Review:

Grobschnitt“, „Ballermann“, „Jumbo – mit deutschen Texten“

(Grobschnitt)

Nach dem formidablen Live-Vinyl zu „Solar Movie“ kommt jetzt der komplette GROBSCHNITT Back-Katalog als Vinyl erneut auf den Markt. Den Start dabei machen die ersten drei Alben „Grobschnitt“, „Ballermann“ und „Jumbo – mit deutschen Texten“. Allesamt in hochwertiger Aufmachung – will meinen im Gatefold-Format (unter Verwendung des originalen Artworks). Zu den jeweils zwei 180g Vinyl (1 schwarz, 1 x weiß – deswegen der Name BLACK & WHITE“-Serie) kommen noch immer zwei 4-seitige Booklets im Format 30x30cm mit Songtexten, Bildern, Textbeiträgen, usw., sowie ein Downloadvoucher für alle Songs. Dabei wurden die Aufnahmen von den drei GROBSCHNITT-Gründern Eroc, Lupo und Willi Wildschwein neu remastert, und bis auf das Album „Ballermann“ (das damals schon als Doppelalbum erschien) um eine zweite Scheibe mit Livematerial ergänzt.

Das Debüt „Grobschnitt“ erschien bereits 1972 und legte den Grundstein für den eigenen Signatur-Stil aus innovativen Melodien und hervorragende Gitarren zwischen Art-, Kraut- und Riffrock - sowie durchaus kauzigen Texten / Gesangspassagen und ihre „theatralischen Späße“. Auf dem Debüt war es dann vor allem das mehrteilige „Sun Trip“ das faszinierte und als eine Art Testlauf für das kultige Referenzwerk „Solar Music“ gelten darf. Ansonsten ist das hier eine Band bei der Findung, deren zukünftige Substanz und bereits geniale Ideen allenthalben für erstauntes Hinhören sorgt. Der Opener „Symphony“ zeigt gut auf, was noch kommen wird. Damals eines DER Debüts der deutschen Rockszene. Die Liveversionen der zweiten CD bieten dann auch GROBSCHNITT wie sie wohl damals vor allem von den Fans wahr genommen wurden – gute Musiker mit Sinn für viel Bühnentheatralik und -komik – der damaligen Zeit angemessen (68-Generation und 70er-Lebensgefühl).

Das GROBSCHNITT Referenzwerk – eben „Solar Music“ - folge dann in 1974 auf dem Album „Ballermann“. Die einzige Studioversion des in x-Varianten Live gespielten und aufgezeichneten überlangen Stückes (nur unterbrochen von der Laufzeit einer LP-Seite) wurde zum Markenzeichen der Band. Oft als Krautrock bezeichnet ist das Ganze aber doch eher symphonischer Prog-Rock und keinen Deut schlechter als das, was die anglo-sächsischen Kollegen damals darboten. Kopfhörer Mucke vor dem Herrn – von atmosphärisch davonschwebend bis druckvolle Power – muss man gehört haben (auch wenn die späteren Liveversionen da oft noch einen drauf setzten). Aber auch Songs wie das zwischen Kraut- und Spacerock liegenden „Nickel-Odeon“ überzeugen; tolle ruhigere Passagen und Gitarren inklusive. Das 13-minütige „Magic Train“ mit seinem GENESIS-Touch darf man auch noch als Highlight einen richtig guten Albums nennen.

Mit ihrem Album „Jumbo“ schafften GROBSCHNITT 1976 dann das Novum als erste Band ein Album nach der englischen Version (erschien ein Jahr vorher) auch mit deutschen Texten zu veröffentlichen. Hier war es vor allem das Stück „Vater Schmidt's Wandertag“ das es zum Klassiker brachte und im Nachgang zu einem der Live-Tracks mit der größten Publikumsbeteiligung wurde. Wobei man im Ganzen erwähnen muss, dass die deutschen Textzeilen der Songs von „Jumbo“ - dem damaligen Anspruch der intellektuellen 70er entsprechend – zum Nachdenken geradezu herausfordern („Traum und Wirklichkeit“ und das melancholische 11-minütige „Sonntag's Sonnabend“ seien da mal zum intensiven Genuss anempfohlen). Das spaßige „Auf Wiedersehen“ ist dann mal wieder typisch für GROBSCHNITT.

Wer sich dem Thema GROBSCHNITT also mal nähern möchte – und hier das Vinyl als den richtigen Weg ansieht, dürfte mit dem Album „Ballermann“ sicher am besten fahren; wobei aber auch „Jumbo“ durch die Überarbeitung sehr gut vom damaligen pathetischen Zeitgeist in das Heute transportiert wurde. Und als älteres Semester kann ich allen sowieso nur das Vinyl-Zitat von Lupo ans Herz legen: „Wer erinnert sich nicht gerne daran, als Plattenhüllen noch wie farbige Bilderbücher mit schönen großen Fotos und Texten ausgestattet waren? In aller Ruhe entspannt die Musik zu hören und sich dabei das Cover anzuschauen, war doch wie eine Entdeckungsreise durch das Gesamtkunstwerk einer Langspielplatte.“ Und so kann ich nur zuletzt nochmals den musikalischen wie optischen Genuss der drei Doppelalben „Grobschnitt“, „Ballermann“ und „Jumbo“ hervorheben. Wenn schon Vinly-Re-Releases – dann bitte in der Form wie hier von GROBSCHNITT und ihrem Label Brain.

 

„Grobschnitt“

LP 1

1. Symphony (Remastered 2015)

2. Travelling (Remastered 2015)

3. Wonderful Music (Remastered 2015)

4. Sun Trip (Am Ölberg / Remastered 2015)

5. Sun Trip (On The Way / Remastered 2015)

6. Sun Trip (Battlefield / Remastered 2015)

7. Sun Trip (New Era / Remastered 2015)

LP 2

1. About My Town (Live At THG Aula, Hagen / 1971 / Remastered 2015)

2. The Machine (Live At THG Aula, Hagen / 1971 / Remastered 2017)

3. Another Symphony (Live At Städt. Gymnasium, Gütersloh / 1977 / Remastered 2015)

 

„Ballermann“

LP 1

1. Sahara (Remastered 2015)

2. Nickel-Odeon (Remastered 2015)

3. Drummer's Dream (Remastered 2015)

4. Morning Song (Remastered 2015)

5. Magic Train (Remastered 2015)

LP 2

1. Solar Music, Pt. 1 (Remastered 2015)

2. Solar Music, Pt. 2 (Remastered 2015)

 

„Jumbo“

LP 1

1. Jupp (German / Remastered 2015)

2. Vater Schmidt's Wandertag (Remastered 2015)

3. Der Clown (Remastered 2015)

4. Traum und Wirklichkeit (Remastered 2015)

5. Sonntag's Sonnabend (Remastered 2015)

6. Auf Wiedersehen (German / Remastered 2015)

LP 2

1. Vater Schmidt / Father Smith (Live At Jugendheim NiederLPLPmühlenkamp, Bielefeld / 1977 / Remastered 2015)

2. The Clown (Live At Haus der Jugend, Lünen / 1977 / Remastered 2015)

3. Sunny Sunday's Sunset (Live At Haus der Jugend, Lünen / 1977 / Remastered 2015)

4. Sonnenflug (Remastered 2015)

Grobschnitt“, „Ballermann“, „Jumbo – mit deutschen Texten“


Cover - Grobschnitt“, „Ballermann“, „Jumbo – mit deutschen Texten“ Band:

Grobschnitt


Genre: Progressive
Tracks: 10 + 7 + 10
Länge: 0:0 (2-LP)
Label: Brain
Vertrieb: Universal Music