Interview:

2005-12-30 Gun Barrel

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Als lustige Musikanten kann man das Kölner Quartett GUN BARREL wohl bezeichnen, da die Jungs neben viel Gespür für sehr gute Musik auch eine ordentliche Schippe Humor mitbringen. Nicht nur, dass ihr neuestes Werk "Bombard Your Soul" ein superbes Knallbonbon deutschen Echtmetalls geworden ist, sie haben auch auf Tour immer die eine oder andere Überraschung parat. Gitarrist Rolf Tanzius, Drummer Toni Pinciroli und Sänger Xaver Drexler, die hier als Trio Rede und Antwort standen (primär Rolf Tanzius), haben jedenfalls zahlreiche lustige Anekdoten in der Hinterhand, wie etwa das mysteriöse Verschwinden eines Basses von DESTRUCTION kurz vor dem Gig in Wacken… InterviewWie geht es Euch denn im Moment?



Uns geht es gut! Wir stecken gerade mitten in der Promoarbeit. Und bald gehen auch wieder die Auftritte los.



Von Eurem letzten Album "Battle - Tested" bis zu Eurem aktuellen Werk "Bombard Your Soul" sind über zwei Jahre vergangen. Gehört Ihr nicht zu den schnellsten Songwritern oder warum hat es so verhältnismäßig lange gedauert?



Wir haben für unser letztes Werk leider kein Platin bekommen und können nicht davon leben, haha! Das Problem war, dass zwar Songs vorhanden waren, aber keine Texte. Wir hatten uns auch Ende des letzten Jahres von unserem alten Sänger getrennt mussten die neuen Songs instrumental aufnehmen, damit es überhaupt mal vorangeht. Wir haben dann nach einem neuen Sänger gesucht und sind mit Xaver Drexler endlich fündig geworden. Er hat dann innerhalb von fünf Wochen die Texte in die Songs hineingezaubert und dann stand auch schon die Endaufnahme an. "Operation gelungen", würde ich sagen, aber wir wollen das nächste Album auf jeden Fall schneller nachschieben. Die Stimmung in der Band ist klasse und auch die Auftritte waren sehr geil!



Wie kam denn der Titel des neuen Albums, "Bombard Your Soul", überhaupt zustande?



Zuerst einmal klingt er gut und wir haben uns von unserem Label und auch von unserem Cover - Zeichner beraten lassen, weil uns ein paar verschiedene Titel vorgeschwebt hatten. "Bombard Your Soul" hat aber bei allen sofort "gezündet". Da wussten wir dann, dass der Titel in Ordnung war! Im Grunde bedeutet er, dass wir mit dem Album elfmal Eure Seelen rocken werden, hahaha! Und wenn man sich dazu noch ein wenig mit den Texten befasst, dann ist es auch ein kleiner Wink an jeden Einzelnen, wie er sich im Leben zu verhalten hat. Das wollten wir damit im Großen und Ganzen ausdrücken.



Es heißt im Info, dass ROSE TATTOO, THUNDERHEAD, AC/DC oder MOTÖRHEAD Eure musikalischen Vorbilder seien. Kommt das hin?



Wir werden immer mit diesen Bands verglichen und haben uns noch nie Gedanken darüber gemacht. Ich höre gerade, dass sich Toni THUNDERHEAD gefallen lässt, haha! Natürlich haben wir unsere Einflüsse, aber ich gründe doch keine Band um etwa wie MOTÖRHEAD zu klingen. Das haben wir selber nie gesagt, sondern das ist eine Idee der Plattenfirma. Wir werden in diversen Zeitungen auch oft mit RUNNING WILD verglichen, was wir überhaupt nicht verstehen können. Ich habe noch niemals ein Album von denen gehört, nur den Song "Under Jolly Roger". Das ist mir unbegreiflich! Wir ziehen einfach unser Ding durch und das scheint den Leuten ja zu gefallen.



Diese aufgeführten Bands passen als Anhaltspunkt auf Euren Stil schon in etwa, aber ich persönlich höre bei Euch noch einen deutlichen Einschlag an Power Metal heraus, wie ihn etwa PRIMAL FEAR oder SINNER spielen.



Also, DAS hören wir jetzt auch zum allerersten Mal, aber wir sind deswegen nicht beleidigt, im Gegenteil, hahaha! Wir haben nur noch nie über diese Vergleiche nachgedacht. Wir haben eben einfach Spaß an der Musik, und uns sitzt kein Label im Rücken, das uns nach seinem Willen formen will. Es ist genau andersrum; wir machen, worauf wir Bock haben und das Label stärkt uns den Rücken.



Euer Problem, wenn man es denn so nennen will, ist aber, dass Ihr für Eure Musik zu Recht überall abgefeiert werdet, aber im Grunde genommen noch eine Underground - Band seid.



Ja, wir verstehen schon, was Du meinst. Es liegt unter Anderem daran, dass wir noch nie mit einer Band auf Tour waren, die ein größeres Publikum anspricht. Wir haben eine Tour mit den TRACEELORDS durchgezogen, aber das war eher eine kleine Clubtour quer durch Deutschland. In Ankara oder in Norwegen haben wir auch schon gespielt und generell im Ausland wohl einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Nach ein oder zwei Jahren kam auch ein Feedback, und da haben wir gemerkt, dass wir doch was geerntet haben. Es kommt auch darauf an, in wie fern man vom Label supportet wird, das heißt, ob Anzeigen geschaltet werden, man groß angekündigt wird und ob das Label diese Aufgabe finanziell bewältigen kann. Wir müssen uns unseren Weg nach oben Schritt für Schritt erkämpfen. Das ist zwar mühselig und wir sehen auch öfter andere Bands, bei denen dieser Vorgang schneller abläuft, aber wir lassen unsere Köpfe nicht hängen, denn wir haben immer noch Spaß dabei!



Ihr ward ja auch schon mit MOLLY HATCHET unterwegs?!



Ja, aber das war leider nur ein einzelner Gig als Support. Wir sollten einmal jeden Gig von ROSE TATTOO supporten, aber das ist am Ende an 2000 Euro gescheitert. So haben wir nur einen Auftritt mit ihnen bekommen, weil eine Band aus Norwegen ein Bisschen mehr geboten hatte. Da waren wir sehr enttäuscht, aber wir konnten es leider nicht ändern. Wir hatten uns auch für MOTÖRHEAD beworben, aber da kamen wir einfach zu spät. Das wäre ein echter Traum gewesen, die Jungs auf Tour zu supporten! Wir haben bisher alles selber gemacht und uns sämtliche Auftritte alleine an Land gezogen, aber mittlerweile ist es so, dass die Leute vermehrt auf uns zukommen; das war etwa beim "Headbangers Open Air" so. Diese Entwicklung ist schon sehr gut!



Was waren eigentlich die Gründe dafür, warum Ihr Euch von Eurem alten Sänger Guido getrennt habt?



Wenn man über Jahre hinweg denselben Weg verfolgt, dann kommt man irgendwann an eine Kreuzung, an der einer diesen und der andere jenen Weg gehen möchte. So hat es sich eben ergeben.



Und wie seid Ihr danach an Xaver Drexler gekommen?



Wie viel Zeit hast Du denn, hahaha?!



Die Kurzfassung wäre mir schon genug!



Wir hatten mehrere Sänger angetestet und uns schwebte er bereits länger vor. Er sollte aber kein Ersatz für Guido sein, das wollten wir natürlich nicht. Am Ende war unsere Wahl aber eindeutig!



Ihr habt Euch außerdem von Eurem alten Bassisten Holger getrennt…



"Getrennt" kann man nicht sagen, der ist einfach gegangen. Es war immer sein Lebenstraum, nach Australien auszuwandern, und das hat er dann auch gemacht. Er hat uns aber früh genug Bescheid gesagt, schon im Frühjahr letzten Jahres und hat uns auch bei der Suche nach einem neuen Mann geholfen und ihn sogar auf das Material eingespielt. Das lief alles sehr gut und wir haben mit Tom Kintgen auch den richtigen Mann gefunden. Zu Holger haben wir heute aber noch guten Kontakt. Er führt ein sehr solides Leben und seine Lebensgefährtin erwartet jetzt ein Kind von ihm.



Dann bist ja Du, Rolf, das letzte verbliebene Gründungsmitglied von GUN BARREL, wenn ich das richtig verstanden habe.



Ja, eigentlich schon, aber Toni ist kurz danach in die Band gekommen. Und die anderen Jungs werden jetzt eben auch Originalmitglieder, haha!



Wie hat Euch denn das "Headbangers Open Air" überhaupt gefallen?



Hammer, echt Hammer! Wir hätten nie gedacht, dass wir dort so sehr abräumen würden. Wir hatten unsere Spielzeit um 14 Uhr und hätten alleine schon deswegen nie mit solcher Euphorie gerechnet. Aber das Wetter hat mitgespielt, nämlich genau 45 Minuten. Danach fing der Regen an! Wir wurden sehr gut angenommen und es hat einen Riesenspaß gemacht, gerade auch, weil wir relativ lange von der Bildfläche verschwunden waren.



War denn der Gig in Ankara, wo Ihr 2004 vor fast 2500 Leuten gespielt habt, Euer bisher größter Gig?



Ja, auch, was die Verrücktheit des Publikums betraf. Wir haben dort fast schon ein halbes Rockstar - Leben geführt, haha! Als wir auf die Bühne gingen, wurden auf einmal 5000 Arme hochgerissen und alle riefen nur "Gun Barrel, Gun Barrel…..!!!!!". Und wir hatten niemals vorher dort gespielt! Die Fans kannten alle Texte, haben die Refrains mitgesungen und es war insgesamt Gänsehaut pur! Keine Ahnung, ob die alle nur gebrannte CDs von uns hatten….. hahaha!



Stimmt es auch wirklich, dass bei einer Eurer Autogrammstunden in einem Kölner "Saturn" - Markt mehr Betrieb war als zuvor bei PARADISE LOST, die dort auch eine Audienz abgehalten hatten?



Ja, das wurde uns auch von dem zuständigen Mitarbeiter gesagt. Wir waren vorher auch etwas nervös gewesen, weil wir so etwas noch nie gemacht hatten. Es konnte nur "Top oder Flop" werden, und wir dachten, wir seien dort nach zehn Minuten fertig, aber am Ende sind wir 45 Minuten lang, ohne viel Gerede, nur am Signieren gewesen. Die Leute haben durch den gesamten Laden hindurch Schlange gestanden! Wir konnten das echt nicht fassen, aber es war ein super Erlebnis.



Dann seid Ihr im Raum Köln bekannter als anderswo?!



Ich denke schon, da es unsere Region ist! Wir spielen hier auch sehr viele Konzerte, die in der Regel gut besucht sind.



Was war denn Euer bisher schönstes Tourerlebnis?



Boah, da muss ich echt überlegen. Es gab bisher fast nur peinliche Erlebnisse, hahaha! Zu den schönsten gehörten aber auf jeden Fall der Gig in Ankara, aber auch Wacken. Man weiß vorher nie, wie man im Ausland ankommt und Wacken ist natürlich etwas ganz Besonderes. Dort kann man aber auch Pech haben, wenn gerade ein großer Act auf der Hauptbühne spielt und das Zelt nicht so gut besucht ist. Wir hatten jedoch Glück, und es war bei uns sehr viel los und die Leute waren super drauf! Es waren ca. 50 Grad da drin und ich hatte hinterher sicher fünf Kilo abgenommen, haha! Auch der gesamte Service war klasse. Ach ja, wir hatten aus Versehen den Bass von DESTRUCTION´s Schmier geklaut, bzw. unsere Roadies. Eine unserer Auflagen seitens des Labels und des Veranstalters Holger Hübner war es, "My Last Ale" von "Battle - Tested" zu spielen, in dem Dudelsäcke zu hören sind. Nun hatte die Band, die den Song mit uns eingespielt hatte, SCHELMISH, leider keine Zeit, und so mussten drei Gastmusiker diesen Part erledigen. Die Jungs hatten aber natürlich "fremdes" Material am Start, also nicht das Equipment, das bei uns üblicherweise verwendet wird und das unsere Roadies kennen. Jedenfalls haben die Roadies dann gedacht, der eine Koffer gehöre zu den Dudelsackspielern und haben ihn eingepackt. Dabei war das der Bass von Schmier!



Oh, nee!!!



Natürlich wurde er dann beim Gig von DESTRUCTION schmerzlich vermisst! Die Band war sogar gleich im Organisationsbüro und schaute bei "Ebay" nach, ob das Ding schon zum Verkauf angeboten wurde! Dabei stand er einfach nur bei uns hinten rum, hinterm Zelt. Am anderen Morgen, als ein Roadie die Sache bemerkt hatte, ging er mit dem Koffer ganz treudoof zum Organisationsbüro und dort hätte man ihn beinahe erschlagen, hahaha! Da kann man aber mal sehen, wie gut doch Roadies sind. Und der entsprechende Mann ist immer noch bei uns, haha! Das stand sogar in der Zeitung und es war zuerst schon peinlich, aber das sind im Nachhinein nette Anekdoten, zumal es beim Umbau auf Festivals immer schnell und hektisch zugeht und solche Dinge leicht passieren können. Schmier war aber ganz locker, hat mit unserem Mann sogar noch ein paar Mails getauscht und ihm eine Flasche Whiskey geschickt. Er fand das später auch zum Schießen! Schmiers Bass ist übrigens ein seltenes Stück; eine Sonderanfertigung, die es weltweit nur dreimal gibt. Hätte ihn einer geklaut, dann wäre er stinksauer geworden und darum auch die Aktion mit "Ebay". Mal gut, dass es nicht so gekommen ist!



Ihr habt ja auch angeblich mal Euren Sänger an einer Autobahnraststätte vergessen?!



Ja, das lag uns gerade auf der Zunge, wobei das eher unter "peinlich" einzuordnen wäre. Wir hatten nachts eine Pinkelpause eingelegt, und zehn Minuten später war der Bus wieder unterwegs. Da hat unser Tourmanager noch getönt, wie gut die von ihm geleitete Tour gelaufen sei und dass es nie Ausfälle gegeben habe… und auf einmal kam Holger an und meinte, dass unser Sänger fehle. Da musste der Busfahrer ganz kurzfristig wenden, obwohl wir sicher schon wieder eine halbe Stunde unterwegs waren. Der Fahrer war ein Engländer, der immer gut drauf war und die Sache völlig gelassen gesehen hat. Einer ging nach vorne zu ihm und meinte: "Is it a problem to drive back? We have forgotten our singer!". Wir wären da gleich in Panik gewesen, aber er meinte nur: "No, it´s not a problem!", blinkte und fuhr zurück.



Da Euch ja anscheinend mehr peinliche Erlebnisse einfallen als schöne, frage ich mal anders. Was war denn Euer allerpeinlichstes Erlebnis???



Hahahahaha!!! Das mit dem "peinlich" musst Du nicht so ernst nehmen, denn wir lachen immer über solche Sachen. So ein Scheiß kann echt nur bei GUN BARREL passieren! Lustig war auch Toni in Italien. Er hatte mir den ganzen Tag gegenüber gesessen und eine 0,5er Dose Bier nach der anderen gelehrt. Und bei jedem neuen Bier hat er behauptet, es sei erst sein drittes, auch beim neunten. Das schien er aber geglaubt zu haben, bevor er dann umgekippt ist (Toni aus dem Hintergrund: "Das muss wohl dann doch das vierte gewesen sein!"). Und das war vor dem Gig! Seitdem heißt es bei ihm: erst die Arbeit, dann der Rest! Und da hat er sich seitdem bis jetzt auch dran gehalten. Es muss eine riesige Erfahrung für ihn gewesen sein, hahaha!



Seid Ihr eigentlich alle hauptberuflich Musiker?



Nee, wir haben alle einen regulären Job. Von der Musik können wir leider nicht leben. Das bestätigt aber, dass wir zwar immer gut angekündigt werden, aber am Ende nicht so viel herüberkommt. Wir müssen alle noch unsere 40 Wochenstunden abrackern, bzw. 38,5. Da kommt dann wieder der Tarifheini durch, hahaha!



Eine Sache noch… wie kommt eigentlich so ein Songtitel wie "Fearing The Fear Of My Fears" zustande?



Das ist doch ein lustiges Wortspiel oder nicht?! Überleg mal… den Titel kann man so schön behalten, weil er auf der Platte Song Nummer vier ist, hahaha! Wir lieben einfach solche Wortspiele!




Gun Barrel_1 Rolf Tanzius Toni Pinciroli Xaver Drexler Thomas Kintgen Gun Barrel_2