Review:

Flesh & Blood

(Whitesnake)

1987 fand der Umbruch mit dem gleichnamigen Album bei WHITESNAKE statt. Auch wenn alle, die auf den zuvor gebotenen warmen, erdigen, mit Orgel bereicherten bluesigen Hard Rock standen, enttäuscht waren - eben dieses Album war das erfolgreichste von Coverdales Band und gab ihm damit recht. So prägte der "geföhnte" amerikanische Hair Metal von "1987" dann auch bis zum heutigen Tag die Richtung. Auch wenn die Kids, die damals noch auf Coverdales Party Rock feierten, heute längst erfahrungsreiche Erwachsene sind, bleibt der mittlerweile 68-jährige genau bei dieser Formel. Und hier liegt die Krux der Veranstaltung. Coverdale müsste sich mal fragen, wer sein Publikum ist. Denn ich bin mir sicher, der charismatische Sänger und seine stark aufspielende und hochklassisch besetzte Band wären absolut in der Lage, genau diese Klientel mit passenderer Musik zu begeistern und zu unterhalten.
 
"Flesh & Blood" ist aber beileibe kein schlechtes Werk, vielleicht sogar eines der besten seit 1987. "Good To See You Again" wird mit bluesigen Gitarrenläufen flankiert und eröffnet das neue Album vielversprechend. Die Vocals von Herrn Coverdale bleiben zuweilen allerdings unnötig gepresst und unentspannt; er verzichtet aber zumindest auf Screams und bleibt auch eher in den mittleren Tonlagen. Die quirlige und verspielte Gitarrenarbeit von Joel Hoekstra und Reb Beach beleben den 14. Output des Reptils und müssen neben den Vocals als prägendes Element benannt werden. Das wuchtige "Hey You" setzt als erstes ein Ausrufezeichen, wirkt aber,  wie das ganze Album, überproduziert und könnte nach meinem Gusto eine Spur traditioneller und erdiger klingen. Wobei ich dieses Argument seit 1987 bei allen WHITESNAKE-Alben anführen könnte. So what! Das Ding ist genau das, was man erwarten konnte: handwerklich - mit leichter Einschränkung bei den Vocals - makellos, zeitgemäß und ambitioniert produziert, leidenschaftlich performt mit absolut wertigem und ausgearbeiteten Songwriting auf Albumlänge.
 
Bei aller berechtigten Kritik, eines ist klar: David Coverdale ist eine Legende, und seine Band bleibt ein deutlich gezeichnetes, unverkennbares Classic Rock-Unikat. "Flesh & Blood" belebt diesen Status und füllt ihn auch 2019 mit neuem Leben.
 

Flesh & Blood


Cover - Flesh & Blood Band:

Whitesnake


Genre: Hard Rock
Tracks: 13
Länge: 59:29 (CD)
Label: Frontiers Records
Vertrieb: Soulfood