Interview:

2005-02-21 Insignium

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Sven alias Shoggoth, einer der Gitarristen und Sänger von INSIGNIUM kommt gerade von der Probe nach Hause gekommen, packt sich erstmal eine CD in die Anlage (Necrophagia - Divine Art of Torture), schnappt sich ein Bier und widmet sich dem MI-Interview. Grund gibt’s genug, vor allem einen: Die neue Scheibe "In die Abgründe".InterviewRuhrpott-Kanacken singt der gemeine Fußball-Fan ganz gerne mal. Was macht der Metaller da?


Wir kommen aus Hagen - Das ist zwar nur noch bedingt zum "Ruhrpott" zu zählen, aber ich will das mal durchgehen lassen, harhar. Metal-technisch ist das in Hagen so eine Sache; einerseits gibt es zwar eine stattliche Anzahl an Bands und wohl auch an Anhängern dieser Musik, es fehlt allerdings weitgehend an zentralen "Anlaufstellen", so dass eigentlich die meisten alleine vor sich hinwerkeln und man nur schwer von einer wirklichen "Szene" sprechen kann. Ausgeweitet auf das Ruhrgebiet sieht das allerdings schon anders aus. Hier haben sich einige Veranstaltungen allmählich etabliert und über einen Mangel an Bands oder Konzerten kann man sich hier wirklich nicht beschweren.



Das Ruhrgebiet ist für viele Menschen ein Wust aus Großstädten, für Leute, die da her kommen, geht nichts drüber. Wie steht’s mit eurem "Heimatgefühl"?


Heimat... auf Hagen bezogen? Ich bin hier nicht mal geboren und kann auch nicht wirklich sagen, dass ich es hier sonderlich schön finde. Generell kann ich da stellvertretend für INSIGNIUM ohnehin nichts Genaues zu sagen, da die "Heimat" nichts mit dem "Konzept" der Band zu tun hat und somit in diesem Zusammenhang somit ohnehin unwichtig ist.



Wo wir grad dabei sind: Der Begriff "Heimat" wird nicht selten negativ belegt. Und Black-Metal-Bands werden gerne mal ins rechte Umfeld gesteckt. Warum meinst du, ist das so und was sagt ihr dazu? Wo steht ihr/ du politisch? Und warum deutsche Texte?


Der Reihe nach: dass Bands aus dem BM-Bereich als rechts eingestuft werden, kann verschiedene Gründe haben. Der einfachste wäre natürlich, dass die Bands offen eine rechte Gesinnung zur Schau stellen oder bewusst mit der Symbolik aus dem dritten Reich spielen, was dann dieses Einsortieren natürlich logischerweise nach sich zieht. Oftmals wird sicherlich auch von Außenstehenden bspw. "heidnisch" mit "Nazi" gleichgesetzt, was dann auch einen ganzen Haufen Bands in diese Ecke drängt, die da wirklich nichts verloren haben. Wirklich aufregen kann ich mich allerdings in Fällen wie dem Folgenden: letzten Dezember stand ein Konzert mit Nocte Obducta, Helrunar und Hetaeria auf dem Plan - irgendein selbsternannter Antifa-Kämpfer hat daraufhin die Seite des Festivals mit Hetze gegen Nocte zugemüllt, auf einer anderen Internet-Seite die vermeintlichen Zusammenhänge von Nocte Obducta mit der rechten Szene dargestellt etc. und einen unheimlichen Wirbel mit darauf folgenden Stellungnahmen der Bands usw. verursacht. Wer die Jungs von Nocte kennt weiß wohl, was man von solchen Vorwürfen zu halten hat und wie "unglaublich gut" dieser junge Mann informiert gewesen ist.
Also einige Bands haben es sicherlich "verdient" als "rechts" gesehen zu werden, wenn das offensichtlich auch der Fall ist, aber oft genug kommt eben auch etwas wie in dem gerade beschriebenen Fall vor und dann kotzt einen diese ewige "Nazi"-Keule doch irgendwann an. Übrigens... "rechts" bedeutet genauso wenig "Nazi" wie "links" mit "Kommunist" gleichzusetzen ist... das nur am Rande. Als Band würde ich uns "politisch" eigentlich gar nicht irgendwo einsortieren, da das Thema Politik in dem Sinne nicht thematisiert wird. Wen jeder einzelne von uns dann bei der nächsten Bundestagswahl wählt, halte ich dann auch für ziemlich uninteressant in Bezug auf INSIGNIUM - es gibt auch politisch überhaupt nicht Interessierte unter uns. Die deutschen Texte haben in dem Zusammenhang auch keine Bedeutung. Auf dem Demo haben wir noch englisch gesungen, und danach kam beim Schreiben der Texte eben aus beispielsweise atmosphärischen Gründen mal die deutsche Sprache zum Einsatz. Ein englisches Stück ist auf der neuen Scheibe allerdings auch noch vertreten. Und außerdem... wieso sollten wir nicht deutsch singen? Sollte jemand daraus wirklich irgendwelche Schlüsse ziehen, kann ich wirklich nur noch mit dem Kopf schütteln. So jetzt hab ich da einen ganzen Haufen zu geschrieben - aber abschließend will ich dazu dann einfach noch mal loswerden, dass mich diese ganze Politikdebatte im Metal allmählich ziemlich nervt... aber da kannst Du ja auch nichts zu, hehehe.



Okay, zur Band. Warum der Name INSIGNIUM?


Zur Bedeutung von "INSIGNIUM": Es handelt sich dabei um eine Art Herrschaftszeichen, ein Zeichen von Macht und Würde. Einerseits kann unser "Logo" (nicht der Schriftzug) von mir aus als unser "Insignium" gesehen werden - es steht andererseits aber auch jedem frei, eine eigene Bedeutung für das Wort in Bezug auf uns und unsere Musik zu finden.



Worte, Text, Aussage?


Man muss sicherlich nicht hinter jedem unserer Texte einen wer weiß wie philosophischen Hintergrund vermuten, teilweise bedeuten sie allerdings durchaus mehr, als der erste Eindruck anhand des Titels einen glauben lässt. Was genau hinter den Texten steckt will ich eigentlich auch nicht bis ins Detail erklären, aber ein paar Worte kann ich dazu sicherlich verlieren. Nehmen wir mal den Text zu "Bunkerkrieg", den ich selbst beigesteuert habe: vordergründig wird eine recht einfache kleine Geschichte eines Kindes/Mannes erzählt, das einen anderen Weg einschlägt als die restlichen Bewohner seines "Dorfes" - meinetwegen. Das ganze lässt sich dann sicherlich ein bisschen abstrahieren, so dass jeder seine Aussage aus dem Text rausziehen kann. Allerdings: auf den ersten (und sicher auch auf den zweiten und dritten) Blick steht der Text in keinem Zusammenhang zum Titel. Und das liegt einfach daran, dass für mich beim Schreiben des Textes noch eine ganz andere Bedeutung dahinter steckte, als es irgendjemand erraten könnte - und in Bezug auf den eigentlich Hintergrund macht sogar der Titel wieder Sinn - erklären werde ich die Bedeutung allerdings niemandem.
Dann mal noch ein paar Worte zu "Vulva Stellaris", der "Sternenfotze", wie einige schon ganz richtig übersetzt oder auch herausgehört haben. Der Text stammt von Apollyon und nach einer besonderen Bedeutung muss man eigentlich nicht suchen. Die "Sternenfotze" wird als eine Art große, alte Gottheit beschrieben. Wer den Text liest sollte eigentlich erkennen, dass Apollyon sich hier hauptsächlich von Lovecraft hat beeinflussen lassen, der ja auch schon einige "interessante" Kreaturen entworfen hat. Ich weiß noch wie der Stefan, also Apollyon, mir damals den Text mit den Worten zeigte "stell Dir vor H.P. Lovecraft und H.R. Giger gehen einen saufen...!". Hier kommt es also eher auf die generelle Atmosphäre an, als auf eine bestimmte Aussage. Die "Moorleiche" hingegen behandelt ein Rachethema, gepaart mit der alten Vorstellung des Bösen "da draußen". Alles weitere soll sich jeder selbst denken. Ein bestimmtes Konzept gibt es bei den Texten jedenfalls nicht. Je nach Alkoholpegel oder Stimmung kann da sonst was bei rauskommen. Kurz erwähnen will ich noch, dass drei der Texte auf dem neuen Album von Leuten außerhalb der Band geschrieben wurden. Daraus darf man dann von mir aus folgern, dass wir den Schwerpunkt selbst eher auf die Musik legen, und uns in erster Linie eher durch diese ausdrücken, als durch hochbedeutungsschwangere Texte.



Eure Klasse scheint unumstritten, wenn man sich erschienene Reviews anschaut. Ihr werdet auch in "größeren" Mags gefeiert. Wie wichtig war das Rock Hard?


Von den "größeren Mags" hab ich zu unserer neuen Scheibe noch gar nichts gelesen, aber ich nehme mal an Du sprichst die Geschichte mit dem Rock Hard "Unerhört-Sampler" im Jahr 2000 an?! Also als sonderlich "wichtig" kann man das nicht beschreiben, aber es war durchaus nicht schlecht zu sehen, dass die Musik auch dort zu gefallen wusste. Sicherlich hat uns der Beitrag auch noch ein bisschen Werbung gebracht, aber sonst... na ja. Ansonsten freu ich mich natürlich über jedes positive Review, kann allerdings auch sehr gut damit leben, wenn die Musik jemandem nicht gefällt und es eine schlechte Kritik gibt - so lange ich das Gefühl habe, dass die Meinung begründet ist und derjenige sich auch mit der Musik auseinandergesetzt hat jedenfalls.



Ach so: Verlier doch noch mal ein paar Worte zur Besetzung …


Vier Mann sind wir! Apollyon und ich sind als Gründungsmitglieder beide an der Gitarre und am Mikro beschäftigt, und Dennis (Nemesis) gehört schon seit unserem ersten Konzert hinter’s Schlagzeug. Svartis von Nordafrost hatte uns 2003 angeboten für ein paar Konzerte den unbesetzten Posten am Bass einzunehmen, aber nachdem mit ihm alles so gut gelaufen ist hat er sich glücklicherweise dazu entschieden, fest bei uns einzusteigen.



Jetzt mal zum aktuellen Album. Wie seht ihr Eure Entwicklung?


Gegenüber "Insignia Risen...", das ja fünf Jahre vor "In die Abgründe" aufgenommen wurde, hat sich natürlich einiges verändert. Als erstes sollte wohl auffallen, dass wir keine Keyboards mehr benutzen. Nachdem es mit unserem letzten Keyboarder ein paar Schwierigkeiten gab, hatten wir festgestellt, dass auch die bis dahin schon fertig komponierten Stücke ohne ihn eigentlich viel besser funktionierten, wenn ein paar Sachen für die Gitarre umgeschrieben wurden.
Generell hat sich das Zusammenspiel der beiden Gitarren auch deutlich verbessert. Auf "Insignia Risen..." sind die Stücke teilweise noch entstanden, als ich noch am Schlagzeug saß, so dass alles eigentlich für eine einzelne Gitarre geschrieben wurde, was hinterher nur an ein paar Stellen noch abgeändert wurde. Die neuen Stücke sind jetzt von Anfang an mit zwei Gitarristen geschrieben worden, was das Ganze meiner Meinung nach doch um einiges vielschichtiger und komplexer werden lässt.
Zu den anderen Bands und Projekten: Der Marc (Svartis) kommt, wie oben schon erwähnt, von Nordafrost, wo er sich um die Gitarre und den Gesang kümmert. Stefan und er haben zudem bei der Live-Premiere von Animus (BM-Projekt von Depression und Hel Mitgliedern) letzten Dezember an der Gitarre und am Mikro ausgeholfen. Ich selbst habe ein paar Gastvocals auf der neuen Nordafrost-Scheibe beisteuern dürfen, die ich so oft wie möglich auch live zum Besten gebe. Bei einem Gig bin ich dort auch schon mal als Bassist eingesprungen - ebenso wie bei der Division Golgota (R.I.P.), deren Sänger bei uns wiederum bei drei Stücken der neuen Scheibe stellenweise als Gastsänger zu hören ist. Die Idee von dem einen oder anderen Nebenprojekt spukt zwar auch schon seit einiger Zeit in unseren Köpfen herum, aber da hat noch nichts konkrete Formen angenommen. Ich werde mich demnächst auch mit ein paar Leuten in den Proberaum begeben und mich endlich mal wieder hinter das Schlagzeug setzen... was dabei genau herauskommt, wird sich dann noch zeigen.



Ihr habt wieder im K-Sound aufgenommen, mit Herrn K. Klar gekommen?



Mit Matthias Klinkmann, das ist der "Herr K.", war es wieder mal eine wunderbare Zeit. Das Studio liegt hier direkt in Hagen, was natürlich für alle von uns recht praktisch ist. Die Atmosphäre dort ist mehr als entspannt und so viel gesoffen wie in der Nacht der Gesangsaufnahmen haben wir wohl alle lange nicht mehr, hehehe.



Ihr geht ja nicht unbedingt in die untere Untergrund-Richtung. Wie steht ihr zu Kapellen wie Cradle oder Dimmu?


Mit den genannten Bands habe ich eigentlich nichts mehr zu tun. Die ersten Scheiben der Bands haben mir recht gut gefallen, aber danach haben sie sich einfach in eine andere Richtung entwickelt als mein Geschmack. Die bringen technisch sicherlich gute Alben raus, aber mir gibt die Musik nichts. Dieses ständige "Kommerz! Verräter!"-Geschreie gegen die Bands finde ich stellenweise allerdings dann auch etwas albern... mich interessieren sie einfach nicht mehr, so wie Tausende andere Bands auch nicht... mehr gibt’s dazu eigentlich nicht zu sagen.



Wie sieht es mit Live-Auftritten in der Zukunft aus? Tour? Festivals? Pläne? Träume?


In erster Linie versuchen wir so viel wie möglich auf der Bühne zu stehen - als nächstes steht da unsere Release-Party mit Negator und Darth in Oberhausen auf dem Plan. Im März sind wir mit Symbiontic und einigen anderen bei der mittlerweile hier wohl recht bekannten Metal Night in Neuss dabei. Für den Sommer ist das "Pesten Open Air" geplant, das dieses Jahr seinen Einstand hier im Ruhrgebiet geben wird. Weitere Festivals stehen für uns noch nicht fest, aber irgendwann mal eine Teilnahme bspw. beim Party-San wäre schon eine großartige Sache für alle von uns. Mein "Traum" wäre wohl mit INSIGNIUM für ein paar Wochen auf Tour zu gehen. Nachdem ich diese Erfahrung mit einer anderen Band schon haben durfte, wäre es mit INSIGNIUM für mich wohl wirklich die Erfüllung.



Hobbies neben der Musik? Lebensunterhalt? Alter, Hund, Katze, Maus,. Sex, Drugs Rock, Roll? Habt ihr vielleicht die Klarnamen parat? Und warum überhaupt Pseudonyme. Wie ich las, steht ihr dem ganzen "true/ nicht true"-Gefasel durchaus kritisch gegenüber (ich denke da an die Geschichte in einem schwarz-weißen Print-Mag…)


Ich weiß nicht, wie es da anderen ergeht, aber zu erfahren, was die Leute im "wirklichen Leben" so treiben, nimmt irgendwie den Reiz und die Faszination an dem Ganzen, wenn Du verstehst was ich meine. Ähnlich ist es da mit den Pseudonymen - als wir angefangen haben, war unser Auftreten noch deutlich "extremer" als das heute der Fall ist, und da gehören für mich persönlich einfach diese Pseudonyme dazu. Auch wenn es bei uns heutzutage kein Corpsepaint etc. mehr zu sehen gibt, wollten wir diese Namen einfach beibehalten, zumal man sich natürlich nebenbei mit der Zeit auch daran gewöhnt hat. Wenn Du allerdings irgendwelche Informationen für die Statistik brauchst: Stefan und ich sind oft genug im Umkreis auf diversen Filmbörsen anzutreffen um unseren Bestand an leckeren DVDs aufzustocken.
Zum Thema "true/untrue" - Dieses ewige Gelaber geht mir in der Tat ziemlich auf den Sack. Ich will gar nicht als "true" im oft gebrauchten Sinne bezeichnet werden. Vielleicht müsste man die Diskussion eher in Bezug auf "metal / nicht metal" führen - da kämen wir der Sache schon näher. Aber da Du zu dem Thema auch nichts Bestimmtes fragst, will ich da auch nicht weiter was zu erzählen... wie gesagt - es hängt einem irgendwann zum Hals raus.



Was nicht wenige auch über den Vorgänger von Black Attack sagen würden… Das Label hat ja nicht grad eine ruhmreiche Vergangenheit … Wie seid ihr dazu gekommen und seid ihr zufrieden? Und verlier mal ein paar Worte übers Business....


Uns haben auch einige Leute vor Black Attakk gewarnt, aber wir waren einfach mal bereit das Risiko einzugehen, da die Konditionen stimmten und bspw. mit Dark Fortress ja auch schon vielversprechende Bands unter Vertrag genommen wurden. Wie es dazu kam? Ganz einfach: Promo geschickt - Interesse bekundet - Vertrag ausgehandelt - unterschrieben. Das war’s eigentlich. Ich kann über das Label auch wirklich nicht meckern... und die Promotion über Sure Shot derzeit läuft auch gut... also... keine Probleme.
Allgemein zum Thema "Business": eigentlich etwas, womit ich mich nicht beschäftigen wollte. Leider muss man sich mittlerweile schon um einige Dinge kümmern, damit alles gescheit läuft, aber an "Business" dachten wir wirklich nicht, als wir INSIGNIUM ins Leben riefen.



Zukunftspläne?


Es gibt keine bestimmten Ziele… mal abwarten, wie die neue Scheibe ankommt und dann alles auf uns zukommen lassen. Jeder weitere Schritt ist schon viel mehr, als wir vor mittlerweile fast neun Jahren bei den ersten Tönen im Proberaum gedacht haben... also.. abwarten und Schnaps trinken.