Review:

The Silent Whales Of Lunar Sea (Re-Release)

(Skyclad)

TIPP

Und wieder ein Schwung Wiederveröffentlichungen aus dem Hause Noise Records: die frühen, remasterten Klassiker der britischen Folk Metal-Pioniere SKYCLAD aus Newcastle upon Tyne. Aus heutiger Sicht sind diese Werke sogar noch um Einiges gewichtiger als zu Zeiten ihrer Ersterscheinung, denn speziell Folk Metal ist in den letzten 15 Jahren dank unzähliger, unsäglicher Musikantenstadl-Kapellen bis zum Erbrechen degeneriert worden. Gegründet 1990 als "Ersatzdroge" der beiden SATAN/PARIAH-Virtuosen Steve Ramsey (Gitarre) und Graeme "Bean" English (Bass) aufgrund ihrer kurz zuvor aufgelösten Hauptband, erschufen SKYCLAD bereits zu Anfang waschechte Meisterwerke, sind jedoch bis heute - und zahlreiche erstklassige Werke später - immer noch eine Band, die leider eher dem Underground zuzuordnen ist.

"The Silent Whales Of Lunar Sea", das fünfte Werk der inzwischen zum Sextett vergrößerten Band, stellte 1995 das letzte Album dar, das über Noise Records veröffentlicht wurde, bevor es nur ein Jahr später mit dem abermals grandiosen "Irrational Anthems" zu Massacre Records ging. Wie schon ihre Vorgänger geht die Scheibe als superbe Mélange aus leicht thrashigem Heavy Metal und Folk durch, woran erstmalig auch Georgina "George" Biddle ihren Anteil hat, die Catherine Howell als Streicherin ersetzt hatte und der Truppe bis heute die Treue hält. Vergleicht man das Album etwa mit dem Erstling "The Wayward Sons Of Mother Earth", merkt man deutlich, dass das Ungestüme, Rohe der Anfangstage (das ja noch aus glorreichen SATAN/PARIAH-Zeiten herübergerettet worden war) mehr und mehr einer songdienlicheren, verstärkt Folk-lastigen Eingängigkeit gewichen ist, von der die Band noch heute zehrt. Oder anders: für die Einen war es ein Schritt in Richtung Kommerz, für die Anderen einfach gereiftes Songwriting. Egal, wie man es dreht und wendet; Songs wie der überragende Opener "Still Spinning Shrapnel" (das live nur noch Arsch tritt - hört Euch mal die Version von der 2002er Scheibe "Live At The Dynamo" an!), der Stampfer "Just What Nobody Wanted", die Hymne "Art-Nazi", die zugegebenermaßen nicht ganz so spektakulären "Jeopardy" und "Brimstone Ballet" (auf diversen Viking/Pagan-Schrottplatten der Nuller Jahre sicher absolute Highlights...), das getragene "A Stranger In The Garden", das sich von einer Ballade zu einem hymnischen Stampfer steigernde "Another Fine Mess" (Hammer!), die treibenden "Turncoat Rebellion" und "Halo Of Flies" (nein, nix Alice Cooper, aber trotzdem geil!), das stark ans Debüt erinnernde "Desperanto (A Song For Europe?)", das atmosphärische "The Present Imperfect" sowie der verspielte Folk-Abschluss "Dance Of The Dandy Hound" sind Genre-Klassiker. Ob man "The Silent Whales Of Lunar Sea" mit seinem fast schon inflationären Ideen- und Abwechselungsreichtum nun zu den besten SKYCLAD-Werken zählen möchte, ich am Ende Geschmacksache, aber abgekoppelt vom Rest der Band-Diskografie ist das Ding auch nach über 20 Jahren noch eine Wucht in Tüten!

Vorliegender Re-Release, abermals im schmucken Digipak mit rar bebildertem Booklet, kommt leider wieder ohne die große "Post-Noise-Records-Aufbereitung" aus und enthält keine Texte, keine Bonustracks, dafür jedoch einmal mehr ein interessantes Interview mit Malcolm Dome aus dem Jahr 2017.

The Silent Whales Of Lunar Sea (Re-Release)


Cover - The Silent Whales Of Lunar Sea (Re-Release) Band:

Skyclad


Genre: Folk
Tracks: 12
Länge: 51:2 (CD)
Label: Noise Records/BMG
Vertrieb: Warner