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REVIEW: Motörhead - die lauteste Band der Welt: Eine Biografie (Frank Schäfer)

BY Erik Bosbach


Heute ist ein neues Buch erschienen, das in der Metal- und Rock’n’Roll-Welt sofort Aufmerksamkeit verdient:

FRANK SCHÄFER, vielen LeserInnen seit Jahrzehnten Schreiberling des Rock Hard-Magazins bekannt, widmet sich in seiner aktuellen Veröffentlichung niemand Geringerem als LEMMY KILMISTER, der unsterblichen Ikone von MOTÖRHEAD.

Es ist eineswegs das erste Buch, dass ich über LEMMY lese und es ist auch nicht das erste Buch, welches ich vom Autor FRANK SCHÄFER schmökere. Er schrieb beispielsweise „111 Gründe, Heavy Metal zu lieben“, „Talking Metal: Headbanger und Wackengänger - Die Szene packt aus!“ und Krachgeschichten“, über welches ich 2021 ein Review verfasste. Auf gleich mehreren seiner Buchcover war Kilmister bereits zu sehen und nun geht es um IHN, um Uncle Lemmy – the Rock`n`Roll-Animal himself!

MOTÖRHEAD - Fundament aus Rock’n’Roll und Metal

Kaum eine Band steht so kompromisslos zwischen den Welten wie MOTÖRHEAD. Für klassischen Rock’n’Roll zu laut, für traditionellen Metal zu dreckig: MOTÖRHEAD waren Beschleuniger, Grenzgänger und Blaupause zugleich: Ohne LEMMY KILMISTERs Bass-Gewitter, seine Whiskey-Zigaretten-Stimme und seine kompromisslose Haltung wären Teile extremer Spielarten kaum denkbar. MOTÖRHEAD waren nie Mode, sondern vielmehr Gesetz.

LEMMY KILMISTER - Kultfigur mit Ecken, Kanten und Konsequenz

LEMMY war schon in seiner frühen Zeit als Roadie für JIMI HENDRIX und später als Mitglied von HAWKIND aktiv und entwickelte jenes Selbstverständnis, das ihn sein Leben lang begleiten sollte: Musik als Haltung, nicht als Karriereplan. Die berühmte Anekdote seiner Verhaftung an der kanadischen Grenze wegen Drogenbesitzes – die letztlich zu seinem Rauswurf bei HAWKIND führte – markiert rückblickend den Startpunkt einer Laufbahn, die sich fortan konsequent jeder Anpassung verweigerte. In der mittleren Phase von MOTÖRHEAD, als die Band längst Ruhm erlangt hatte, wurde LEMMY zur festen Institution: Stammgast im Rainbow Bar & Grill in Los Angeles, Automatenspiele, Jack Daniels mit Cola, Interviews ohne PR-Floskeln. Legendär ist seine stoische Gelassenheit gegenüber Trends – Grunge, Glam oder New Metal interessierten ihn ebenso wenig wie das Bedürfnis, MOTÖRHEAD stilistisch weiterzuentwickeln. „We play Rock’n’Roll“ war keine Pose, sondern Arbeitsbeschreibung.

Auch in den letzten Jahren blieb LEMMY KILMISTER dieser Linie treu. Selbst als gesundheitliche Probleme unübersehbar wurden, sprach er kaum darüber, machte Witze, spielte weiter Konzerte und weigerte sich, seine Rolle zu dramatisieren. Das letzte Konzert von MOTÖRHEAD fand am 11. Dezember 2015 in der Berliner Max-Schmeling-Halle statt. Wenig später, am 28. Dezember 2015, verstarb LEMMY KILMISTER im Alter von 70 Jahren. Ich selbst habe LEMMY KILMISTER das letzte Mal 2015 in Wacken gesehen. Beim Auftritt von MOTÖRHEAD am 31. Juli 2015 wirkte er bereits auffallend dünn und eingeschränkt. Ein Jahr zuvor, beim Wacken Open Air am 1. August 2014, hatte sich bereits angedeutet, dass die Gesundheit von LEMMY KILMISTER zum limitierenden Faktor geworden war. Das MOTÖRHEAD-Konzert musste nach knapp 30 Minuten abgebrochen werden. Ich ging kurz Bier holen und als ich zurückkam, war der Auftritt bereits vorbei. Aber zurück zum Buch! 

Der Ansatz des Buches

FRANK SCHÄFER nähert sich LEMMY KILMISTER nicht distanziert-akademisch, sondern bewusst als Fan. Er beschreibt LEMMY als Musiker, als kulturelle Figur und als personifizierten Rock’n’Roll-Ethos. Besonders spannend: Schäfer streut immer wieder eigene Anekdoten ein – Begegnungen, Gespräche und Beobachtungen aus der damaligen Zeit, die im Zusammenhang mit LEMMY KILMISTER und MOTÖRHEAD stehen. Diese persönlichen Erinnerungen verleihen dem Buch zusätzliche Authentizität und machen deutlich, dass hier jemand schreibt, der nicht nur recherchiert, sondern erlebt hat. Somit ist das Buch zum Glück keine bloße Nacherzählung bekannter MOTÖRHEAD-Mythen, sondern eine leidenschaftliche Annäherung an LEMMY KILMISTER.

Schäfers Publikation über LEMMY KILMISTER geht weitesgehend chronologisch vor, begleitet MOTÖRHEAD vier Jahrzehnte lang und gibt Stimmungsbilder, wie ein kommentierter Langessay. Musik wird weniger analysiert, sondern im Kontext von Szene, Zeitgeist und Selbstverständnis betrachtet. Ich vermute, das Schäfer dabei keinen Anspruch auf endgültige Deutung hat, sondern transparent machen möchte, aus welcher Perspektive er schreibt: aus der eines langjährigen Beobachters, Szene-Kenners (damals im Braunschweiger Raum) und Fans.


MOTöRHEAD - DIE LAUTESTE BAND DER WELT: EINE BIOGRAFIE

Band: Frank Schäfer
Genre: Alternative
Tracks:
Länge: 00:00
Medium: Buch
Label: Suhrkamp Verlag
Vertrieb: