Interview:

2012-03-05 Biohazard

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Anfang 2012 kamen BIOHAZARD im Rahmen der Persistence Tour nach Deutschland, die mit den SUICIDAL TENDENCIES als Headliner durch Europa tourte. Zeit genug, Billy Graziadei ein paar Fragen zu der Band und den Neuigkeiten der letzten Monate zu stellen.Interview

Hallo Billy! Ich freue mich, dass Du vor Eurem Auftritt bei der Persistence Tour noch Zeit für ein Interview hast. Ich kenne BIOHAZARD schon rund 20 Jahre. Als vor einiger Zeit die Reunion in der Originalbesetzung bekanntgegeben wurde, die Reunion Tour folgte, war ich begeistert, wie viele andere auch. Ihr habt dann an einem neuen Album gearbeitet und 2011 den Release angekündigt. Nun erscheint das Album im Januar 2012, aber Basser und Sänger Evan Seinfeld, ist schon nicht mehr dabei. Ist das nicht eine kleine Katastrophe?



Ich denke, dass es uns als Band nicht so sehr schockierte, wie alle anderen und die Medien. Nach unserer Tour und den Arbeiten an dem Album hatte Evan Seinfeld wichtige persönliche Gründe, um aus der Band auszusteigen, was er uns dann mitteilte. Der Rest der Band wollte natürlich weitermachen, so dass wir ohne ihn nun die Band fortsetzen.



Hast Du nicht versucht ihn zu überzeugen, dass er unbedingt in der Band bleiben muss?



Hey, wir sind keine Kinder mehr. Er ist ein erwachsener Mann. Er hat eine Entscheidung getroffen, die er gut überdacht hat. Er hat persönliche Gründe, die man respektieren muss. Es ist, wie es ist. Scheiße passiert und man muss damit klar kommen. So ist das Leben.



Kennst Du den persönlichen Grund? Hat er ihn Dir mitgeteilt?



Ja, ich kenne ihn. Es ist aber eine persönliche Sache.



Ich dachte ja zuerst, er ist müde von der Band, hat keine Lust mehr auf Musik und das Tourleben. Dann habe ich etwas gegoogelt und rausgefunden, dass er schon in einer neuen Band namens ATTIKA 7 aktiv ist. Er macht also weiter mit dem Leben als Musiker. Da war ich dann doch etwas irritiert.



Ich weiß das. Lass mich das Thema mal so beantworten: Ich bin froh, hier zu sein. Mein Herz steckt in der Band und wird immer dort sein. Er hat seine Wahl getroffen, nicht mehr dabei zu sein. Das ist seine Entscheidung. Wir sind happy über das neue Album sprechen zu können und auf Tour zu sein. Scott ist dafür wieder in der Band, ein großartiger Kumpel. So ist es.



Ok, reden wir mal etwas über die Zukunft. Scott Roberts ist wieder zurück in der Band. Er war schon einmal Ersatzmitglied für Gitarrist Bobby, nun ist er als Basser zurück.



Genau. Bobby ist ein eingefleischter Hardcorefan, der mit hohem Einsatz bei der Sache ist. Wir sind froh ihn dabei zu haben. Er passt zu uns sehr gut.



Das neue Album habe ich mittlerweile auch schon hören können, und ich denke, es ist wirklich ein sehr gutes Album geworden. Auch die zweite Hälfte des Albums überzeugt durch starke Songs. Was kannst Du zum Album sagen aus Deiner Sicht? Wie entstehen bei Euch die Songs?



Bei uns gibt es kein festgelegtes Schema, wie ein Song entsteht. Einer kommt mit einem Riff, dann jammen wir es zusammen im Proberaum, versuchen mal dies und mal das. Jeder trägt seine Ideen dazu bei. Wenn wir einen Song fertig haben, spielen wir ihn auch manchmal live, so z.B. bei "Vengeance Is Mine". Das haben wir auf Tour in den unterschiedlichsten Versionen gespielt, den Chorus z.B. abgekürzt, um zu schauen, wie der Song am besten wirkt. Wahrscheinlich gibt es auf YouTube unterschiedliche Fassungen zu hören.



Gibt es einen tieferen Sinn des Albumtitels "Reborn In Defiance"?



Ich denke, es spiegelt die Situation der Band wieder, wir sind zurück und geben keine Ruhe. Andererseits kannst Du es aber auch auf die Situation in der Welt beziehen. Die Menschen gehen auf die Straße und starten eine Revolution.



Ich habe die Lyrics noch nicht lesen können. Habt Ihr wieder viel Sozialkritik in Euren Texten?



Ich würde nicht sagen, dass wir Sozialkritik machen, sagen wir besser, wir kommentieren die Gesellschaft. Wir beschreiben die Gesellschaft, so wie wir sie sehen, ohne Schönfärberei.



Habt Ihr ein spezielles Konzept bei dem Album gehabt?



Nein, sowas machen wir nicht. Wir setzen uns auch nicht dahin und sagen: "Hey, lasst uns ein Kracheralbum machen wie Urban Discipline. Bei uns entsteht das Album einfach, ohne dass wir uns eine spezielle Richtung vorgeben.



Hast Du ein Lieblingssong auf dem neuen Album?



Ich mag alle Songs, sonst wären sie nicht auf dem neuen Album. Ich kann da wirklich keinen Herausgreifen.



Ist es nicht schwierig, für euren Auftritt nach so einer langen Bandgeschichte die Songs auszuwählen?



Allerdings. wir haben fast 200 Songs geschrieben. Wir diskutieren das immer aus, was wir spielen wollen. Da wir aber nur rund eine Stunde spielen, ist es eine harte Entscheidung.



Wie sieht Eure Tourplanung aus für 2012?



Wir gehen nach der Tour hier wieder in die USA zurück. Touren dort, kommen zur Festivalzeit wieder nach Europa zurück und haben für den Herbst 2012 eine Headlinertour in Europa geplant.



Ihr seid eine amerikanische Band, tourt aber schon seit vielen Jahren regelmäßig in Deutschland. Wie ist eure Beziehung zu Europa?



Ich glaube, der amerikanische Musikmarkt ist schwieriger. Wir haben tatsächlich mehr Shows in Europa als in den USA gespielt. USA ist ein sehr großes Land, eine Tour kann da immer nur einen kleinen Teil abdecken. In Europa liegen die Auftrittsorte immer ca. 4-5 Stunden auseinander. Einer Band kommt das mehr entgegen. Aber nicht falsch verstehen, wir sind stolz, aus Amerika zu kommen und lieben unser Land, auch wenn wir wohl häufiger in Europa anzutreffen sind.



BIOHAZARD hatte immer einen Touch der "harten Kerle". Brooklyn, Schießereien, das harte Leben auf der Straße. Hier in Europa können wir das in dem Grade nicht nachvollziehen.



Brooklyn heutzutage ist nicht mehr das, was es einmal war, als wir dort aufwuchsen. Es ist viel sicherer geworden. Rudolph Giuliani (ehemaliger Bürgermeister, der die Kriminalitätsrate in seiner Amtszeit von 8 Jahren um 57 % senkte) hat "New York" das Herz entrissen. Ich denke, New York war irgendwie ein "besserer Ort", als es noch gefährlich war, die Straße entlang zu gehen. Das war meine Erinnerung an die Stadt. Jetzt ist es eine komplett neue Stadt geworden mit ganz anderen Regeln, gewaltig groß und mit vielen Kulturen. Wir sind trotzdem stolz über die Stadt, in der wir leben. Aber es hat sich viel verändert.



Wenn ihr auf Tour seid, habt ihr eine Menge zu tun, was macht ihr in eurer freien Zeit, wenn ihr nicht mit der Band unterwegs seid?



Ich erhole mich, verbringe meine Zeit mit der Familie, ich habe auch ein Studio, in dem ich dann arbeite. Auf der Tour hier schlafe ich nicht sehr gut. Schlafen in einem Tourbus ist auch immer schwierig.



Ihr seid nun ja nicht mehr ganz die Jüngsten. Wie lang wird man Euch denn noch als Band erleben dürfen, wann beginnt die Rente für Hardcoremusiker?



Ich werde nie in Rente gehen. Ich werde immer weiter machen. Ich hoffe, dass BIOHAZARD noch lange besteht.



Was denkst Du, hat sich in den letzten Jahren am stärksten im Musikbusiness verändert?



Der größte Unterschied ist die Erfindung des Internets. Das Internet hat alles verändert. Man kommt viel enger mit den Fans zusammen. "Music is for you and me, not for the fucking industry" lautet der Chorus in unserem Song "Business". Genau das ist das Internet. Nachteilig hieran ist natürlich die Erfindung der Mp3s. Mp3s bedeuten, dass Bands nicht mehr so viele CDs verkaufen. Die Verkäufe der Alben gingen in den letzten Jahren in den Keller. Man kann daher heute schwerlich von CD Verkäufen leben. Es wird viel kopiert, was sich auf den Umsatz auswirkt. Glücklicherweise muss ich nicht mehr zwanghaft von der Band leben. Ich habe noch mein Studio und ich bin hier auf Tour, weil ich es sein möchte. Diese Freiheit ist mir viel wert. Wir sind nun bei NUCLEAR BLAST. Das ist für mich das erste Record Label, bei dem der Eigner bis zu der Person, die die Briefe eintütet, die Musik liebt, die sie vertreiben. Darüber sind wir sehr froh und fühlen uns zuhause.



Kommen wir langsam zum Ende. Welche Frage waren in einem Interview besonders ungewöhnlich?



Ja, da gab es zwei Fälle. Einmal wurde ich nach dem Essen gefragt, dass ich bevorzuge. Ich esse eigentlich normales Essen, aber ich vermeide Süßigkeiten, esse nie das gleiche binnen 24 Stunden und trinke eigentlich immer nur Wasser.

Ein anderes Mal habe ich ein Videointerview gegeben. Ich sollte an einem der Interviewer "Jiu Jitsu Moves" zeigen, was ich dann gerne auch machte. Derjenige, der das Filmte, flüsterte zu mir dann immer "Schlag härter zu!", "Schneller", "Bereite ihm Schmerzen". Das war wirklich eine schräge Nummer. Die beiden waren danach auch glaub ich gute Freunde geworden.



Wenn Du auf einer einsamen Insel ausgesetzt würdest, welche 3 Dinge würdest Du mitnehmen?



Keine 3 Dinge, ich würde meine Frau, meinen Sohn und meine Tochter mitnehmen. Ohne die geht´s nicht!



Ok, vielen Dank für das Interview!



Danke auch und alles Gute!



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