Interview:

2003-10-28 Moonspell

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Wohl nicht viele hätten ein Album wie "The Antidote” erwartet. Die portugiesischen MOONSPELL sind aber definitiv wieder im Geschäft und ihr neues Album ist definitiv ein großes Ding. Das jüngste Bandmitglied, Drummer Mike Gaspar, erzählte uns etwas darüber, während er völlig unmetallisch an Proteinshakes nippt, weil er direkt aus dem Fitnessstudio kommt.InterviewZurzeit gebe ich für jüngere Schüler Taekwondo Unterricht. Mir hilft dieser Sport sehr zu einem tieferen Verständnis der Zusammenhänge des Lebens und der menschlichen Beziehungen. Und so hilft es mir auch, MOONSPELL nach vorne zu bringen und bei allem Stress auch schwierige Situationen zu überstehen.



Tiefere Zusammenhänge könnte man auch im schlichten aber eleganten Artwork der neuen CD vermuten...


Die Bilder sind von dem Fotografen Paolo Moreira. Er hat großartig unsere jeweiligen Persönlichkeiten eingefangen. Wir haben lange mit ihm über unsere Vorstellungen geredet. Das hat so gut funktioniert, weil er schon lange ein Bekannter der Band ist und er unsere Musik so gut kennt. Zusammengestellt hat das im Endeffekt aber unser Webdsigner Adriano Esteves, der genau weiß, was wir wollen und was wir uns wünschen. Die ganzen Ideen kamen aber von der Band selber, wir haben ganze Wochenenden mit ihm verbracht bis alles so aussah wie wir es wollten. Es ist vielleicht für andere Künstler nicht immer ganz leicht mit uns zusammenzuarbeiten, aber wenn sie wirklich verstanden um was es uns geht, war das Ergebnis bisher immer perfekt.



Die Songs selber wirken dagegen deutlich komplexer und vielschichtiger als bisher, seit ihr mit diesem Ziel an die Arbeiten zu dem Album gegangen?



Das gesamte Songwritingprozess war sehr introspektiv, auf eine Art und Weise in der wir unseren eigenen Weg als Komponisten finden mussten. Wir haben zurückgeblickt aus das, was uns selber beeinflusst hat aber auch auf alle das, was wir in der Vergangenheit getan haben. Ich selber fand es ziemlich spannend in unseren Seelen zu graben und herauszufinden warum es uns gibt und aus welchem Grund. Ich denke, dass das Album eine Kombination all unserer Stärken ist, aber auch Überraschungen bietet. Bevor wir die Songs eingespielt haben, trafen wir uns, um über die Texte zu sprechen, Fernando versuchte uns die Intention der Texte zu erklären. Das gab uns beim Spielen Sicherheit und das Gefühl dafür, worum es im Song geht. Da wir dann geistig fühlen konnten, was und wie wir spielen mussten, erhielten die Songs mehr Tiefe.



In Mikes Augen, kann der tiefsinnige Titel "The Antidote" natürlich auf viele Arten ausgelegt werden. Ohne Einschränkungen, ohne Tabus soll jeder seiner Seele und seinen Gedanken freien Lauf lassen, grade wenn die Gesellschaft einen einengen möchte. Für ihn jedoch ist das Album eine richtiges Gegengift zum eigenen Leben. Ohne diese Erfahrungen mit der Musik, wäre er nur ein halber Mensch fügt er hinzu. Alle Ideen, die Tief im Innern schlummern, seien sie noch so absurd oder irrwitzig aber eben doch die eigenen, können so in die Welt getragen werden. Alle Themen des Albums sind Dinge, die jeden Beschäftigen, sei es die Liebe oder der Tod. Und durch die Beschäftigung mit den Themen auf diese Art und Weise, kann man sich selber davor bewahren, Dummheiten zu begehen, im Extremfall das eigene oder ein anderes Leben zu beenden. Man kann diese Meinung wohl nur unterstützen, dass ein harmonischer Umgang mit allen Mitmenschen jedem anderen vorzuziehen ist.


Daran, dass fast alle die Band auch heute noch an ihren Hits wie "Opium" oder "Mephisto" messen, stört er sich wenig.



Mich stört das nicht im geringsten muss ich zugeben. Es zeigt doch, wie sehr wir einige Menschen beeinflusst haben. Uns mit anderen zu vergleichen ist eine Sache, uns aber mit sich selber verglichen zu werden, ist doch etwas, wonach alle Bands streben. Es ist eine respektvolle und inspirierende Herangehensweise und zeigt doch nur die eigene Entwicklung auf.



Nicht nur die Interpretationsmöglichkeiten für den Titel sind vielseitig. Auch der Gesang ist abwechslungsreicher denn je geraten.



Wir haben alle schon viele Jahre Erfahrung im Studio und es hat lange gedauert bis wir auf dieses Niveau gekommen. Man muss wirklich hart daran arbeiten das Beste zu erreichen und auf diesem Album haben wir eben sehr viel Wert auf die Vocals gelegt und auch versucht die ganzen Songs um sie herum zu arrangieren um ihnen größtmögliche Entfaltungsmöglichkeiten zu geben. Wir hatten etliche Demos, auf denen Fernando all unsere Experimente und Ideen aus dem Studio umgesetzt hat. Wir haben über eine Woche nur daran gearbeitet, dass die Vocals perfekt ins Gesamtbild passen, egal ob es Schreie oder Flüstern ist, dass beim Hörer eine Gänsehaut auf dem Rücken erzeugen soll.



Sehr entschieden widerspricht er dagegen meinen Zweifeln an einer schweren Liveumsetzung dieser Geschichte.



Wir haben einen Gig in einem kleinen Plattenladen gespielt mit fast ausschließlich neuen Songs und sie klangen großartig! Ohne jede Effekte aus dem Studio. Das ist es auch, wonach wir gesucht haben: Die Möglichkeit uns auch so rau und natürlich wie möglich zu präsentieren. Was man auf dem Album hören kann, das sind wir! Die Einstellung die uns ausmacht, ist die selbe ob wir im Studio sind oder auf der Bühne. Bei den drei Wochen im Studio hatte ich beispielsweise genau eineinhalb Tage um die Drums einzuspielen und ich freue mich drauf diese Songs live zu spielen, es wird sicher spannend!




Niclas Etelävouri, ein Freund der Band aus Finnland und eigentlich hauptberuflich bei AMORPHIS, wurde als Bassist ausgeliehen…



Wir waren schon gemeinsam auf Tour und wir verstehen uns einfach verdammt gut! Er war mit den Aufnahmen für AMORPHIS bereits fertig als wir nach Finnland kamen. Bvor wir hinüberflogen schickten wir ihm schon die fertigen Demos und alles was wir ihm erklären mussten, war das jeweilige Gefühl was wir mit den Songs transportieren wollten. Und das war nicht wirklich schwer... ein paar Nächte mit Bier und Joints und alles war geklärt. In nur 10 Stunden spielte er die 11 Songs ein. Da er ja aber leider bereits in einer anderen Band spielt, wird das ein einmaliges Erlebnis bleiben. Für die Liveauftritte haben wir in Aires Pereira aber bereits ein fähigen Mann gefunden.



Und eben diese Band, AMORPHIS, hatte einen gar nicht so unterschiedlichen Werdegang wie MOONSPELL...



Ich denke auch, dass wir irgendwie Ähnlichkeiten in unserer Entwicklung in der Vergangenheit vollzogen haben. Manchmal sind die Leute aber leider viel zu faul um sich wirkliche Gedanken zu machen über das was hinter der Musik steckt. Ich liebe AMORPHIS, sie sind eine großartige Band. Und eigentlich hat sich in ihrer Musik vom Songwriting her gesehen wenig geändert. Dieselben Hauptelemente sind immer noch sehr präsent in ihrer Musik. Gut, sie haben sich dazu entschlossen keine Death Metal Vocals mehr zu verwenden mit denen sie bekannt wurden, die Musik hat sich aber weniger stark geändert. Und es mag eben Dinge geben, die eine Band veranlassen sich zu ändern ohne dass Außenstehende dies nachvollziehen können.



Stolz erzählt Mike von der Kooperation mit dem Schriftsteller Jose Luis Peixoto.



Es ist großartig, wenn sich Musik und Literatur in so einer Form verbinden können, wir sind sehr dankbar für diese Möglichkeit. Es bringt auf der einen Seite viel mehr Tiefe in unsere Musik, auf der anderen Seite hilft die Musik aber auch, die Intention des Schriftstellers leichter zu vermitteln. Das Album kann mit diesen Texten wachsen! Wir haben das Album ja auch zusammen mit dem entsprechenden Buch in den Laden gebracht. Es ist schon irgendwie eine Möglichkeit, unsere Gesellschaft zu erfassen und auch den Anspruch, den sowohl wir als auch unserer Hörer haben zu vermitteln. Alle die auf düstere Musik stehen, werden das Buch mögen! Und vielleicht hilft es auch kommenden Generationen und jüngeren Hörern, bei ihren Eltern Verständnis und Respekt für das zu bekommen was sie mögen.



Die erwähnten Geschichten sind beeinflusst von den älteren Texten und der Musik von MOONSPELL und auch die Persönlichkeiten der Musiker fanden den Weg hinein wie Mike erzählt.



Jose war schon immer ein Fan der Band. Es bereitete uns kaum Schwierigkeiten einander zu verstehen. Wir versuchten einfach aufeinander zuzugehen und uns gegenseitig anzustecken mit der Idee. Er wurde ein Mitglied von MOONSPELL - bewaffnet mit Bleistift und Laptop! Und das war es was wir alle erreichen wollten, die verschiedenen Elemente, Musik und Literatur, zu vereinen.



Und man sollte es nicht glauben, aber die Jungs fühlen sich doch tatsächlich von BATHORY beeinflusst, zumindest was ihre Jugend angeht. Die Portugiesen fühlen sich aber in keiner Weise weniger düster als die entsprechenden Referenzen aus dem hohen Norden. Sie sehen in ihrer Kultur viel, was auch die Gemeinde der düsteren Seelen interessieren könnte.



Die Liebe, der Tod und alle diese Emotionen lässt das Blut mit einer Intensität durch unsere Adern fließen, die wir manchmal selber nicht glauben können...



Und auch nach über 10 Jahren im Musikgeschäft brennt das Feuer in ihnen.


Wir sind nicht im geringsten ausgelaugt oder Ideenlos! Wenn ich zurückschaue und die Vergangenheit mit der gesammelten Erfahrung betrachte, sind es grade die Erfahrungen mit den Fans und die Tatsache, dass sie sich mit unserer Musik identifizieren, die mich stolz machen! Es ist eine große Ehre für uns und das gibt uns auch die Energie, immer bessere Sachen zu machen! Ich bin mit grade mal 27 Jahren der Jüngste der Band, die anderen sind um die 30. Und lasst euch eins gesagt sein: Das Beste kommt noch!



Am 25. Dezember startet in Hamburg unsere Tour mit LACUNA COIL... eine etwas andere Art für uns, die Feiertage zu verbringen! Wir danken allen unseren Fans die an uns geglaubt haben und noch immer glauben! Hope to be able to return the favour when we meet live, until then: Stay under the spell!