Konzert:

Ohrenbluten Festival

Konzert vom 23.10.2003Jaja, so schnell kann’s geben. Hatte ich nicht gerade erst mit dem Dirk von My Cold Embrace ein Interview gemacht? Der hat mir dann auch nen Pennplatz angeboten, als ich anmerkte, auch zum Ohrenbluten Festival kommen zu wollen… Und jetzt ist alles schon wieder vorbei. Schön war’s.



Nach einer ereignislosen Fahrt mit der grandiosen Deutschen Bahn (die mir auf Hin- und Rückfahrt jeweils eine halbe Stunde Verspätung schenkte) kam ich am frühen Nachmittag in Kassel an, wo mich Dirk auch prompt einsammelte. Nach einem kleinen Abstecher zum Proberaum ging’s zum Musiktheater, wo der Rest von My Cold Embrace, Blowjob und Twilight Prophecies schon warteten und mit dem Aufbau und Soundcheck beschäftigt waren. Ist nicht wirklich spannend dabei zuzuschauen, das große Warten begann also… Unterbrochen nur von den vier Leverkusenern, die mit einem Sack voller 10-Cent-Stücke als Eintritt kamen. Sie hatten in Wacken beim Genuss eines jeden alkoholischen Getränkes 10 Cent in den "Ohrenbluten-Sack" geschmissen, um so den Eintritt zusammenzukriegen. Geile Idee, Saufen fürs Ohrenbluten!



Gegen 19 Uhr (und nach einigen Bierchen) eröffneten dann TWILIGHT PROPEHCIES den bunten Abend vor der noch nicht allzu zahlreichen Menge, ich schätze, es waren zu Beginn knapp 100 Leute anwesend. Das Quartett gab sich redlich Mühe, die Leute näher an die Bühne zu locken, aber so wirklich gelang es ihnen nicht. Dabei war ihr Death Metal mit leichter Black-Schlagseite live ziemlich geil, auch wenn er nach einiger Zeit ein wenig eintönig wurde. Für einen Opener haben die Jungs ihre Sache gut gemacht, auch wenn sich das Publikum viel zu verhalten zeigte.



MABUS waren kaum aus Düsseldorf angekommen und mussten schon auf die Bühne. Im Gegensatz zu Twilight Prophecies haben die Jungs schon einige Gigs mehr auf dem Buckel, viel tat sich auf der Bühne aber auch nicht. Die Mucke ist ein erstklassiger Cannibal Corpse-Klon und kam richtig fett aus den Boxen. Mit einem erstklassigen und transparenten Sound ballerten Mabus alles in Grund und Boden und konnten ihre technische Klasse deutlich machen. Cannibal Corpse sind wie gesagt das übermächtige Vorbild der Band, die so innovativ wie ein Meter Radweg sind, aber was soll’s, solange man groovigen, brutalen Death Metal feinster Kajüte um die Ohren geblasen bekommt? Gegen Ende des Sets konnten die Jungs für sich auch den ersten Banger vor der Bühne verbuchen und bekamen weit mehr als nur Höflichkeitsapplaus von den Anwesenden. Fetter Gig, da bin ich auf die nächste Platte gespannt!



Weiter ging’s im Text mit BLOWJOB, die als Hardcore-Band mit Death Metal-Einschlag beschrieben wurden. Da war ich mal gespannt, solche Mucke mag ich wohl und dazu sind die Jungs auch noch ziemlich nette und witzige Gesprächspartner. Die Grenzen zwischen Death Metal und Hardcore sind bei Blowjob fließend, die Mucke ballert einfach. Blowjob spielten energievoll und legten eine beachtliche Show hin, bei der vor allem Sänger im Mittelpunkt stand und echte Frontmann-Qualitäten bewies. In Sachen Brutalität standen die Jungs Mabus in nichts nach und das will schon was heißen. Leider waren auch bei Blowjob die Reaktionen des Publikums jenseits von Applaus recht spärlich, nur wenige Banger gaben sich die Ehre, obwohl die Mucke live abgeht wie ein kaltes Zäpfchen.

Dann endlich enterten Dürch & Co. die Bühne, besser bekannt unter dem Namen MY COLD EMBRACE. Sofort füllte sich der Raum vor der Bühne, die Band hat in Kassel einfach ein treues Following. Der Fünfer, verstärkt vom neuen Gitarristen Timo, legte nach einem kurzen Intro auch los wie die Feuerwehr. Und musste nach einigen Minuten stoppen, da Drummer Dennis mitten im Stück aufstand und sein Schlagzeug nach hinten zog, da es sonst vom Podest gerutscht wäre. Verdutzte Blicke, aber kann mal passieren. MCE ließen sich davon nicht beirren und spielten den nächsten Song, "My Cold Embrace". Und zack, wieder rutschte das Drumkit. Diesmal zeigte Basser Tim, wofür man einen Basser wirklich braucht und hinderte das gute Stück mit vollem Körpereinsatz am weiteren Rutschen. Als der Song vorbei war (und nachdem Dürch ebenfalls seinen Beitrag geleistet hatte, um das Schlagzeug am Kippen zu hindern), kamen Veranstalter Alex und ein Hiwi auf die Bühne und versuchten das Schlagzeug mit Panzertape zu fixieren. Half alles nix, da blieb nur eine Lösung: die beiden setzen sich vor das Teil und hielten es den Rest des Gigs über mit vereinten Kräften fest und bangten dabei noch wie wild - Kult! So konnten sich MCE wieder auf die Mucke konzentrieren und dem Mob vor der Bühne ihre Mischung aus Death Metal, Punk, Hardcore und weiß-der-Geier-was um die Ohren blasen, das es sich gewaschen hatte. Vor allem Sänger Ernie klang live um einiges brutaler als auf Pladde und konnte dem sowieso schon brutalen Sound den letzten Kick geben. Auch wenn MCE hinterher mit dem Gig nicht sonderlich zufrieden waren, gefiel es den Leuten vor der Bühne, die die Band enthusiastisch feierten und einen großen Moshpit bildeten.



BURDEN OF GRIEF würden es schwer haben, das Publikum bei Laune zu halten, aber sie gaben ihr Bestes. Die Hessen boten eine routinierte Show mit einem erstklassig aufgelegtem Frontmann und jeder Menge fliegender Köpfe. Dazu noch ihr schwedischer Death Metal, voller Melodien und gleichzeitiger Härte, da war der Drops gelutscht. Auch wenn scheinbar einige Leute nach MCE den Saal verlassen hatten, war der Laden bei Burden Of Grief noch gut voll und die verbliebenen Fans feierten die Band, die es mit einer energiegeladenen Show und einfach geiler Mucke dankte.



Als Headliner muss man manchmal zeigen, was Sache ist.TOTENMOND waren mit eigenem Licht- sowie Soundmensch ("Schreib nicht, dass Totenmond Arschlöcher sind, sag nur, dass Stiefel einer ist" - nicht ernstzunehmendes Zitat ebenjenen Mannes, der wie der Rest der Schwabenfront ein witziger und sympathischer Zeitgenosse ist) angereist und bauten vor Beginn ihrer Show erstmal fleißig um. Als dann die ersten Töne erklangen, war klar, dass sich der Aufwand gelohnt hatte - Totenmond hatten einen Sund, der an eine Dampfwalze erinnerte (und dass als Trio!), ordentlich Nebel und eine fette, passende Lightshow. Es ist mir immer noch ein Rätsel, wie drei Leute so eine Wand produzieren könne, aber Totenmond schafften es und bliesen einfach alles weg. Egal, welcher Song von welcher Platte oder Coversongs wie "SA/SS" oder "Macht kaputt, was euch kaputt macht", alles klang hammer-brutal und niederwalzend. Geil! Verständlich, warum einige Totenmond-Maniacs extra aus Berlin angereist waren, die Band war am heutigen Abend einfach nur fettfettfett. Grandioser Abschluß eines gelungenen Konzertabends, da störte es auch niemanden, dass Olaf nach zwanzig Minuten eine neue Gitarre brauchte und einige Zeit mit dem Stimme zubrachte, Totenmond waren einfach geil, da nahm die Menge das Warten gerne in Kauf.



Tja, und dann war’s schon vorbei, das Ohrenbluten Festival. Nächstes Jahr hoffentlich wieder, denn hier stimmt einfach alles, von der Bandauswahl angefangen über die beiden sympathischen Organisatoren bis zur Location.