Interview:

2005-08-18 Powergod

Band anzeigen
Man kann ein Tribute - Album machen oder man kann ein Tribute - Album machen. Dabei kann man auf ausgelatschten Pfaden wandeln und die üblichen Verdächtigen durch den Wolf drehen, aber man kann auch Innovation und Mut zum Außergewöhnlichen beweisen und in Vergessenheit geratene Klassiker covern, die längst Kult sind und sie mit Originalmusikern der jeweiligen Bands aufwerten. Nichts Anderes haben POWERGOD jetzt schon zum zweiten Mal gemacht und mit "That´s Metal, Lesson II" erneut eines der besten Recyclingwerke überhaupt vorgelegt. Haan Hartmann alias "Hama Hart", seines Zeichens Drummer der Powergötter, zeigt sich begeistert von den Resonanzen auf das Gesamtwerk und gibt weiterhin Ausblicke auf kommende Taten. InterviewWie kam die Idee für Eure Tribute - Alben überhaupt zustande? Ich denke, wir können in dem Zusammenhang ruhig über beide Alben sprechen, denn es handelt sich ja um dasselbe Konzept.



Wir hatten den Song "Esper" von LOUDNESS auf unserem zweiten POWERGOD - Album gecovert und es gab darauf eine Resonanz, bei der uns schwindelig wurde. Von JUDAS PRIEST über IRON MAIDEN wird alles gecovert und wir hatten uns dort an einen Song gewagt, den die meisten Leute wahrscheinlich gar nicht kennen. Und den haben wir anscheinend so gut umgesetzt, dass es den Leuten wohl unglaublichen Spaß gemacht hat, ihn zu hören. Daraufhin dachten wir, dass, wenn es mit einem Song klappt, es auch mit anderen Stücken klappen könne. Es sollten Songs sein, die leider schon in Vergessenheit geraten sind, die die Fans aber trotzdem heute noch hören sollten. Es ist außerdem eine Chance, den jüngeren Leuten, die die alten Vinyl - Sachen nicht mehr kennen, zu zeigen, was damals so angesagt war.



Wie seid Ihr denn auf all die Songs gekommen, also bewusst auf diese Stücke? Ihr wolltet eben nur keine bekannten Sachen covern, wie meinetwegen "Breaking The Law" oder "The Trooper", aber warum habt Ihr genau diese Stücke ausgewählt, wo es doch viele vergessene Bands und Songs gibt?



Es sind Songs, die wir immer gerne gehört haben und auch heute noch hören; von Alben, die wir immer noch super finden! Die Idee war außerdem, eine gute Metal - Platte zu machen, mit Leuten, die man nicht so leicht bekommt. Es gibt von uns ja auch Songs auf verschiedenen Tribute - Samplern von MOTÖRHEAD oder BLACK SABBATH, aber dieses Mal sollte es etwas werden, das sonst keiner macht. Das ist uns wohl jetzt zum zweiten Mal gelungen. Es ist auch eine gute Party - Platte und wir kennen einen DJ, der bei Bedarf unsere "Bleed For The Gods" in den Player wirft, um dann eine Stunde Ruhe zu haben. Das war zwar nicht unser explizites Ziel, aber wenn eine so funktioniert, ist doch alles super!



Bands wie LOUDNESS, METAL CHURCH oder DESTRUCTION haben doch allesamt mehr als nur einen repräsentativen "Hit" geschrieben. Wie seid Ihr bei der Auswahl der Stücke aus dem jeweiligen Fundus der Bands vorgegangen? Oder anders: wieso fiel die Wahl ausgerechnet auf den Song x der Band y?



Gerade die Songs von METAL CHURCH und M.A.R.S. / DRIVER mit Tony MacAlpine liegen mir sehr nahe, weil auch viele Erinnerungen damit verknüpft sind. Das sind Stücke, die vor zwanzig Jahren auf Parties, auf denen wir waren, zu den Krachern zählten. Wir hatten sie damals auf Kassette; ich weiß gar nicht, ob Du überhaupt noch Kassetten kennst, hahaha… und wir haben uns nicht nur Alben überspielt, sondern auch Sampler gemacht, etwa für´s Auto. Und diese Songs waren immer dabei, entweder bei Riff (- Randall - Gitarrist, Bassist, etc. von POWERGOD - Anm. d. Verf.) oder bei mir. Daraus entstammte auch die Idee, ein Tribute - Album aufzunehmen und wir setzten uns hin und überlegten, welche Songs passen könnten. Beim ersten Album hat das Auswählen zehn Minuten gedauert, da stand das Konzept.



Hui! Ich hätte mir vorstellen können, dass Ihr Euch da richtig in die Wolle gekriegt habt, weil jeder ein anderes Stück seiner Lieblingsband haben wollte, haha!



Nee, überhaupt nicht! Wir decken uns da in vielen Bereichen. Die ganz harten Sachen sind eher Riffs Abteilung, aber damit kann ich hervorragend leben. Es ging auch nicht nach dem Motto: "Du hast fünf Songs, da will ich auch fünf haben!", sondern wir haben geguckt, welche Songs richtig geil sind und ob und wie wir sie umsetzen können. Das funktioniert ja leider nicht bei jedem Song, aber auf diese Weise sind wir die Sache angegangen. Wir konnten es auch locker angehen, weil nach dem ersten Album das zweite folgte und wir sogar schon mit dem dritten herumspielen.



Echt? Jetzt schon?



Ja, das Konzept wird fortgesetzt, das ist unsere Idee. Es funktioniert einfach und die Leute haben Spaß daran. Wenn es irgendwann auf Metal - Parties so aussieht, dass von der ersten Minute an, bis der Letzte über´n Bierkasten fällt, nur POWERGOD - Platten laufen, ist das super, haha!



Auch, wenn es sich etwas zynisch anhört: es kommt mir vor, als haben diese Tribute - Alben mehr Erfolg und positive Resonanzen als Eure eigenen Platten.



Weil sie außergewöhnlich sind!!! Du kannst ins Geschäft gehen und Dich mit Metal - Platten totschlagen lassen, ob sie gut oder schlecht sind. Aber so ein Album bekommst Du sonst nicht! Darum sind die Resonanzen so riesig, was uns natürlich super gefällt. Es bietet uns auch die Möglichkeit, viele unserer alten Helden, die wir früher vergöttert haben, im Studio zu treffen und mit ihnen eine Platte zu machen. Es gehört ja auch zum Konzept, mit den Originalmusikern von damals zusammenzuarbeiten, die die Stücke vor x Jahren mit ihrer jeweiligen Band aufgenommen haben.



Ich denke mir, dass man Musiker wie Schmier von DESTRUCTION oder Tom Angelripper relativ schnell für so etwas begeistern kann und sie ohne Probleme bekommt, denn die deutsche Szene ist ja, was das betrifft, recht klein. Aber wie seid Ihr an nicht so nahe liegende Leute wie Minoru Niihara von LOUDNESS, oder auch Rod Gonzales, gekommen?



Nun, LOUDNESS etwa sind in Japan noch immer sehr aktiv, bekommen hierzulande nur kein Bein auf die Erde, wieso auch immer. Und dadurch, dass wir nun auch schon seit 20 Jahren Musik machen, kennen wir nicht nur Musiker, sondern auch Manager und Plattenfirmen ganz gut, so dass man diese Leute schon bekommen kann. Und eine große Hilfe ist das Internet! Es waren auch lange nicht alle Leute hier um ihre Sachen einzusingen. Minoru Niihara zum Beispiel hat seine Tracks geschickt. LOUDNESS haben in Japan gerade ein neues Album mit ihren besten Songs aufgenommen und im Zuge dieser Aufnahmen haben wir ihm das Playback geschickt; er hat seine Gesangsspuren darauf gelegt und die Aufnahme dann zurückgeschickt. Es wäre definitiv zu teuer gewesen, ihn hier nach Deutschland kommen zu lassen. Er hat auch das Problem, dass er kein eigenes Studio hat, so dass er den Song nur im Zuge anderer Aufnahmen bearbeiten konnte und wir ein ganzes Jahr auf die Aufnahmen warten mussten.



Habt Ihr denn auch versucht, von EXCITER oder HIRAX Musiker zu bekommen? Diese Songs wurden doch ohne jeweiligen Gast aufgenommen.



Wir haben viele Leute angeschrieben, aber viele davon sind wirklich verschüttet, haha! Sie leben zwar noch, aber man bekommt keinen Kontakt zustande. Die Resonanz war aber super und die Leute, die wir erreicht haben, haben auch sehr schnell zugesagt, aber alle kann man leider nicht auftreiben.



Von welchen Stücken davon würdest Du denn sagen, dass sie sehr gut oder weniger gut gelungen sind?



Ich bin mit Allem rundum zufrieden! Es gab höchstens ein paar Probleme beim Abmischen, denn man versucht immer, den Gastmusiker möglichst weit nach vorne zu regeln. Da kommt dann aber der Producer ins Spiel, der einen wieder auf den Boden zurückholt; etwa bei Gitarrensoli, die beim Mischen zu laut werden. Es gibt für mich da keine Highlights, weil mir bei allen Songs die Hose wegfliegt!



Wie war denn das Arbeiten mit den Gastmusikern? Haben sie sich an Eure Arbeitsweise gehalten oder war es eher kompliziert? Haben sie immer das gemacht, was Ihr wolltet?



Ja! Es war ja von vornherein klar, was gemacht werden musste. Ok, man singt einen Song nach 20 Jahren vielleicht etwas anders oder verändert ein Solo mal leicht, aber im Großen und Ganzen war es klar, worum es geht. Und da sich die Musiker hier als sehr kooperativ und kollegial erwiesen haben, war es eine super lockere und entspannte Arbeit.



Der Song "Heavy Chains" von LOUDNESS scheint auch das Herzstück des Albums zu sein, jedenfalls ist er gleich zweimal vertreten. Warum gibt es noch eine alternative Version?



Minoru Niihara hat den Song komplett gesungen! Bei der normalen Albumversion haben wir den Song geschnitten, so dass ein Duett mit unserem Sänger, ganz normal, zu hören ist. Die Bonus - Version trägt komplett seinen Gesang und wir fanden es super, dass er das gemacht hat! Zusätzlich gibt es noch ein Solo von Riff, denn auf der normalen Albumversion ist ja Rod Gonzales zu hören.



Habt Ihr denn schon Vorstellungen, was auf dem von Dir angesprochenen dritten Teil zu hören sein wird?



Nee, wir wollen auch erst die Fans befragen, was sie gerne hören wollen. Es wird über das Internet oder andere Medien eine Abstimmung geben, weil wir auch gerne mal wissen möchten, was die Fans genau hören wollen. Sie haben von uns jetzt zwei Alben bekommen, die richtig gut angekommen sind, aber es kann ja sein, dass noch irgendjemand eine Platte besitzt, die wir gar nicht kennen oder die wir schlichtweg vergessen haben. Es sollen also auch von außen Sachen an uns herangetragen werden.



Wüsstest Du denn jetzt aus dem Stehgreif noch den einen oder anderen Titel, den Du gerne noch auf der Platte haben möchtest?



Das kann ich Dir gar nicht sagen, da müsste ich noch mal alles durchgucken. Wenn ich mich jetzt vor mein Regal stelle, dann kann ich Dir direkt noch zehn Titel sagen.



Aber es wird definitiv nix Bekanntes, wie Priest oder Maiden, etc., zu hören sein?!



Auf keinen Fall! Höchstens ein Song vom ersten Priest - Album, "Rocka Rolla"! Das könnte ich mir durchaus noch vorstellen.



Jo! Und mit Rob Halford als Gastmusiker, haha!



Nun, wir versuchen, so viele Gäste wie möglich dafür zu gewinnen und ob sie dann mitmachen, liegt leider nicht in unserem Ermessen. Aber fragen kann man immer.



Und gab es auch Feedbacks von Bands, die selbst nicht persönlich beteiligt waren, die aber später Eure fertige Version hörten und sich positiv dazu geäußert haben?



Wir hatten für das erste Album "Metal Merchants" von HALLOWS EVE aufgenommen und deren Sänger sagte uns, dass er die Band abgehakt hatte. Dann hörte er unsere Version, die in Amerika permanent im Radio lief und entschied sich, mit der Band weiterzumachen. Das ist echt passiert. Der Auftritt auf dem "Keep It True" - Festival soll aber ein ziemliches Desaster gewesen sein, habe ich gehört.



Sind POWERGOD denn jetzt eine reine Tribute - Band geworden oder existiert die "eigene" Band auch noch?



Darüber haben wir uns noch keine Gedanken gemacht und außerdem sind wir jetzt vertragsfrei. Mit dem neuen Album haben wir den Vertrag erfüllt und sind jetzt auf der Suche nach einer neuen Plattenfirma. Wenn wir sie gefunden haben, ist es unser erster Wunsch, zuerst einmal ein neues Album zu machen. Und unsere eigenen Sachen funktionieren ja auch, die Verkaufszahlen sind wirklich ok. Es ist nicht so, dass die Tribute - Scheiben soweit nach oben ausschlagen, dass einem schwindelig wird.



Euer Tourplan sah in den letzten Jahren nicht gerade üppig aus. Plant Ihr denn, auch im Zuge des neuen Albums, noch ein paar Auftritte, außer der "Keep It True" - Show mit Special Guests, die im November stattfinden wird?



Ja, wir planen, im Herbst auf Tour zu gehen. Eventuell mit SODOM, da haben wir schon mit Tom Angelripper gesprochen und er findet die Idee super. Es würde stilistisch auch ganz gut passen. Nur leider wird das nicht von den Musikern entschieden, sondern von Menschen "von oben".



Plant Ihr denn auch kurz, - oder langfristig eine DVD?



Es gibt tonnenweise Aufnahmen aus dem Studio, die zum größten Teil sehr unterhaltsam sind. Dann gibt es eine Aufnahme vom "Earthshaker" 2003 und dieses Jahr wurde dort auch gefilmt. Und dieses Material wird garantiert irgendwann verwertet werden. Ich fände es fair, so etwas als Bonus zu veröffentlichen. So bezahlt der Fan für die CD vielleicht einen Euro mehr, bekommt dafür aber auch einen echten Gegenwert!