Review:

Endless Forms Most Beautiful

(Nightwish)

TIPP

Dass NIGHTWISH in der Regel lieber klotzen als kleckern, wenn sie etwas anpacken, ist hinlänglich bekannt. Und so erscheint es denn auch nur passend, dass die Finnen sich nun mit „Endless Forms Most Beautiful“ auf die Fahnen geschrieben haben, die gesamte Evolution in ein einziges Album zu kondensieren. Denn genau das ist die hinter dem jüngsten Silberling steckende Thematik – schon der Titel entstammt einem Zitat Charles Darwins und zu Beginn und Abschluss des Albums tritt der Evolutionsbiologe Richard Dawkins als Erzähler in Erscheinung. Das sind natürlich große Ambitionen, aber NIGHTWISH haben bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass sie auch ehrgeizige Projekte stemmen können, ohne dabei hinter den Erwartungen zurückzubleiben, und so verhält es sich auch mit „Endless Forms Most Beautiful“. 

Das erste, was einem beim Hören auffällt, ist die Tatsache, dass sich das neue Werk vom Hörgefühl deutlich vom sehr episch-folkigen, Soundtrack-haften Klang seines Vorgängers unterscheidet, gleichzeitig aber dennoch schon vom ersten Ton an absolut unverkennbar nach NIGHTWISH klingt. Unter einer Spielzeit von viereinhalt Minuten fängt man diesmal gar nicht erst an. „Shudder Before The Beautiful“ kommt wuchtig und energiegeladen daher, „Weak Fantasy“ legt in Punkto Bombast noch mal eine Schippe drauf. Die Singleauskopplung „Élan“ ist ruhiger gehalten und mit Abstand der radiotauglichste Song, den das Album zu bieten hat, der Gesang von Sängerin Floor Jansen steht hier deutlich im Vordergrund.  Anders dagegen das sich anschließende „Yours Is An Empty Hope“, das den härtesten und aggressivsten Track darstellt. Das ruhige, klavierbetonte „Our Decades In The Sun“ bietet Gelegenheit zum Durchatmen, „My Walden“ erinnert mit seinem sehr melodiösen und folkig-angehauchten Klang noch am ehesten an den einen oder anderen Song von „Imaginaerum“. Auch das ergreifende, eingängige „Alpenglow“ geht schnell ins Ohr. Der ruhige Instrumentaltrack „The Eyes Of Sharbat Gula“ dient als Wegbereiter für das nachfolgende Albumfinale, hätte jedoch etwas kürzer ausfallen können. Und schließlich beginnt mit „The Greatest Show On Earth“ der Höhepunkt des Albums – sowohl Titel als auch Länge des Songs (schlappe vierundzwanzig Minuten) sind bereits im Vorfeld ein dezenter Hinweis darauf, dass hier keine halben Sachen gemacht werden. „The Greatest Show On Earth“ ist das Konzept des ganzen Albums, gegossen in ein einziges, monumentales Lied, und entsprechend gestaltet sich die musikalische Bandbreite. Von ruhigen, meditativ-verträumten Momenten bis zur vollen Breitseite an Bombast ist alles vertreten, trotzdem wirkt alles wie aus einem Guss. In harmonischer Entsprechung zum Albumauftakt meldet sich auch bei „The Greatest Show On Earth“ Richard Dawkins erneut zu Wort und schließt somit den zuvor bei „Shudder  Before The Beautiful“ geöffneten Rahmen. NIGHTWISH schaffen es mit diesem Song tatsächlich, die ganze Bandbreite und Erhabenheit der Schöpfung in Musik zu fassen, was weiß Gott kein kleines Kunststück ist. Fazit: Wenn eine Band im Stande ist, die Evolution musikalisch darzustellen, dann ist es diese. Mit „Endless Forms Most Beautiful“ liefern NIGHTWISH ein kompositorisch durchweg rundes Album ab  und setzen einen weiteren Meilenstein in ihrer Geschichte.

Endless Forms Most Beautiful


Cover - Endless Forms Most Beautiful Band:

Nightwish


Genre: Heavy Metal
Tracks: 11
Länge: 78:0 (CD)
Label: Nuclear Blast
Vertrieb: Warner