Review:

Vector

(Haken)

Nach ihrem Meisterwerk „The Mountain“ wagten sich die englischen Prog-Rock-Wunderkinder HAKEN mit dem nachfolgenden „Affinity“ teilweise in härtere Gefilde vor und verarbeiteten dort gleichzeitig ihre Vorliebe für 80er-Jahre-Sounds. Einige von diesen haben es auch auf ihr fünftes Studioalbum „Vector“ herübergeschafft, vor allem aber ist die musikalische Gesamtausrichtung heavier geworden. Trotzdem sind die HAKEN-Trademarks natürlich alle noch da: die vetrackten Rhythmen, die komplexen Songstrukturen, die epischen Refrains und die immer wieder wahnwitzigen Instrumental-Parts.

Nachzuhören ist das alles etwa in „Veil“, dem zwölfeinhalb Minuten langen Herzstück des Albums, das sich nach einem wilden Ritt und Verschnaufpause in der Mitte in ein groß angelegtes Finale hineinsteigert. Aber auch die übrigen Stücke stehen dem in nichts nach, nur werden die gewohnten Bestandteile hier in der Hälfte bzw. im Falle von „The Good Doctor“ sogar in einem Drittel der Zeit durchexerziert. Ja, man kennt die HAKEN-Formel eben doch so langsam, und man weiß mittlerweile, wozu diese überragenden Musiker fähig sind, deshalb lassen einen die neuen Stücke nicht mehr so ohne Weiteres mit offenem Mund dastehen. Passagen wie die elektronischen Sounds in „Puzzle Box“ klingen außerdem etwas bemüht nach Innovation. Hinzu kommt, dass die ganz großen Melodien, wie sie die Band auf „The Mountain“ nur so aus dem Ärmel zu schütteln schien, und wie sie auch auf „Affinity“ zumindest noch im Ansatz vorhanden waren, fehlen.

Wirklich aus dem Rahmen fällt lediglich das ruhige („Ballade“ möchte ich es irgendwie nicht nennen) „Host“ – und zwar durchaus wohltuend. Wunderbar, wie behutsam das Stück aufgebaut wird, wie Mini-Themen später wieder aufgegriffen werden, ohne dass sich ein Teil wirklich wiederholt, und gegen Ende alles immer dichter wird. Und hier gibt es dann auch endlich wieder mal fantastische Gesangslinien zu hören. Deutlicher als in den wilden Solo-Passagen zeigt sich in „Host“ die enorme Musikalität der Band. Gerne hätte ich auf diesem Album mehr davon gehabt.

Enttäuschend ist „Vector“ deswegen nicht, es erreicht einfach nicht ganz die Erwartungen, die man an diese Band seit „The Mountain“ stellt. Sicher ist es unfair und nervig, immer an dem einen großen Werk (nicht, dass HAKEN jemals ein schlechtes Album aufgenommen hätten) gemessen zu werden, aber damit müssen sie halt leben. Solange sie sich weiterhin auf einem trotzdem derart hohen Niveau bewegen, können sie das aber ziemlich sicher auch ohne Probleme. 

 

 

 

Vector


Cover - Vector Band:

Haken


Genre: Progressive
Tracks: 7
Länge: 44:41 (CD)
Label: Inside Out
Vertrieb: Sony