Interview:

2005-09-21 Opeth

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Gerade von einer langen US-Tour zurückgekehrt, haben OPETH erneut ihre Sachen gepackt und betouren zwei Wochen lang Europa. Vor dem Gig im Hamburger Grünspan hatte ich Gelegenheit, mich mit Gitarrist Peter ein wenig zu unterhalten. Der überaus symphatische Schwede hatte einiges über die kommenden Touren, den Wechsel zu Roadrunner und den Zustand von Drummer Martin Lopez zu berichten. Beendet wurde unser Gespräch leider viel zu früh von der charmanten Promo-Dame Silvie, die gnadenlos auf Einhaltung des Zeitplans achtete...Interview Vor Kurzem seit ihr von einer besonderen US-Tour zurückgekehrt, der "Sounds Of The Underground"-Tour. Kannst du ein wenig darüber erzählen?


Es war eine in dem Sinne ungewöhnliche Tour, da viele Metalcorebands dabei waren, die ich gar nicht mag *lacht*. Und ihre Fans eben. Also nicht die Leute, die normalerweise zu uns kommen. Aber wir wollten versuchen, neue Fans zu gewinnen und sofort nach dem Release auf Tour gehen. Es hat sehr viel Spass gemacht, auch weil es eine andere Art von Tour war.


Keine Club-Tour?


Nein, nicht immer. Kam darauf an, in welchem Ort wir spielten. Manchmal war es auf einem Parkplatz, manchmal in einem Eishockey-Stadion, so verrückte Orte eben.


Wieviel Leute waren denn so da?


Ich würde sagen zwischen 3000 und 6000. Nicht alle davon waren OPETH-Fans, das ist klar, aber wir haben sicher ein paar neue hinzugewonnen. *lacht*


Werdet ihr nochmal in den USA touren?


Ja, direkt nach dieser Europa-Tour gehen wir mit NEVERMORE auf Tour in den USA. Fünf Wochen oder so.


Sicherlich in deutlich kleinerem Rahmen, oder?


Oh ja. Ich schätze zwischen 800 und 1500 Leute werden in die Clubs passen, in denen wir spielen.


Kurz vor Tourstart habt ihr bekannt gegeben, dass ihr bei Roadrunner unterschrieben hat, was mich sehr überrascht hat.


Das ging vielen Leute so *lacht*. Wir hatten noch zwei andere Angebote in der engeren Wahl, die auch finanziell besser waren, aber Roadrunner hat einfach den besten Namen. Ich Roadrunner haben die besten Möglichkeiten, uns zu pushen und unsere Alben überall zu vertreiben, was in der Vergangenheit bei den anderen Labels nicht immer der Fall war. Wir hättten auch finanziell auf Nummer sicher gehen können und bei einem anderen Label unterschreiben können, aber damit wären wir nicht zufrieden gewesen. Raodrunner kann uns einfach stärker pushen und das war uns wichtig.

Viele ihrer Bands finde ich zwar scheiße *lacht*, aber sie hatten auch richtig tolle, wie DEATH. Wie SLIPKNOT müssen wir nicht klingen, nur weil wir beim selben Label sind *lacht*. Für mich hat dieses Label einfach einen guten Namen. Und wir werden sicher nicht mit NICKELBACK touren.


Die sind auch grade hier in Hamburg, gleich die Strasse rüber.


Vielleicht sollte ich mal hallo sagen *lacht*.


Wo wir wieder beim touren sind: warum macht ihr nach der US-Tour eine weitere Tour in Europa?


Wir wollten nicht zu lange mit einer Europa-Tour warten. Man muss sowohl an die USA als auch an Europa denken, wenn es um Touren geht und wir wollten in beiden Teilen möglichst dicht am Release-Datum touren. Also machen wir eine kleine Europa-Tour, in den wichtigen Städten, dann eine große US-Tour und kommen dann für eine lange Europa-Tour zurück. Wir wollten bei der ersten Europa-Tour in etwas kleineren Clubs spielen, damit die voll sind - es hat geklappt, die meisten Shows sind ausverkauft, manche wie London innerhalb weniger Stunden. Danach werden wir in größeren Läden spielen.


Könnt ihr mittlerweile von OPETH leben?


Ja, seit ungefähr zweineinhalb Jahren. Wir machen zwar nicht viel Geld, aber wenn wir auf Tour sind, müssen wir auch nichts ausgeben und nur die Miete bezahlen können. Jetzt wo wir mehr touren, ist es auch unmöglich, einen Job zu finden, denn niemand stellt einen für drei Monate oder so ein, wenn man danach fünf Monate am Stück weg ist.


Die Kehrseite der Medaille. Was ist denn mit eurem Familienleben? Du bist ja, genau wie Mike, verheiratet…


Das ist der Nachteil, wenn man von zu Hause weg ist: das Sozialleben leidet. Ich habe gestern mit einem Freund telefoniert, in Stockholm. Sie treffen sich heute, haben einen netten Tag zusammen und gehen in die Stadt. Und ich kann nicht dabei sein. Aber ich will mich nicht beschweren, denn Musik machen und touren ist genau das, was ich immer wollte.


Kurz bevor ihr die "Sounds Of The Underground"-Tour begonnen habt, gab es eine interessante Meldung auf eurer Homepage: ihr habt für "Ghost Reveries" das erste Mal seit vier Alben wieder geprobt. Das hat mich echt überrascht!


Wir hatten auch bei den letzten Alben vor, gemeinsam zu proben. Aber um die Songs zu schreiben, haben wir Druck gebraucht und den hatten wir erst, als der Studiotermin feststand. Leider war es jedes Mal so, dass aus irgendeinem Grund die Songs noch nicht fertig waren, als wir den Studiotermin hatten, also haben wir die Songs im Studio fertiggeschrieben.
Dieses Mal waren wir besser vorbereitet und haben vor dem Studiotermin gemeinsam proben können.


Ich war halt nur überrascht, dass ihr so komplexe Musik schreiben könnt, ohne lange gemeinsam zu proben, ihr spielt ja immerhin kein Grindcore.


Wir haben bisher immer viel Material vor dem Termin fertig gehabt, aber es den anderen nicht präsentieren können. Aber sobald wir im Studio einmal gemeinsam gespielt haben, wußte jeder, was er zu machen hatte. Dieses Mal hatten wir aber die Gelegenheit, mehr Spielereien und Feinheiten einzubauen, da jeder sie Songs bereits sehr gut kannte und wir sie nicht erst im Studio "lernen" mussten.
Dadurch lief die Aufnahme dieses Mal sehr viel entspannter und fühlte sich nicht wie das totale Chaos an. Jeder wußte, wie der Song klingen wird und das machte die Arbeit an ihnen viel leichter. Eine Arbeitsweise, die wir ab sofort bei jedem Album nutzen werden. Es war offensichtlich dumm, in der Vergangenheit vor einem Studiotermin nicht zu proben und es hat uns viel Zeit gekostet.


Und Geld.


Oh ja, sicher. Wenn man die Songs erst im Studio richtig bearbeitet, kostet das Zeit und viel Geld.
Wir mögen es, zu experimentieren und haben dieses Mal auch nur die Grundstruktur der Songs geprobt, aber das ist genau die Arbeitsweise, die wir brauchen.


Ihr habt ein neues Mitglied, Per an den Keyboards. War er auch beim Songwriting aktiv?


Er war bei uns seit unserer US-Tour zu "Damnation" bei uns und es war keine Frage für ihn, dass er zu OPETH gehört. Er hat ein paar Riffs geschrieben und beim Arrangieren der Songs geholfen.


Er hält sich auf "Ghost Reveries" angenehm zurück, finde ich.


Oh, ich finde, er ist genauso wichtig wie die anderen Mitglieder von uns. Er setzt Akzente und bedeckt nicht alles mit Walls Of Sound *lacht*. Sowas hasse ich bei Keyboards. Er spielt zwar immer, auch wenn er mal nicht im Vordergrund steht, so wie der Bass oder das Schlagzeug auch immer zu hören ist, wenn auch manchmal im Hintergrund.


Oder die Gitarre.


*lacht* Ja, aber das nur selten *lacht*


Warum habt ihr Steve Wilson verlassen und euch einen anderen Produzenten gesucht?


Steve hat drei Alben für uns gemacht und wir haben ihn wieder gefragt, aber er war mit seiner eigenen Band, PORCUPINE TREE, zu beschäftgit, also mussten wir uns ein anderes Studio suchen. Wir hätten ihn als Produzent gerne genommen, aber uns schon vorher entschieden, mit ihm in einen anderen Studio aufzunehmen. Wir waren in Göteborg für lange Zeit und es war Zeit, weiterzuziehen. Aber da er keine Zeit hatte, nahmen wir auch einen anderen Produzenten.
Jens Bogren, er wird die nächste große Nummer bei den Produzenten werden.
Hat er schon irgendwas anderes aufgenommen außer "Ghost Reveries"?


Er hat Teile von KATATONIA aufgenommen, dann PAIN OF SALVATION. Er hat noch viele andere Sachen gemacht, außerhalb des Metals.


Als ihr OPETH 1990 gestartet habt und "Orchid" aufnahmt, hättest du gedacht, dass ihr mal so komplexe Musik machen würdet? Auch wenn "Orchid" schon sehr technisch war, sind die späteren Sachen doch deutlich anders.


"Orchid" hatte bereits lange, komplexe Songs, aber einen stärkeren Black Metal-Touch. Wir haben uns natürlich im Songwriting und als Musiker weiter entwickelt über die Jahre. Einen Masterplan hatten wir nie, alles passierte einfach so.

Wir wollten aber schon immer eine komplexe Band sein und alles in unsere Songs stecken, was uns an Musik gefällt - deswegen sind sie auch so lang *lacht*. Das war die ganze Idee hinter OPETH.
Wenn mich jemand fragt, was ich in zwölf Jahren für Musik machen werde, weiß ich es genausowenig, wie ich es 1990 wußte.


Ihr verdammt jung, als "Orchid" aufgenommen wurde, oder?


Ich war… Mike und ich waren. Er kam zu uns…. oh Mann, das ist so lange her! Mittlerweile ist kein Originalmitglied mehr dabei.


Nicht mal Mikael?


Nein. Ein Sänger namens David hat OPETH gegründet. OPETH haben bereits exisitiert, als Mike als Basser einstieg und ich etwas später dazukam, ebenfalls als Basser *lacht*. Mike war 16, und ich 17, als ich 1991 dazukam. Der Typ, der die Band gegründet hat, lebt immer noch in Stockholm und kann den Erfolg seines "Kindes" bewundern. Er hat zwar nichts mehr damit zu tun, aber er hat OPETH gegründet.


Auf "Ghost Reveries" habt ihr drei sehr ruhige Songs hintereinander platziert. Ich dachte, die ganz ruhigen Zeiten sind vorbei?


Keineswegs, wir mögen ruhige Songs noch immer *lacht*. Wir werden zwar kein zweites "Damnation-Album mehr machen, aber die Art Songs mögen wir immer noch und werden sie auch weiterhin schreiben. Das neue Album ist ein Mix aus "Damnation" und "Deliverance".
Ja, es ist vielseitiger als "Blackwater Park".


Auf jeden Fall. "Blackwater Park" hatte auch eine Ballade und melodische Parts, aber die Songs an sich waren heftiger. Auch da haben wir schon versucht, viel zu viele Sachen in unsere Songs einzubauen, wie wir das immer machen *lacht*. Ist auch beim neuen Album nicht besser geworden *lacht*.


Ihr macht ja mittlerweile seit fünfzehn Jahren Musik, warum wirkt ihr immer noch so schüchtern, wenn ihr auf der Bühne steht?


Ich bin außerhalb der Bühne eigentlich nicht schüchtern. Es gibt ja Musiker, die total ruhig sind und erst auf der Bühne aus sich rauskommen. Bei mir und Mike ist das genau andersrum. Wir sind sehr aufgeschlossene, lustige Typen, aber wenn wir auf die Bühne kommen, ist das so überwältigend, das die Leute bei unserer Musik so durchdrehen. Ich bin immer noch demütig angesichts der Tatsache, dass Leute wirklich unsere Musik hören wollen und wegen uns zu einem Konzert kommen und da durchdrehen. Das ist immer noch komisch für mich und läßt mich schüchtern werden. Ich halte das für eine gute Eigenschaft, denn so bleiben wir mit den Beinen auf der Erde und heben nicht ab.


Eine letzte Frage noch: was ist mit Mr. Lopez, eurem Drummer?


Er ist zuhause in Schweden und erholt sich. Er dachte, er wäre fit und bereit für die US-Tour, aber das war er wohl nicht. Vorher hatte er eine lange Pause, in der kaum Schlagzeug gespielt hat, weil er so kaputt und ausgelaugt war. Momentan muss er wieder zu Kräften kommen, da er eine Zeitlang Probleme hatte, Essen bei sich zu halten. Auf Tour wurde es so schlimm, dass er nicht mal mehr trinken konnte und dehydriert ist. Das macht einen nicht nur körperlich fertig, sondern auch mental. Martin muss jetzt seinen Körper neu aufbauen und fit werden, dann wird er auch wieder mit uns spielen.

Wir haben uns entschieden, keinen Druck auf ihn auszuüben, sondern ihm Zeit zur Regenrierung zu geben. Er selbst entscheidet, wann er wieder voll einsteigen möchte, nicht wir. Er kann sich alle Zeit der Welt nehmen, aber in der Zwischenzeit müssen wir die Arbeit machen, die gemacht werden muss und deswegen haben wir einen Ersatzmann [Martin Axenrot von BLOODBATH, NIFELHEIM, WITCHERY - Anm. d. Verf.].


Hat ja auch den gleichen Namen, ganz praktisch.


Auf jeden Fall *lacht*.


Martin Lopez ist also immer noch ein Bestandteil von OPETH?


Ja, zu 100%. Ich hoffe, er kommt bald zurück und spielt mit uns. Wir werden ihm die Zeit geben, die er braucht. Momentan ist er irgendwie verloren und ich glaube, er muss sich einfach Ruhe nehmen und entscheiden, wie sein Leben weitergehen soll.


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