Interview:

2014-04-10 Golem

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Ganze zehn Jahre lang war es still um die deutschen Death Metal-Pioniere GOLEM, die sich jetzt mit einem äußerst gelungenen Re-Release ihrer ersten beiden Alben „Eternity - The Weeping Horizons“ und „The 2nd Moon“ zurückmelden. Zwar ist Bandgründer, Sänger und Gitarrst Andreas Hilbert zur Idee dieser Wiederveröffentlichung gekommen wie die Jungfrau zum Kind, aber er ist glücklich mit dem Resultat, auch wenn damit vorerst noch keine großen Schatten voraus geworfen werden…Interview Hi Andreas! Wie geht es Euch denn momentan?


Danke, sehr gut (und ich hoffe auch für meine Mitstreiter zu sprechen).


Euer letztes reguläres Album „Dreamweaver“ ist jetzt fast auf den Tag genau zehn Jahre alt. Was ist seit der Veröffentlichung dieses bei Presse und Fans gleichermaßen hoch gelobten Albums alles passiert?


Nachdem wir unsererseits viel daran gesetzt hatten, den Nuclear Blast-Veröffentlichungswind zu nutzen, kam mit der Zeit natürlich auch die Frage auf, wie wir auf das insgesamt eher verhaltene Echo reagieren. Wir spielen definitiv gerne live, aber es muss dafür ja auch eine frische musikalische Botschaft geben. Es stellte sich also die für uns essentielle Frage, was wir nach „Dreamweaver“ denn so im Allgemeinen zum Thema Death Metal noch zu sagen haben. Über die Jahre hat sich dann der etwas pragmatische Ansatz herausgebildet, dass wir das Rad wohl eher nicht ganz neu erfinden, aber durchaus noch Musik in unserem Kopf haben, die es Wert ist gespielt zu werden. Zugegebenermaßen hat das Tempo dabei etwas nachgelassen, und der Nichtmusikerteil des Lebens fordert ja ab und wann auch etwas mehr Beachtung. Leider finden wir uns damit im Jahre 2014 ohne Schlagzeuger wieder, was das Musikerleben auch nicht gerade aufregender macht.


Warum habt Ihr Euch gerade jetzt entschieden, Eure ersten beiden Alben „Eternity - The Weeping Horizons“ und „The 2nd Moon“ erneut zu veröffentlichen anstatt ein neues Studioalbum anzugehen?


Wir haben uns eigentlich gar nicht aktiv für diesen Schritt entschieden. Rico von FDA Rekotz hat mich bei einer Recording-Session mit GOREGAST mal darauf angesprochen. Da wir des Öfteren Anfragen nach den alten Sachen bekommen haben, erschien uns die Idee als durchaus sinnvoll, zumal von den damaligen Labels auch kein Nachschub zu erwarten war. Die Wiederveröffentlichung ist also ein ganz eigenständiges Ding, ein Geschenk an Sammler, Vinyl- und Geschichtsinteressierte. Eine ähnliche Idee gab es übrigens schon zu Zeiten der „Dreamweaver“-Veröffentlichung, diese wurde aber wegen mangelnder kommerzieller Durchschlagskraft seitens Nuclear Blast schnell ad acta gelegt.


Was war der Grund, warum beide Alben zum Zeitpunkt ihrer Erstveröffentlichung nicht auf Vinyl erschienen? Lag es an den „vinylfreien“ 90er Jahren?


Ich denke, das trifft es ziemlich gut. Ich muss auch gestehen, dass ich selbst gar kein Vinylsammler bin und es deshalb auch nie wirklich vermisst habe. Wären die Alben wirklich richtig gut gelaufen, hätte es da aber sicher auch Verwertungsideen seitens der Label gegeben. Wir haben ja auch selbst eher daran gedacht, dass sich Leute die Musik tatsächlich anhören sollen. Meine LPs schütze ich eher vor Plattenspielernadeln und hab mir bei Bedarf die digitalen Versionen zugelegt. Ich sehe das dann auch eher als ein besonderes Sammlerstück, von Alben, die durch tatsächliches Dauerhören einen entsprechenden Status erreicht haben. Da hätten wir uns damals sowieso nicht direkt einsortiert, hehe.


Beide Alben erscheinen ebenfalls als Re-Releases in einer Doppel-CD-Compilation, was den Fans sehr entgegenkommt, da man zwei Alben zum Preis von einem bekommt. War es Euer Plan, ein solch fanfreundliches Paket zu schnüren?


Na, wir hoffen doch mal ganz stark, dass es fanfreundlich ist. Geld haben wir sowieso nicht im Sinn, möge es reichen, dass der Rico auch weiterhin coole Musik unterstützen und raus bringen kann!


Wenn man diesem Doppelpack überhaupt etwas vorwerfen kann, dann die Tatsache, dass gegenüber den Originalveröffentlichungen keinerlei Bonustracks zu finden sind. Gibt es keine unveröffentlichten Songs mehr von GOLEM?


Bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt. Deshalb haben wir auch gar nicht daran gedacht, irgendwelche neuen Sachen an dieser eher historischen Stelle unterzubringen. Und wirklich unveröffentlichtes Material gibt es aus dieser Zeit auch nicht, oder es existieren keine annähernd brauchbaren Aufnahmen. Man hätte noch das ein oder andere Stück von den vorangegangenen Demos entstauben können, aber das auch sonst aufregende Leben hatte wohl etwas dagegen.


Als Du die Aufnahmen remastert hast, hast Du da ständig daran denken müssen, was man seinerzeit an den Songs und dem Sound hätte besser machen können? Und wie viel wurde jetzt im Nachhinein klangtechnisch optimiert?


Für mich war das wohl der interessanteste Aspekt an diesem Projekt. Zum Glück existieren keine originalen Mehrspuraufnahmen mehr, da wäre ich vielleicht sogar versucht gewesen, an den Mixen zu arbeiten. Natürlich merkt man da an allen Ecken und Enden, mit wie wenig moderner Technik man dort eine ganze Menge an „Mehr“ zaubern kann. Aber es kann ja niemand behaupten, dass wir damals nicht viel versucht hätten, ein optimales Klangbild hinzubekommen. Und Soundfetischisten waren wir schon immer, wenn auch nicht unbedingt von der üblichen Art. Schlechte Gefühle deswegen hatte ich dabei jedenfalls kaum, eher im Gegenteil. Ich habe mich sogar ein ganzes Stück zurückgenommen, um den alten Charme nach Möglichkeit zu erhalten, natürlich so, dass es in modernen Ohren nicht allzu doll weh tut. Es geht schließlich überhaupt nicht darum, mit zeitgenössischen Produkten zu konkurrieren.


Ein besonderes Anliegen scheint Dir auch nach so vielen Jahren das neue Cover-Artwork gewesen zu sein, das die Compilation ziert. Auf Eurer Homepage hast Du Dich zumindest über die ursprüngliche (und wirklich erheiternde!) Verpackung von „Eternity – The Weeping Horizons“ beschwert. Bist Du zufrieden mit der Arbeit von Mark Cooper?


Ich bin wirklich sehr zufrieden, auch wenn das überhaupt nicht meine Expertise ist. Es schlägt ein bisschen in die VOIVOD-Richtung, was uns nur allzu recht sein kann. Wir sind jedenfalls sehr froh, dass Rico uns diesen Vorschlag unterbreitet hat, mit den gängigen Klischees können wir leider (zumindest im Selbstbezug) nur sehr wenig anfangen. Auch hoffe ich natürlich persönlich, damit endlich mal diesen schlimmen Majewski mit seinen Friseusen von der ansonsten gar nicht peinlichen „Eternity…“ trennen zu können.


Ihr gehört nicht nur zu den Pionieren der deutschen Death Metal-Szene, sondern wurdet in der Vergangenheit auch gerne mal als die „deutschen CARCASS“ bezeichnet. War ein derartiger Vergleich eher Fluch oder Segen für Euch?


Wenn ich an meine eigene Teenager-Zeit denke, muss das nicht unbedingt nur Fluch sein. Man packt da ja ganz gerne Sachen zur besseren Sortierung in kleine Schublädchen, hehe. Als Künstler (und das denken wir ja alle ganz gerne, dass wir welche sind) tut das natürlich ein bisschen weh, da es den eigenen Anteil an der Erschaffung ebenfalls mit dem Vorwurf des Plagiats überzieht. Natürlich können wir locker die ganzen Parallelen erkennen, können zu vielen Passagen auch genau die entsprechenden Inspirationen verlesen. Hätten wir etwas großräumiger „gewildert“, wäre das auch nie dermaßen breitgetreten worden, aber wir fühlten uns eben jenem Stil sehr verpflichtet. Wir denken natürlich trotzdem, dass wir da etwas Eigenes mit entsprechender Existenzberechtigung geschaffen haben und dafür können wir ebenso Beweise in Hülle und Fülle zitieren. Die Emanzipation ist uns letztendlich aber ganz gut gelungen und wurde auch angemessen gewürdigt. Kein Grund also, wegen irgendwelcher Kategorisierungen nachtragend zu sein.


Wie erlebt Ihr die (Death-) Metal-Szene heute? Gibt es jüngere Bands, die Euch faszinieren? Und welche sind das?


Man glaubt manchmal gar nicht, wie „alt“ man erst werden muss, um zu erkennen, wie konservativ diese Szene in vielen Teilen zu sein scheint. Aber daran kann man vielleicht auch einfach sehen, wie sehr Metal im Mainstream angekommen ist und maximal noch als Großmutterschreck herhalten kann, Just-for-Fun mit „Veränderung-ist-schlecht“-Attitüde. Andererseits tut man damit vielen Bands Unrecht, denn tatsächlich ist musikalisch sehr viel passiert, so dass man sich kaum noch Sorgen um den eigenen Platz im ganzen Zirkus machen muss. Vor allem handwerklich ist heute Vieles erste Sahne, die Ansprüche sind da mittlerweile enorm. Trotzdem muss die Frickelolympiade nicht das Maß der Dinge sein, Musik bietet so viel mehr. Gerne würde ich jetzt auch eine junge Band promoten, aber meine letzte dauerhaft ehrlich geliebte Neuentdeckung waren T.O.O.H. - nachdem sie sich das erste Mal aufgelöst hatten – und in unserem Alter dürften die auch sein, hehe. Das alles soll aber nicht heißen, dass ich die Szene nicht für sehr gesund halte – es dürfte aber nicht allzu leicht sein, die Väter (zumal sie oft auch geiles, durchaus entwickeltes Zeug raushauen) los zu werden. Es gibt da einiges cooles Zeug, was definitiv mehr Beachtung verdient! Also stoßt endlich die ganzen Opis vom Thron!


Wann können wir denn mit einem neuen GOLEM-Album rechnen? Und wird man GOLEM in absehbarer Zeit auch wieder auf der Bühne sehen können? Gibt es diesbezüglich Pläne?


Dass der Eric nicht mehr trommelt, hat ja noch nicht so die ganz große offizielle Runde gemacht, mittlerweile kann man aber davon ausgehen, dass er nicht derjenige sein wird, der das nächste Golem-Album einspielt (leider!). Das macht auch die Sache mit den Konzerten momentan etwas schwierig. Aber positiv betrachtet zwingt uns das, einen echten Plan für die Zukunft unseres musikalischen Schaffens zu entwerfen. Und machen wir uns nichts vor, wir haben auch ohne diese Band genug Interessantes in unseren jeweiligen Leben zu tun, so dass ein neues Album alles andere als wahrscheinlich ist. Material gibt es allerdings, und ich behaupte mal frech, nicht zu knapp. Was damit passiert, wissen wir momentan selbst noch nicht so genau.


Hast Du noch ein paar letzte Worte für Eure Fans?


Supergeil, dass wir ein paar Leute mit unserer Musik verzaubern durften und die große Ehre, ernsthaft als Inspiration herzuhalten, ist uns auch nicht verwehrt geblieben. Dafür, dass wir uns auf diese Art und Weise musikalisch verewigen durften, sind wir aufrichtig dankbar. Wir hoffen, Euch alsbald mal wieder von der Bühne aus anschreien zu dürfen!



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