Konzert:

Carcass, Obituary, Napalm Death, Voivod, Herod - Wiesbaden, Schlachthof

Konzert vom 19.11.2015

Mit großer Vorfreude wurde die diesjährige "Deathcrusher"-Tour erwartet, da hier ein absolutes Killer-Line-up mit den Bands CARCASS, OBITUARY, NAPALM DEATH, VOIVOD und HEROD zusammengestellt wurde. Die Idee zu der Tour entstand, da CARCASS bereits eine US-Tour mit OBITUARY und eine Australien- und Neuseeland-Tour mit NAPALM DEATH absolviert hatten, so dass der Gedanke aufkam, beide Touren zu kombinieren. Da NAPALM DEATH erst kürzlich mit VOIVOD in den USA tourten, war ein weiterer Teilnehmer gefunden. HEROD aus der Schweiz (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Band aus den USA) vervollständigten dann die Truppe.

Zwar haben die Bands bereits alle schon viele Jahre auf dem Buckel, dennoch muss man erkennen, dass hier immer noch absolut angesagte Death Metal- Schwergewichte unterwegs waren, die heute noch ihresgleichen suchen. Insofern verwunderte es nicht, dass der Schlachthof in Wiesbaden später gut 3/4 gefüllt war und das Interesse trotz des Konzerttermins am 19.11.2015, also an einem Donnerstag, recht ordentlich anzusehen ist. Der Termin war wenige Tage nach den Pariser Terroranschlägen, so dass sich wohl jeder Gedanken machte, ob so ein Konzertbesuch mittlerweile schon ein Risiko darstellen kann. Manch einer mag deswegen auch zuhause geblieben sein. Diejenigen, die dennoch gekommen sind, wurden am Eingang bis ins Detail abgetastet, selbst das kleinste Plastikdöschen für die Gehörschutzstopfen ließ man sich öffnen. So wurde zumindest das Gefühl von Sicherheit vermittelt, obwohl jeder weiß, dass beim Vorfahren bewaffneter Terroristen all dies wenig nutzen würde. I

n der neuen Halle, die ich als Veranstaltungsort wärmstens empfehlen kann, da sie eine optimale Größe für mittelgroße Konzerte besitzt, tat das der Stimmung keinen Abbruch. Allein der Umstand, dass sich nach Öffnung der Halle gegen 18.30 Uhr und Beginn der ersten Band HEROD um Punkt 19:00 Uhr am Einlass wegen der lang andauernden Sicherheitskontrollen eine fast 20m lange Schlange gebildet hatte, war schon ärgerlich. Manch einer wollte sicher früher rein und hat nun nicht damit gerechnet, nochmals 10min im Nieselregen warten zu müssen. Da HEROD nur eine Handvoll Songs spielen konnten und somit erst wenige Besucher in der Halle waren, ging der Funke nicht richtig über. Dennoch waren HEROD keine Enttäuschung. Die Band wirkte entschlossen und lieferte einen fettigen, noisigen, sperrigen Soundtteppich, der einem schon einmal einen guten Vorgeschmack gab, auf den Lärm, der an dem Abend noch kommen mag. Stilistisch will man experimentellen, Postcore/Postmetal Sludge servieren. Das ganze hat einen Hang zur Dissonanz, was mich aber nie störte. Zum Schluss hätte ich von den Eidgenossen gerne noch mehr gehört.

Nach kurzer Umbauphase und doch nun deutlich gefüllterer Halle enterten die gut gelaunten VOIVODS die Bühne. Die Kanadier wurden direkt gefeiert und ballerten ihre abgedrehten Thrashnummern unters Volk, die nicht selten aufgrund ihrer verrückten Songstrukturen und Spielereien live wegen ihrer Eigenarten oft sehr überraschend daher kommen. Sänger Denis „Snake“ Belanger wirbelte immerzu mit den Armen nach vorne und lief grinsend von einer Bühnenecke in die andere. Der Wahnsinn, den die Songs innehaben, hatte sich offenkundig schon deutlich auf den Frontmann abgefärbt. Mit Songs wie z.B. "Ripping Headaches", "Tribal Convictions,", "Kluskap O'Kom" oder "Chaosmöngers" hat man einen breiten Abriss der Alben zusammengestellt.

Hiernach folgten NAPALM DEATH, die den Grindcore schon in ihren frühen Jahren entdeckten und weiter entwickelten. Sänger Mark „Barney“ Greenway fehlte aus mir unbekannten Gründen auf den vorherigen Konzertterminen der Tour, stieg jedoch in Wiesbaden zur Tour ein. Wer ihn live erlebt hat, weiß, dass man ihn nicht einfach ersetzen kann. Ist seine Optik im Vergleich zu den anderen Bandmitgliedern doch eher unscheinbar, so explodiert er, wenn die Songs starten. Barney springt wie ein Geisteskranker über die Bühne, wackelt dabei mit allen Gliedmaßen als hätte er einen epileptischen Anfall und grunzt dabei dissonant ins Mikro. Der Rest der Band ballert aus allen Rohren. Sollte jemals Uhrwerk Orange neu verfilmt wären, so sollte sich Barney für die Hauptrolle bewerben. Nach dem Konzert nahm ihm sicherlich jeder ab, dass er nicht mehr alle Tassen im Schrank hat. Fazit: Muss man gesehen haben, Grindcore pur, auch wenn ich froh war, dass die Band nur fast eine Stunde spielte.

Es folgten OBITUARY, die mit recht wenig Licht auf der Bühne kamen, so dass man insbesondere Sänger John Tardy, nicht zuletzt wegen seiner altbekannten und immer noch präsenten langen Haarpracht, kaum richtig erkennen konnte. Gestartet wurde mit dem Instrumental "Redneck Stomp", das wir ein Walze unaufhaltsam durch den Schlachthof in Wiesbaden marschierte. Es folgte vom neuen Album das wesentlich schnellere "Centuries Of Lies", was das Publikum endlich zu wilden Mosh- und Pitgeschubse anheizte. "Visions In My Head", ebenso auf dem 2014er Silberling "Inked In Blood" enthalten, führte die Setlist fort. Hiernach besann man sich auf Altbewährtes und bot dem dankend moshendem Volk "Intoxicated" sowie "Bloodsoaked". Hiernach kamen "Dying", "Find The Arise", "Til Death", "Don't Care" und "Slowly We Rot". Es ist schon bemerkenswert, dass die Band bei ihrer Songauswahl auch an diesem Abend immer gerne auf die ersten beiden Album und den jüngsten Longplayer zurückgreift, aber die Alben, die in den letzten 20 Jahren erschienen sind, eigentlich komplett auslässt. Wie dem auch sei, dem Publikum hat es an dem Abend gut gefeiert, der Sound war fett und die Band machte keineswegs den Eindruck, dass sie schon seit den 80er Jahren unterwegs ist. Auch die Stimme von John Tardy klingt live nicht angestaubt. So boten OBITUARY an dem Abend keine Überraschungen, aber wie auch ihr letztes Album soliden fetten Florida-Death Metal, den man sich gerne mal wieder reinpfeifft.

Hiernach wurde die Bühne aufwändiger umgebaut. Ein riesiges weißes Laken mit allerlei chirurgischem Instrumenten hierauf abgebildet, wurde als Hintergrundmotiv für das Bühnenbild hochgezogen. Zusätzlich wurden Laserstrahler installiert und die Verstärker mit weißen Tüchern abgedeckt. Alles sollte wohl für einen chirurgischen Eingriff in die Gehörmuscheln der noch von OBITUARY durchgeschwitzen Meute vorbereitet werden. Gegen 22.30 enterten dann endlich CARCASS die Bühne und legten mit dem Instrumental "1985" los, bevor man mit "Unfit For Human Consumption" und "Buried Dreams" zur Sache kam. Obwohl das Publikum an dem Abend schon einiges durch die Ohren gejagt bekam, war die Stimmung direkt auf dem Höhepunkt und es wurden Circle Pits gestartet. CARCASS merket man nicht an, dass die Band schon viele Jahre auf dem Buckel hat, die Songs wurden präzise runtergezockt, ein echter Genuss und wirklich der Höhepunkt des Abends.

Von der Setliste konnte ich weiter Folgendes erkennen:

1985

Unfit for Human Consumption

Buried Dreams

Incarnated Solvent Abuse

Cadaver Pouch Conveyor System

This Mortal Coil

The Granulating Dark Satanic Mills

Captive Bolt Pistol

Exhume to Consume

Reek of Putrefaction

Keep On Rotting in the Free World

Corporal Jigsore Quandary

Mount of Execution

Heartwork

Kurz vor 0 Uhr war der Gig zu Ende. Das namenschwere Package hat die hohen Erwartungen an dem Abend zweifellos erfüllt. Dass die Ereignisse in Paris dem Besucherzustrom nicht geschadet hat, ist dabei umso erfreulicher. 



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