Konzert:

Anthrax, After All - Hamburg, Markthalle

Konzert vom 19.03.2003Es ist der Vorabend des Irak-Krieges, das ist eigentlich allen bewusst. "Wir sind Entertainer, unsere Aufgabe ist es, euch anderthalb Stunden von den Sorgen abzulenken", meinte John Bush, sozusagen auch noch Namensvetter des US-Antreibers. Und dann geht man auch noch zum Konzert der bösen Band namens ANTHRAX. Nun gut, die New Yorker gehen souverän mit dem Problem um, liefern Denkanstöße ohne pathetisch oder gar patriotisch zu werden. Soviel dazu.


Bevor die Mosh-It-Upper aus NYC die Bühne betreten, dürfen AFTER ALL ihre Comeback-Scheibe "Mercury Rising" promoten. Eigentlich eher Wumpe, wenn die CD nicht beim legendären wiederauferstandenen belgischen Label Mausoleum erschienen wäre. Das uns seinerzeit schon wirkliche Perlen wie die belgischen Killer bescherte. Nun also AFTER ALL, die übrigens Altmeister Harris Johns produzierte. Tja, was soll ich sagen? Kompetent gespielter Power-Thrash-Metal mit Bay-Area-Feeling. Das allerdings kam überhaupt nicht auf, weil’s die Leute schlichtweg nicht interessierte, egal ob die Herren aus dem Land der immer angeknipsten Autobahn-Laternen nun das La-Muerte-Cover "Black God, White Devil" (Schluss-Stück der neuen Scheibe) oder "Beneath The Flesh" spielten. Fazit: Vor zehn Jahren wäre ich vor Freude von der Markthalle-Box gesprungen, heute entlocken die Pommes-Freunde mir mit ihrer Dreiviertel-Stunde eher ein gelangweiltes Gähnen. Da konnte auch "Metal Militia" nix dran ändern.


Tja. Nach relativ kurzer Umbaupause kamen dann die Erfinder des Mosh: ANTHRAX. Und was soll ich sagen: Sie hatten schon gewonnen, weil sie eben nicht auf ihr Blues-Brothers-Intro verzichteten. Und dann begannen sie mit "What Doesn’t Die" und "Black Dahlia" derart knüppelig (Alter, was für Drums!) einen Auftritt, der es in sich haben sollte (Auch wenn einige junge Nu-Metal-Burschen sich gelangweilt haben mögen). Auch, wenn Scott Ian seine Rumpelstilzchen-Tänze aufgegeben hat. Und auch, wenn John Bush am Ende nicht mit Indians-Kopfschmuck herumlief. Und sogar dann, wenn ich mir so sehr Dan Spitz auf der Bühne gewünscht hätte, statt des langweiligen Iro-Trägers Rob Caggiano. Nach "Got The Time" folgte an vierter Stelle mit "Caught In A Mosh" der erste Oldie. Es sollten im regulären Set noch "Antisocial", "Madhouse" und "N.F.L." folgen. Schön , die alten Zeiten aufleben zu lassen, gute Stimmung, es machte einfach Spaß. Allerdings, und das überraschte mich persönlich maßlos: Neuere Songs wie "Safe Home", das auf Platte beinahe kommerziell herüberkommt oder das geniale "Only" brachten mir endlich auch den legendären John Bush als Anthrax-Sänger (der übrigens auch gerne mal auf die Boxen kletterte) näher. Er hat es nun endlich geschafft, dass ich seine beiden Vorgänger wirklich vergesse. "Metal Thrashing Mad", "Bring The Noise" und "I´m The Man" beendeten nach gut anderthalb Stunden einen wirklichen wertigen Auftritt. Fünf Jahre Wartezeit haben sich gelohnt. Auch, wenn ich zu und zu gerne "Panic" gehört hätte. Ein Wort noch zur Autogramm-Stunde: Da quatschen die Bands von Fan-Nähe und blablabla. Dann kommen die ANTHRAXianer zuhauf ins große Geschäft eines Eletronik-Multis in Hamburg, stehen brav Schlange. Und wenn dann ein langjähriger Fan der Amis für seine Freunde, die Geburtstag haben (30 und 40 immerhin) die Metaller um Autogramme bittet, dann kommt der gelangweilte Kommentar: "Nö, T-Shirts heute nicht." Toll, Jungs. Musik ist scheinbar auch nur ein Job. Punkt.


Und noch ein Gruppenbild ohne John Bush. Gruppenbild ohne John Bush. Frank Bello, wuff, wuff, der Bass-Derwisch in nüchternem Blau. Drummer-Gott Charlie Benante mit cooler Mütze. Neuzugang Rob Caggiano, ganz bunt. Noch ma der Wurzel-Sepp. Scott Ian