Konzert:

Mother Tongue, Lacuna, Liquid God in Stuttgart - Röhre

Konzert vom 21.08.2002Eigentlich muss es schon ein triftiger Grund sein, der mich dazu bringt, das geliebte Rhein-Neckar-Delta zu verlassen und mich ins tiefste Schwabenland (sind doch Schwaben oder?) in die hässliche Landeshauptstadt Stuttgart zu locken. Aber manchmal gibt es diese Gründe. Am folgenden Wochenende war das Summerbreeze und so lockte dieses Konzert einige Bekannte aus der gesamten Republik dorthin, die auf dem Hinweg zum Festival einfach vorbeischauten weil’s ohnehin auf dem Weg lag. Also Zähne zusammenbeißen, die Gespräche über das Festival das sicherlich ach so toll wird - ich musste am kommenden WE arbeiten - ignorieren und dem harren was da kommen möge. Und ganz nebenbei wurde das Konzert dann eines der besten dass ich bisher gesehen habe.



In einer relativ gut gefüllten Röhre im Zentrum Stuttgarts machten sich die aus dem fernen Hamburg angereisten LIQUID GOD daran, dem oftmals etwas trägen Stuttgarter Publikum - erstaunlich gemischt vertreten - einzuheizen. Eigentlich die falsche Rolle für diese Band, denn ihre Musik eignet sich nicht wirklich um die Mahlzeit aufzuwärmen, sie müsste schon kochen damit diese Musik richtig schmeckt. Aber zu meinem Erstaunen wippten sehr schnell einige Füße, bewegten sich Köpfe und rückten die Menschen näher zur Bühne. Die 5 sympathischen Jungs bretzeln eine auf der einen Seite sehr eigenwillige Richtung an den Mann, auf der anderen Seite blinzeln einige große Bands mit ihrem Einfluss auf die Songs durch. Aber die Mischung machts! Gejagt von Life Of Agony rennen sie durch die Genres, Pearl Jam guckt um die eine Ecke und hinter der nächsten lauert schwedischer Death Metal. Der Sänger klingt ein wenig wie The King, gebärdet sich extrovertiert und fühlt sich sichtlich wohl dabei, mit dem Publikum zu spielen. Die Gitarristen, wie sich das gehört mit schön langer Mähne, blühen richtig auf wenn’s an die harten Parts geht. Lediglich der Bassist hat noch etwas Pfeffer im Arsch auf der Bühne nötig - technisch aber allesamt fit! Das Zusammenspiel klappt trotz erst kurzem Bestehen der Band erstaunlich gut, was sie gleich beim ersten Song eindrucksvoll beweisen. Schwer zu hören, eigenwillig, eigenständig, eigenartig aber faszinierend! Beide Daumen hoch, auch wenn sie mit dieser Musikrichtung keinen leichten Weg gewählt haben. Wir behalten euch im Auge!



Nun muss ich zu meiner eigenen Schande gestehen, dass ich von den Lokalmatadoren LACUNA (richtig, ohne Coil) recht wenig mitbekommen habe weil ich soziale Kontakte pflegen, meinen Magen mit viel Cola beruhigen und die Lungen mit frischer Luft füllen musste. Das was ich gehört und gesehen habe war gut gemachter (New) Metal von Leuten die ihre Instrumente im Griff haben. Dem Publikum hats gefallen, es ging trotz recht früher Stunde erstaunlich gut ab. Die wenigen Songs die ich gehört habe, klangen zwar recht ähnlich, aber ich erlaube mir aus genannten Gründen kein abschließendes Urteil - und was zählt ist doch nur die Stimmung, und die haben die Stuttgarter in die Röhre gebracht.



Und dann kam etwas, das bisher nur The Kovenant geschafft haben. Ein Liveauftritt macht mich zum Fan einer Band: MOTHER TONGUE spielten hier ohne Scheiß das beste Konzert dieses Jahres so far, und es waren bei mir schon etliche gute dabei. Viele Anhänger der Amerikaner waren in der Halle, ich kannte sie nur von Platte und war von der super Ausstrahlung der 4 ziemlich schnell sehr fasziniert - und so ging es ziemlich allen! Der Sänger, ein charismatisches Ding ohnegleichen, wickelte in sekundenschnelle die erste Reihe um seinen Finger, im Laufe des fast 2 Stunden langen Konzertes auch den Rest der begeisterten Zuschauer. Whiskey und Rotwein für die durstigen Kehlen erfüllen natürlich den Tatbestand der Bestechung, aber solche Gesten wirken einfach. Modernen Rock, von sanft und emotional bis hart und brachial waren die Waffen mit denen MOTHER TONGUE den Abend bestritt. Immer wieder dumme Geschichten des Sängers inklusive, ständige Animation zum mitmachen, mitsingen, mitsaufen aber auch mal ruhig sein. Die Band spielte nicht Musik, sie war die Musik. Selten hab ich Musiker so dermaßen in dem Aufgehen sehen, was sie machen. Manche würden es neudeutsch vielleicht als "Vibes" bezeichnen. Wie man es nennt ist letztendliche irrelevant, aber es war fast unheimlich wie gut die Musik Stimmungen transportieren konnte, und zwar so, dass jeder Zuhörer sie nachvollziehen und vor allem miterleben konnte. Nach etlichen endlos geilen Songs und einer Zugabe gingen die Herren von der Bühne... das Publikum wollte mehr... und bekam es! "No one ever called me a pussy! I heard, some of you called me a pussy! I tell you: I am no pussy! No one will ever call me a pussy again!”… der Sänger war sichtlich vom Elan der Leute angetan, und anstatt weitere Songs einer CD zum besten zu geben, wurde nun etliche Zeit gejamed. Der Zauber verflog erst lange Zeit nachdem bereits alle Lichter angegangen waren.

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