viel zu wenig Leuten gewürdigt wurde.


Weiterlesen beim Bericht vom Freitag und Sonntag.


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