Interview:

2016-06-07 Gojira

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In ein paar Tagen veröffentlichen GOJIRA ihr sechstes Album ‚Magma‘. Grund genug, um sich mit Drummer Mario Duplantier für ein Gespräch über selbiges Werk zu treffen.Interview

Was bedeutet Musik im Allgemeinen oder Metal im Speziellen für dich? Und wie drückt sich das in eurer Musik aus?

Wir haben die Band vor 20 Jahren gegründet. Ich verändere mich stetig und weiß, dass wenn ich heute Schlagzeug spiele, es eben nicht mehr um das Shirt, das man trägt oder die Länge der Haare geht. Es geht um etwas anderes. Darum, am Leben zu sein, um die Kraft der Musik. Um die Rhythmen, die Emotionen hinter den Riffs, hinter den Drums. Es ist ein wenig abstrakt, aber ich fühle mich nicht wie ein Metalhead, weil ich mein Schlagzeug sehr laut spiele, sondern weil ich mich dabei frei fühle und Grenzenlos.

 

Euer neues Album ‚Magma‘ wird bald veröffentlicht. Kannst du das Album in einem Satz zusammenfassen?

Ich würde sagen, es ist direkt auf den Punkt gebracht, vulkanisch und emotional.

 

Was meinst du mit ‚vulkanisch‘?

Wir haben das Album ja ‚Magma‘ genannt und es gibt viele verschiedene Bedeutungen des Titels, aber um etwas genauer zu werden: ich erinnere mich mit meinem Bruder gejammt zu haben und wir haben diesen Riff zusammen gespielt. Ich schloss meine Augen, war in mein Schlagzeugspiel vertieft und das Gefühl, dass ich von diesem Riff bekommen habe war so cool dass ich ich meine Augen wieder geöffnet und meinem Bruder gesagt habe: „Das wird ein guter Song, ich hab ein gutes Gefühl bei dem Riff. Wir sollten einen Song um diesen Riff herum machen.“ Das war der erste Riff des Songs ‚Magma‘. Dann haben wir diesen Übungsraum wo wir den Ideen Arbeitstitel geben. Und ich erinnere mich wie ich dieser Idee direkt dem Namen ‚Magma‘ gab, weil es klang nach Magma, nach einem Vulkan. Ich konnte das Magma sehen, als der Riff gespielt wurde. So blieb der Arbeitstitel stehen und am Ende nannten wir das Album dann auch so.

Hinzukommt, dass wir in den letzten vier Jahren so viele verschiedene Erfahrungen gemacht haben: wir wurden Väter, verloren unsere Mutter, wir sind viel getourt und haben die Welt bereist. So viele verschiedene Gefühle – Trauer, Freude. Gute Momente, schlechte Momente. All das haben wir verarbeitet, während wir das Album geschrieben haben. Also ist Magma das perfekte Symbol für unseren Geisteszustand und das Gefühl, das wir in diesem Moment hatten.

Wie seid ihr diesmal an das Songwriting herangegangen? Habt ihr etwas anders gemacht als zuvor?

Ja, so einiges. Einer der wichtigsten Unterschiede ist wohl, dass wir das Album nicht in Frankreich geschrieben haben, sondern in New York und auf der Straße. Ich würde sagen, dass so etwas Neues und Frisches reinkam und die Routine gebrochen wurde. Es war schön, einfach mal woanders Songs zu schreiben.

Wir haben außerdem beschlossen, die Grenzen zu verschieben. Denn du musst wissen, wenn du ein Musiker bist und ein Album schreibst, dann begleitet es dich für die nächsten zwei oder drei Jahre. Wir fanden es sehr wichtig, dass die Stimmung des Albums auch zu unseren Erfahrungen und unserem Alter passt – wir sind schließlich keine 20 mehr. Also geht es auch darum, was wir die nächsten Jahre spielen wollen, womit wir leben wollen. Ehrlich gesagt ist es auch leicht für uns dunkle Musik zu schreiben, denn wir lieben dunkle Musik. Aber wir wollten dieses Mal noch etwas anderes rein bringen – wir selbst sind ja auch nicht nur düster. Insofern ist Magma ausbalancierter, erwachsener.

Außerdem haben wir jedem Detail des Albums sehr viel Aufmerksamkeit gewidmet. Der Dynamik z.B., den Variationen, der Geschwindigkeit, den Texten. Jedes Detail der Musik hat einen Sinn bzw. einen Zweck. Und um ehrlich zu sein: auf den vorherigen Alben haben wir so nicht gearbeitet. Es war spontaner. Wenn man z.B. einen Riff über zwei Minuten spielen wollte hat man das gemacht. Auch wenn es vielleicht etwas zu lang war. Dieses Mal haben wir über eine Woche nur darüber geredet, wie lang man einen Riff spielen soll.

 

Hat es dann auch wesentlich länger gedauert, ‚Magma‘ aufzunehmen?

Nicht die Aufnahme, aber das Schreiben der Songs. Auch wenn es stimmt, dass wir uns mehr Zeit genommen haben, den Gesang aufzunehmen. Das war eine der Herausforderungen dieses Albums. Die Instrumente aufzunehmen ist immer fast der gleiche Prozess: du hast einen Song und versuchst ihn bestmöglich zu performen. Aber mit dem Gesang fügt man die Seele, die Stimmung und Poesie des Albums hinzu. Verglichen mit dem letzten Album hat Joe auch viel Zeit damit verbracht, den Gesang wieder und wieder aufzunehmen, wenn er nicht perfekt war. Außerdem hat er den klaren Gesang mit hinein gebracht, was für ihn recht neu war. Und in der Tat war es eine große Herausforderung für ihn. Er hat auch alles allein gemacht – ohne fremde Hilfe.

 

Würdest du der Aussage zustimmen, dass das Schreiben der Texte der komplizierteste Teil des Songwritings ist?

Nein. Manche Texte entstehen ganz plötzlich. Joe schreibt ja die Lyrics allein, das sind allein seine Texte. Und eines Nachts z.B. – er mag es sehr, in der Nacht zu schreiben – war er sehr inspiriert. Als ich ihn am nächsten Tag traf, hatte er den Song fertig geschrieben. In nur einer Nacht. Andererseits kann der ganze Prozess des Schreibens auch schon mal einen Monat dauern. Also kann es beides sein. Manchmal geht es leicht von der Hand und manchmal ist es sehr schwierig.

 

Gibt es ein Konzept hinter den Songs auf ‚Magma‘?

Es ist kein Konzeptalbum und in sich sehr spontan. Es ist eigentlich ein einfacher Prozess: wir nehmen die Elemente die in uns drin sind veräußerlichen diese vermittels unserer Kunst. Also hat es kein wirkliches Konzept. Aber dieses Magma-Bild betont die Bewegung, das vor und zurück, das Innere und das Äußere – alles vereint. Es ist wie ein Sturm in uns drin. Wahr ist aber, dass wir in bestimmter Weise im Inneren brannten – wegen der Dynamiken unserer Beziehungen und Verhältnisse.

 

Also hattet ihr auch keinen konkreten Plan oder eine eindeutige Richtung, in die ihr mit ‚Magma‘ gehen wolltet?

Nein, den hatten wir nicht.

 

Ihr habt euch einfach hingesetzt und losgelegt.

Genau. Wir hatten so ein Gefühl. Denn wenn du ein Album veröffentlichst, das ist sehr interessant, hörst du es dir an und sagst dir: „nächstes Mal machen wir oder mache ich es so und so.“ Als wir ‚L‘enfant Sauvage‘ veröffentlicht haben dachte ich mir dann auch: “Dieser Part ist zu lang. Und diesen brauchen wir nicht. Also geh’ nächstes Mal sicher, dass es perfekt wird.“ Und zum ersten Mal bin ich sehr zufrieden mit dem neuen Album. Aber es ist immer noch sehr spontan. Du gibst in dem entsprechenden Moment einfach dein Bestes. Auch wenn man natürlich aus der Vergangenheit lernt und wir uns reifer fühlen in Bezug auf das Songwriting.

 

Was würdest du sagen ist der musikalisch wichtigste Unterschied zwischen ‚Magma‘ und euren früheren Veröffentlichungen?

Wahrscheinlich wird ‚Magma‘ die Extreme-Metal-Fans überraschen, da es weniger Death-Metal-Elemente enthält. Man kann hören, dass wir viel verschiedene Musik aus verschiedenen Genres hören. Der Song ‚Magma‘ z.B. kommt von irgendwo anders her – ich weiß nicht wo genau. Wir haben so viele verschiedene Einflüsse. Aufgewachsen sind wir mit Mike Oldfield, The Beatles und Led Zeppelin. Insofern ist das neue Album auch nah an unseren Wurzeln, aber es passt besser zu unserem heutigen Charakter.

 

Alles klar, das wäre es soweit von mir. Ich danke dir vielmals. Gibt es noch etwas, dass hinzufügen möchtest?

Vielen Dank für das Interview.