Review:

Flying Colors

(FLYING COLORS)

TIPP
Wer von einer Band wie FLYING COLORS ein verkopftes Prog-Meisterwerk erwartet hat, liegt falsch. Mit Mitgliedern wie Mike Portnoy (ex-DREAM THEATER-Schlagzeuger, zwischenzeitlich auch mal AVENGED SEVENFOLD), Neal Morse (Prog-Übervater, ex-SPOCKS BEARD Chef und hier für die Keyboards und zweite Stimme zuständig), Gitarrist Steve Morse (DIXIE DREGS, DEEP PURPLE), sein DIXIE DREGS Bandkollege und Bassist Dave La Rue und Sänger Casey McPherson (ALPHA REV) liegt der Verdacht nahe – aber das Debüt überrascht! Das Starensemble liefert ausnahmslos schöne Songs mit Tiefe und Melodie, und das alles auf instrumentalem Höchstniveau – aber gänzlich ohne Frickeleien oder schwer nachvollziehbaren Arrangements, dafür jedoch mit einem kommerziellen Touch und unheimlich viel Spielfreude – that’s all. Der einzige Song der den Vorurteilen gerecht wird, kommt mit dem 12-minütigen „Infinite Fire“ erst zum Schluss des Albums (da haben die Herren mal drauf los gejamt), ansonsten geht es abwechslungsreich, gut hörbar und mit einem hohem Spaßfaktor quer durch die Botanik von Rock und anspruchsvollen Pop.

Den Anfang macht „Blue Ocean“. Ein typischer Neal Morse Song, der auch auf einen der überragenden „Testimony“-Scheiben hätte stehen können. „Shoulda Coulda Woulda” kommt dann mit mehr Power und entpuppt sich als echter Ohrwurm. Das folgende „Kayla“ ist ein eingängiges, melodisches Pop-Rock Monster das MUSE durchscheinen lässt (und das nicht nur wegen dem Gesang), die Halbballade „The Storm“ erinnert im Stile ein wenig an JOHN WAITE (und bietet einen wunderbaren, leicht orchestralen Mittelpart), „Forever In A Daze“ kommt groovend funkig und mit tollem Bass-Solo daher – puh, und noch immer keinerlei Qualitätsverlust bemerkbar. Das BEATLES-mäßige „Love Is What I Waiting For“ erinnert gitarrentechnisch an Brian May und hat im Mittelpart ein SUPERTRAMP Gedächtnis-Keyboard sowie einen verdammt gut aufgelegten Portnoy im Schlepptau, bei „Everything Changes“ lässt Neal Morse ebenfalls QUEEN und SUPERTRAMP in seiner Weise durchscheinen. „Better Than Walking Away“ ist eine weitere, völlig kitschfreie Ballade. Das flotte „All Falls Down“ klingt wie MUSE auf Core – wiederum starkes Drumming, eine Wahnsinns Gesangslinie und ein etwas hektisches, nach hinten ausuferndes Gitarrensolo – der härteste Song des Albums (der einzige der überhaupt etwas Richtung Metal geht). Danach wird mit „Fool In My Heart“ erst mal wieder der Puls beruhigt – ein Song mit starkem Pop-Appeal und Portnoy Gesang – das wohl schwächste Stück des Albums. Das FLYING COLORS Debüt macht so richtig Lust auf mehr – wer mit den bereits oben genannten MUSE und auch mit COLDPLAY und den öfters mal musikalisch zitierten BEATLES was anfangen kann, liegt hier richtig. In einer gerechteren Welt wäre dies hochwertiges Radiofutter.

Ach ja, der Bandname FLYING COLORS stammt von Produzent Peter Collins, welcher bei den Aufnahmen zum Album den gestandenen Musiker mal zurief: „Gentlemen, you passed with flying colors“, was so viel heißt wie „Meine Herren, ihr habt mit Bravour bestanden“. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Flying Colors


Cover - Flying Colors Band:

FLYING COLORS


Genre: Progressive
Tracks: 11
Länge: 60:26 (CD)
Label: Mascot Records
Vertrieb: Rough Trade