Review:

Sounds Of A Playground Fading

(In Flames)

Zu diesem Album kann es nicht nur eine Meinung geben. Metal-Inside macht daher ein Pro-Contra-Review. Und Contra gibt erst einmal wm:

IN FLAMES gehörten früher zu meinen absoluten Lieblingsbands, weil sie musikalische Brutalität mit harmonischen Melodieläufen verbanden und dabei herausragend mitreißende Songs komponierten. Das Interesse an der Band verlor ich dann, als sie weniger "Death Metal" ablieferten und die Songs etwas zu eingängig und wiederholt daherkamen. Mittlerweile haben zahlreiche Musikredaktionen der Band den Stempel "Death Metal" auch schon entzogen. Die Musik ist eher als "Heavy Metal" oder ohne die damit verbundenen Klischees als "Modern Metal" zu bezeichnen. Nach dem gesundheitlich bedingten Weggang von Jesper Strömblad im Frühjahr 2010, vielleicht dem musikalischen Mastermind an der Gitarre in der Band, war ich gespannt, wie die Band ihr nun zur Veröffentlichung anstehendes Album "Sounds Of A Playground Fading" gestalten wird. Herausgekommen ist eine Mischung typischer IN FLAMES Songs neuerer Natur, die allerdings musikalisch in Bezug auf Gitarrenarbeit und Gesang deutlich weicher als ältere Nummern daher kommen, bei denen es brutaler und druckvoller zur Sache ging. Man setzt verstärkt auf Melodien, einem dichten Klangbild und einen sehr prägnanten Gesang. Gesanglich ähneln sich die Songs stark: Wählt man die Stelle eines belieben Songs, so ist es auch nach mehrmaligen Durchhören schwer, eine Festlegung zu treffen, in welchem Stück man sich eigentlich gerade befindet. Nach dem Opener "Sounds Of A Playground Fading" und der für mich evtl. noch überzeugendsten Nummer "Deliver Us" folgt das im Midtempo gehaltene "All For Me", welches für das Album so typisch ein ganz dichtes Klangbild mit einem dominanten Gesang besitzt. Ganz nett, aber nicht herausragend. Schneller zur Sache geht es mit "The Puzzle", das mir aber zu hektisch daherkommt und erst dann überzeugt, wenn es gegen Ende etwas harmonischer wird. "Fear Is The Weakness", "Where The Dead Ships Dwell" und "Darker Times" sind beispielsweise ganz typische IN FLAMES Nummern, die allerdings kaum auffällig sind und keine Spuren im Gehörgang hinterlassen. "The Attic" ist eine langsame Nummer mit nahezu ganz cleanem Gesang. Auffällig ist der Track "Jester´s Door", eine Art Interlude mit experimentellem Sound und einer Sprechpassage, die dann in das wieder bandtypische "A New Dawn" überleitet. Aus der Reihe fällt dann das fünfminütige "Liberation", das mit cleanem Gesang nach einem kurzen heftigeren Gitarrenpart in ein atmosphärisches Duett zwischen einer Gitarrenmelodie und dem Schlagzeug verfällt. Nach dem Hören stellte ich mir die Frage, welche Songs ich nun als absolut hörenswert herausgreifen will. Die Stellung der Frage zeigt schon, dass dies bei dem Album recht schwierig ist. Viele Songs ähneln sich sehr, echte Ohrwürmer habe ich bisher keine gefunden. Böse Kritiker könnten an dieser Stelle behaupten, IN FLAMES spiele letztlich nur einen einzigen Song immer und immer wieder in leicht abgeänderter Form. Für mich verbleibt ein Album mit leichten und lockeren Songs, die sich zu sehr ähneln ohne nennenswerten Eindruck beim Hörer zu hinterlassen. Kommerziell mag so was vielleicht sogar erfolgreich sein, einen Grund meine alte Leidenschaft zur Band wieder zu erwecken, stellt das Album aber für mich auf keinen Fall dar. (wm)


Die Pro-Antwort kommt von laetti

Zunächst einmal hat Wolfgang nicht ganz unrecht - "Sounds Of A Playground Fading" können es dem langjährigen Fan schwer machen, zu zünden. Aber das liegt weniger am "mangelnden" Härtegrad - da haben die Schweden gerade im Vergleich zu grandiosen Songs wie "My Sweet Shadow" (aus bitte welcher Liveshow ist der wegzudenken?) eher härtetechnisch draufgesetzt. Nein, es liegt eher an der melancholischen, schon fast pessimistischen Grundstimmung, die über einigen Songs des Albums zu liegen scheint. Es gibt wohl doch einige Verluste im Umfeld der Band, die verarbeitet werden mussten. Auch der Umgang mit negativen Gefühlen ist nichts neues in der History von IN FLAMES ("Bullet Ride", anyone?). "Ropes", "Enter Tragedy" und "A New Dawn" sind die besten Beispiele für Songs, in denen aus tiefster emotionaler Schwärze dann entweder Gitarren oder Anders Stimme den Weg heraussweisen. Ach ja, Anders Stimme. Noch nie habe ich die so wandlungsfähig erlebt wie auf diesem Album. Von heiser-leise-fast erstickend bis so clean, dass man fast die Popsternchen-Software "Autotune" dafür im Verdacht haben könnte. Vielleicht wollte Anders auch nur seinen Vocalcoach schocken? "All For Me", "Liberation" und "Ropes" heißen die Beweise dieser Gesangskunst, "Where The Dead Ships Dwell" hat den heiseren Köter am Mic. Und, seien wir mal ehrlich: Die eigentliche Frage zu diesem Album war doch, ob IN FLAMES auch ohne Jesper Strömblad ordentliche Songs schreiben können. Die Antwort geben sie ohne jedes Aber: Ja, können sie. Wer "Reroute To Remain" schon nicht gut fand (und das war ein "Jesper"-Album) wird mit "SOAPF" nicht warm werden. Auch den Fans der letzten beiden Alben wird mit der Reduktion der Metalcore-Elemente einiges fehlen - alle anderen werden großartige Entdeckungen machen: Björn Gelotte hat fast hörbar versucht, bereits "gebrauchte" Riffs und Arrangements zu vermeiden - und verwendet stattdessen sogar Thrash-Arrangements in "Enter Tragedy". Das Album ist ein Kleinod - und "Deliver Us" wird schnell ein IF-Konsens-Song werden, wetten?!

Sounds Of A Playground Fading


Cover - Sounds Of A Playground Fading Band:

In Flames


Genre: Metal
Tracks: 13
Länge: 53:44 (CD)
Label: Centruy Media
Vertrieb: EMI