Interview:

2008-04-25 Exciter

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In unserer sehr schnelllebigen Zeit ist man froh, wenn es unerschütterliche Eckpfeiler gibt an denen man sich orientieren kann. Einer dieser Pfeiler sind mich Sicherheit die unverwüstlichen Speed Urväter von EXCITER. Anlässlich des superben neuen Werkes "Thrash Speed Burn" war ein Gespräch mit Szeneurgestein John Ricci mehr als Pflicht.InterviewHi, erstmal Glückwunsch zum neuen Album. Für mich klingt es nach typischem, traditionellen EXCITER Stoff, oder siehst du das anders?



Weißt du, als ich die Songs für dieses Album schrieb', wollte ich die Wurzeln von EXCITER berücksichtigen. Ich bin sehr glücklich über das tolle Feedback welches wir in Form von Reviews von überall her bekommen. Das Album klingt sehr oldschoolig und die Songs sind auch aus einem sehr 80er lastigen Blickwinkel heraus geschrieben worden. Es ist ein großartiges Speed Metal Album geworden zu dem man wunderbar seinen Kopf schütteln kann. Es ist im Prinzip genau das, was der Titel („Thrash Speed Burn“) verspricht.



Stimmt, der Titel past perfekt. Es ist außerdem der Beginn einer neuen Ära für Exciter. Was ist der größte Unterschied zwischen eurem alten Sänger Jaques und seinem Nachfolger Kenny?



Ähm, aus musikalischer Sicht oder persönlich?



Beides. Ich denke, dass es sehr viel einfacher ist mit Kenny zu arbeiten, als mit Jaques klazukommen.



Nun ja, Kenny geht sehr viel mehr aus sich heraus, er hat viel mehr Spaß bei der Sache und er ist einfach auf der Bühne präsenter. Es stört ihn auch nicht so richtig zu schreien, was für ein Band wie EXCITER sehr wichtig ist. Mit Jaques hatten wir das Problem dass wir ihn ständig dazu ermutigen mussten mehr zu schreien, da er immer Angst davor hatte seine Stimme zu schädigen. Kenny hat viel mehr Gefühl in der Stimme, wenn er singt. Jaques war mehr ein Techniker. Alles in allem ist Kenny viel relaxter. Er ist auch extrem motiviert mit Exciter Erfolg zu haben. Er widmet sich EXCITER voll und ganz. Alles in allem gibt es eine Menge an Positivem, seit Kenny in der Band ist.



Ich habe auch den Eindruck, dass Kenny im Gegensatz zu Jaques viel mehr ein Fan der Musik ist, welche EXCITER machen. Ist das so?



Ja, das glaube ich auch. Ich meine Jaques war sich der ganzen Geschichte Exciters durchaus bewusst, aber Kenny legt mehr Herzblut in die Band. Das Zeigt sich nicht nur bei seinen Gesangsparts, sondern auf bei seinem Bühnengebaren. Vor einem Monat haben wir in Spanien gespielt und davon sind einige Ausschnitte bei youtube gelandet, wo man deutlich erkennen kann, dass Kenny sehr viel mehr die Nähe zum Publikum sucht.



Oh, da werde ich mal ein Blick riskieren müssen. Ich mag Kennys Stimme wirklich sehr, allerdings ist mir beim Hören des Albums das Gleiche aufgefallen, was auch dem Kollegen vom Heavy Magazin aufgestoßen ist: Der Gesang klingt mitunter recht in den Hintergrund gemischt. Auf den alten Alben mit Jaques hingegen war der Gesang recht dominant.



Wir haben das absichtlich gemacht, wir wollten diesen "Heavy Metal Mix". Wir wollten nicht, das der Gesang wie bei den vorhergehenden Platten so im Vordergrund ist. Wir waren einfach der Meinung, dass es so besser klingt. Wir können gut damit leben, denn ich denke nicht, dass Kenny im Mix untergeht, es ist eben nur ein wenig anders als früher.



Nun zu etwas anderem. EXCITER gibt es nun schon genauso lange wie mich. Du hast EXCITER vor 30 Jahren mitbegründet bzw. den Vorläufer HELLRAZOR schon ein paar Jahre früher. Was treibt dich immer noch an und wie schaffst du es in diesem trendverseuchten Business dir und EXCITER immer treu zu bleiben? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es das Geld ist?



Nein, es ist wirklich nicht das Geld (lacht). Ich sage jedem, dass wir berühmt sind, allerdings berühmt und mittellos. Ich denke es ist einfach die Leidenschaft diese Musik zu spielen. Wenn ich mir überlege, dass ich nicht in EXCITER spielen würde oder überhaupt keinen Heavy Metal machen würde, dann wäre mein Leben einfach nicht komplett, es würde was Essentielles fehlen. Es spiegelt sich auch eine Menge Frustration in unseren Songs wieder. Wir sind leider nie so Erfolgreich geworden, wie wir uns das vorgestellt haben. Es gibt eine ganze Reihe Bands, welche erst nach uns angefangen haben, uns aber schnell erfolgstechnisch überflügelten. Diese Frustration hört man auch in unserer aggressiven Musik.



Das bringt mich zur nächsten Frage: Für mich sind EXCITER aus musikalischer Sicht pure Aggression. Du scheinst ja ein sehr netter und umgänglicher Typ zu sein. Fällt es dir schwer immer wieder die für EXCITER notwendige Aggression heraufzubeschwören? Nach all diesen Jahren.
Normalerweise werden Menschen ruhiger und entspannter, nur EXCITER sind so bissig wie eh und je.




Viele Bands sind wirklich heavy, wenn sie anfangen, aber im Laufe der Zeit werden sie melodischer, beginnen zu experimentieren und sich „weiter zu entwickeln“. Daran glaube ich nicht.
Mein größter Einfluss was musikalische Heavyness und Aggression angeht sind MOTÖRHEAD. Seit den 70er Jahren haben sich MOTÖRHEAD nicht verändert. Egal ob du auf ein Konzert gehst oder dir eine Platte anhörst. MOTÖRHEAD sind und bleiben MOTÖRHEAD. Und genau das stellt die Fans aber auch zufrieden. MOTÖRHEAD sind so was wie mein Mentor. Man kann die Aggression nicht weglassen, man muss hinter dem stehen, was man tut. Damit etwas gut klingt muss es einfach von Herzen kommen.



Aber selbst in der Historie von EXCITER gab es ein paar Experimente. Besonders auf den Alben, auf denen du nicht gespielt hast. („Unveiling the Wicked“, „OTT“). Sind diese beiden Platten richtige EXCITER Scheiben für dich?



Ich mag diese beiden Platten nicht wirklich. Aber das ist nur meine persönliche Meinung. Wenn man die Musik für sich nimmt, so war das natürlich gute Musik, nur der Gitarrist der mich ersetzte (Brian McPhee), welchen ich übrigens sehr gut kenne, hat ein sehr viel melodischeres Spiel, als ich. Seine Roots liegen nicht im Heavy Metal. Er gab sein Bestes um mit der ihm größtmöglichen Aggression zu spielen, allerdings klang es doch ziemlich anders, wie die Sachen welche ich vorher gespielt habe. Was einfach an der doch sehr unterschiedlichen Stilistiken lag. Als diese Alben 'rauskamen haben sie Fans natürlich als EXCITER Alben angesehen, immerhin waren Dan Beehler (Vocals, Drums) und Allan Johnson (Bass) nach wie vor in der Band. Und gerade Dans Drums und sein Gesang waren auch ein wichtiger Identifikationspart bei EXCITER. Trotzdem fehlte ein weiteres wichtiges Element auf diesen Alben. Das mag mit ein Grund sein, warum sich dieses Line-Up '88 auflöste. Ich will diese Alben nicht schlecht machen, aber zu den echten EXCITER Scheiben zähle ich sie nicht.



Da du gerade Allan und Dann erwähnst. Ich habe gesehen, dass BEEHLER (feat. Allan Johnson) auf dem diesjährigen Headbangers Open-Air spielen. Und sie werden wohl hauptsächlich alte EXCITER Songs spielen. Macht das irgendeinen Sinn?



Weißt du, ich wünsche den beiden viel Glück bei dem was sie machen. Gerade in den Anfangstagen von EXCITER hatten sie an dem Erfolg den wir hatten den gleichen Anteil wie ich. Klar, werden sie viele EXCITER Songs spielen, was aber auch vollkommen in Ordnung ist, da diese Songs genauso Allan und Dan gehören. Ich war ja nicht der alleinige Songwriter. Wir haben diese Songs zusammen geschrieben. Eigentlich bin ich sogar froh, dass Dan das durchzieht, denn es nimmt Druck von ECXITER. Dauernd werden wir gefragt: "Wo ist Dan Beehler?", "Wann macht ihr die Reunion Tour / Album?" etc. Aber ich habe Null Interesse daran jemals wieder mit Dan in einer Band zu spielen. Ich bin froh, dass er sein eigenes Ding macht. Er kann jeden EXCITER Song spielen auf den er Bock hat. Er sollte uns eben nur nicht im Weg sein.



Das ist eine sehr entspannte Einstellung. Ihr habt ja auch einen Labelwechsel hinter euch. Seid ihr zufrieden mit Massacre Records?



Unsere Beziehung steht ja noch am Anfang, aber bis jetzt sind wir sehr zufrieden. Massacre sind im Gegensatz zu Osmose mehr ein klassisches Metallabel. Wir waren 10 Jahre bei Osmose. Sie haben uns, glaube ich, '95 unter Vertrag genommen. Ich wusste damals nicht viel über dieses Label. Nach einiger Zeit fand ich heraus, dass sie ihren Schwerpunkt eher im Death Metal Bereich hatten. Aber damals waren wir froh überhaupt einen Deal zu bekommen. Niemand interessierte sich damals für EXCITER. Wir waren gerade in unserer Umstrukturierungsphase. Aber was passierte war, dass Osmose im Laufe der Jahre im weniger in Promoarbeit für EXCITER investierten. Für uns war das der Hauptgrund um uns nach einem neuen Vertragspartner um zuschauen. Massacre machten uns ein tolles Angebot. Und soweit sind wir auch sehr zufrieden. Mal sehen wie die Scheibe laufen wird. Allerdings haben wir schon sehr hohe Vorbestellungen für das Album. Vor dem Veröffentlichungsdatum wurden schon 5717 Exemplare bestellt. Anlässlich dieser Zahl sind wir schon mal richtig happy.



Das klingt doch richtig gut. Wünsche euch auf jeden Fall viel Glück mit der neuen Scheibe!



Danke schön.



Wenn man euch mit anderen frühen kanadischen Bands wie ANVIL oder RAZOR vergleicht, welche auch Trends gesetzt haben, fällt auf, dass ihnen auch wenig Erfolg beschieden war. Liegt es vielleicht daran, dass diese Bands eben aus Kanada kommen und nicht aus den Staaten?



Die kanadische Musikindustrie unterstützt einheimische Acts nicht besonders. Schon gar nicht, wenn sie aus dem Metalsektor stammen. Sie verstehen einfach nicht worum es bei Heavy Metal überhaupt geht. Und das Ergebnis davon ist, dass wir nie großartigen Support hier in Kanada hatten.
Was sehr traurig ist. ANVIL, wir und auch RAZOR mussten sich immer abstrampeln, damit wir ein wenig Aufmerksamkeit in unserem eigenen Land bekommen. Das ist auch der Grund warum ANVIL und wir, die Jungs von RAZOR kenne ich nicht wirklich gut, immer nach Europa kommen um dort zu touren. Die Europäer empfangen uns jedes Mal herzlich und mit offenen Armen, während man sich hier richtig den Arsch aufreißen muss um einen einzigen Gig an Land zu ziehen.
Kanada ist ein toller Platz zum Leben, aber die Hölle wenn man eine musikalische Karriere anstrebt.



Wenn man nicht gerade RUSH heißt.



Eben. Wobei RUSH auch eine andere Art von Musik machen. Sie sind ist viel kommerzieller und sie bekommen auch viel Radiosupport. RUSH sind kanadische Volkshelden. Aber ist man auf einem Level wie EXCITER, wird man hier schlich ignoriert.



So etwas ist wirklich sehr traurig.



Ja wirklich (lacht gequält)



Ich habe gesehen, dass ihr für das ROCK HARD OPEN AIR bestätigt seid. Sind darüber hinaus noch andere Festivals oder gar eine Tour geplant?



Abgesehen vom ROCK HARD, wo wir am 10.5. spielen werden, arbeiten wir an einer zweiwöchigen Tour, welche im Oktober stattfinden wird. Wahscheinlich vom 10.10. bis zum 25. 10. Allerdings ist noch nichts bestätigt. Aber wir werden diesen Herbst auf jeden Fall nach Europa kommen.



Da freue ich mich schon drauf.
Ein letzte Frage hätte ich noch: Es halten sich immer noch hartnäckig die Gerüchte, dass du auf WHITE ZOMBIES „Making you die slowly“ gespielt hast. Ich weiß, dass das nicht stimmt. Weißt du woher die Gerüchte kamen?




Klar. Was damals schlicht passierte war, dass der Gitarrist, welcher auf diesem Album spielte zufällig den genau gleichen Namen hat, wie ich. Naja, und die Leute dachten eben dass es keine zwei Heavy Metal Gitarristen namens John Ricci geben könne. Das ist alles.



So, hast du noch ein paar finale Worte für eure Fans in Europa?



Die Fans halten uns am Leben, sie unterstützen uns nun schon Jahrzehnte, gerade europäische Fans sind da sehr treu. Und wir sind unendlich dankbar solche Fans zu haben. Die ganzen Reaktionen, die wir aus Europa, ja der ganzen Welt bekommen ist der Stoff der uns immer weiter antreibt. Es ist ein wichtiger Faktor damit die Maschine weiter läuft. Ich möchte mich einfach nur noch mal bei den Fans in der ganzen Welt bedanken, dass sie so mit Herzblut bei der Sache sind. Manchmal bin ich einfach nur von den Reaktionen, die wir bei Konzerten erhalten überwältigt. Wie ich vorher schon kurz erzählte, waren wir gerade in Spanien, wo die Fans zwischen jedem Song EXCITER Sprechchöre anstimmten. Sie waren so laut, dass wir gar nicht anfangen konnten den nächsten Song zu spielen. Sie rasteten total aus. Wir waren absolut überwältigt. Und auch nach all diesen Jahren sind wir immer noch sehr dankbar. Wir sehen diesen Support keineswegs als selbstverständlich an. Dieses Gefühl der Dankbarkeit möchte ich einfach mit allen teilen.



Vielen Dank für dieses Interview und alles Gute für die Zukunft.



Gern geschehen und danke für das Interesse in EXCITER. Wir sehen uns im Herbst.