Konzert:

Bang Your Head 2016 - Freitag

Konzert vom 15.07.2016

NIGHT DEMON, die New Wave-Verehrer aus der CIRITH UNGOL-Stadt Ventura begeisterten vom Fleck weg mit einer engagierten und kraftvollen Performance. Basser und Sänger Jarvis Leatherby hatte nach Sekunden den obligaten hochroten Kopf und nutzte seine Sangespausen um jeden Zentimeter der Balinger Bühne abzurennen. Songs wie „Heavy Metal Heat“ oder „Full Speed Ahead“ zeigten NIGHT DEMONs Anspruch in der ersten Liga der neuen Heavy Metal Garde mitmischen zu wollen. Und wenn man nach dem Publikum geht, scheint dieser Plan problemlos aufzugehen. Das nächste Mal werden NIGHT DEMON mit Sicherheit nicht mehr den Opener geben. Wenn die Hitdichte noch ein wenig steigt, dann werden die drei noch richtig groß.

 

FREEDOM CALL

Was‘n Spaß. Während diverse Herrschaften aus meinem allernächsten Umfeld einen Zuckerschock nach dem nächsten bekamen und schon kurz vor der Einlieferung in die nächste Intensivstation standen, konnte ich mich auf die fränkischen Sonnenanbeter einlassen und hatte den schon eingangs erwähnten Spaß. Bei Ansagen wie: „Und nun kommt der fröhlichste Song ever…EVER...E.V.E.R.!!!“ kann man gar nicht anders, als breit grinsen. Das sah der Wettergott ähnlich und die Sonne begann auf Ansage (!!!) zu scheinen. Abgesehen davon boten FREEDOM CALL einen gelungenen Querschnitt aus Alt („Freedom Call“, „Warriors“), nicht ganz so alt („Tears Of Babylon“, „Power & Glory“) und neu („Union Of The Strong“). Außerdem wurde mit „Hammer Of The Gods“ auch ein Song vom nächsten Album vorgestellt. FREEDOM CALL bleiben eine hate it or love it Geschichte. Aber selbst wenn man mit den ultraeingängigen und süßlichen Hymnen nichts anfangen kann, so muss man Chris Bay und seinen Jungs doch insofern Respekt zollen, dass sie ihren Stiefel unbeirrt durchziehen. Kann man hingegen etwas damit anfangen, dann wurde man 50 Minuten super unterhalten.

 

MANILLA ROAD

Der Gegenentwurf zu FREEDOM CALL ließ auch nicht lange auf sich warten. Die Ur-Väter des US-Kauz-Metals gaben sich die Ehre. MANILLA ROAD sind gern gesehene Gäste in Balingen. Hier nahm die zweite Karriere von Mark Shelton ihren Anfang und hier kommen sie immer wieder gerne zurück. Mit „Flamming Metal Systems“ und dem „Riddle Master“ zogen MANILLA ROAD gleich zwei ihrer größten Klassiker zu Anfang. Kein schlechter Schachzug, denn so hatten sie sich die Aufmerksamkeit gesichert und konnten auch einige eher sperrige und garstige Songs ins weite Rund feuern. Aber auch bei „Death By The Hammer“ oder „Masque Of The Red Death“ wird der geneigte MANILLA Jünger wenig Anlass zum Meckern finden. Mark Shelton und Hellroadie teilten sich brüderlich die Vocals und ergänzten sich hervorragend. Hellroadie ist wohl der unegozentrischste Frontmann aller Zeiten. Er lässt „The Shark“ jederzeit im Rampenlicht und verhält sich immer mannschaftsdienlich. Hut ab vor so viel Selbstlosigkeit. Am Ende machten MANILLA ROAD mit „Necropolis“ und „Heavy Metal To The World“ den Sack dann souverän zu.

 

IMPELLITTERI

Namensgeber Gitarrist Chris Impellitteri und sein Sidekick am Gesang Rob Rock standen schon seit vielen Jahren auf meiner Balingen Wunschliste. Gehören die Alben des Flitzefingers doch zum Besten was der melodische Metal so zu bieten hat. Und da Rob Rock sowohl Solo als auch mit DRIVER schon in Balingen zu Gast war, war es nur eine Frage der Zeit, wann es endlich mit IMPELLITTERI soweit sein sollte. Trotz aller guten Vorzeichen ließ mich der Auftritt etwas ratlos zurück. Gesang erstklassig, Chris‘ Gitarrenkünste beeindruckend, Songauswahl ging auf Grund der Kürze der Zeit auch in Ordnung und trotzdem wollte sich wahre Begeisterung nicht so recht einstellen. So sehr ich es auch wollte. Vielleicht waren meine Erwartungen auch einfach nur zu hoch, als dass sie hätten erfüllt werden können. Denn Nummern wie „The King Is Rising“, „Warrior“, „Stand In Line“, die E.P.-Nummer „Lost In The Rain“ oder „Answer To The Master“ sind Melodic Metal Perlen, die eigentlich immer und überall gehen. Aber irgendwie ließ das Ganze wahres Feuer und Leidenschaft missen und dem Auftritt haftete zu sehr der Nimbus „Job“ an. Objektiv betrachtet war zwar alles gut, subjektiv bleibt eben ein wenig die anfangs beschriebene Ratlosigkeit zurück.

 

METAL CHURCH

Bei den wieder mit Ex-Fronter Mike Howe auflaufenden METAL CHURCH sah das schon ein wenig anders aus. Die Band wirkte motiviert bis in die Haarspitzen (ja, auch Glatzenträger Kurdt Vanderhoof) und besonders Howe rannte wie ein Derwisch über die Balinger Bühne. Es war absolut faszinierend zu sehen -und vor allem zu hören- wie wenig sich Howe in den letzten 20 Jahren verändert hat. Er sang immer noch wie ein junger Gott (gut…bei den David Wayne Tracks war er manchmal etwas schrill, aber das tat meiner Begeisterung für seinen Auftritt keinen Abbruch). Da mit „In Mourning“, „Date With Poverty“ und „The Human Factor“ etliche Songs meines METAL CHURCH Geheimfavoriten „The Human Factor” zum Zuge kamen, konnte mich auch das Fehlen der Bandhymne „Metal Church“ in meiner Begeisterung wenig bremsen. Auch neuere Stücke wie „Killing Your Time“ oder „No Tomorrow“ fügten sich perfekt in den energischen Set ein. In dieser Verfassung gehören METAL CHURCH absolut wieder an die Spitze. Geile Show.

 

TESTAMENT

Nach dem täglichen Besuch des Balinger Italieners ging es mit einer deftigen Dosis Thrash in den Abend. TESTAMENT eröffneten mit dem Debut-Klassiker „Over The Wall“ und sofort war mächtig Alarm im weiten Rund. Chuck Billy und sein Gitarrist Eric Peterson bildeten das Herzstück TESTAMENTs, um welches herum sich die drei Ausnahmekönner Skolnick, DiGiorgio und Hoglan austoben konnten. Gerade auch Skolnick scheint wieder richtig Bock auf Metal zu haben. Das war ja nicht immer so. Mit dem folgenden „Rise Up“ wurden die Balinger Horden dann geschickt zum Mitmachen animiert („When I say rise up…you say…WAAAAAAR“). Im weiteren Verlauf wechselten sich Klassiker wie „The Preacher“, „Practice What You Preach“, „Into The Pit“ oder das mächtige „Deciples Of The Watch“ mit neueren Songs wie „More Than Meets The Eye“, „Dark Roots Of The Earth“ oder „Native Blood“ ab. Mit dem schnellen „D.N.R.“ wurde sogar der „Lombardo-Phase“ gedacht. Alles in allem ein saustarker und mitreißender Auftritt der Herren aus der Bay Area. Man darf sich auf das neue Album wirklich freuen.

 

TWISTED SISTER

Die Band, welche Balingen wie keine zweite geprägt hat (eigentlich sollte die Veranstaltung nicht mehr „Bang Your Head“ sondern „We’re Not Gonna Take It“ heißen) bat zum letzten Tanz. Nachdem Drummer A.J. Pero letztes Jahr tragischer Weise verstarb, schnappten sich die verbliebenen Schwestern Ex-DREAM THEATER Drummer Mike Portnoy und begaben sich auf die „40 And Fuck It“-Tour, in dessen Rahmen sie natürlich auch nach Balingen kommen mussten. Schließlich nahm hier die TWISTED SISTER Reunion ihren Anfang. Und auch wenn etwas Wehmut in der Luft lag, wenn TWISTED SISTER die Bühne stürmen, ist Party ohne Ende angesagt. Auch mit mittlerweile 61 Jahren ist Dee Snider nach wie vor einer der besten -wenn nicht der beste- Frontmänner des harten Rock. Um sein Sixpack wird er von vielen halb so alten Anwesenden mehr als beneidet, aber nicht nur seine Optik, auch seine Entertainer-Fähigkeiten suchen auf dieser Welt ihresgleichen. Das Publikum fraß ihm ein letztes Mal aus der Hand und sang die vielen unsterblichen Klassiker lauthals mit. Neben „We’re Not Gonna Take It“ waren das u.a. „Burn In Hell”, “The Kids Are Back”, „Come Out And Play”, „I Wanna Rock”, „Under The Blade”, „The Price” und natürlich „S.M.F.”. Zu meckern gab es naturgemäß nichts. Party Rock, dicke Hose Sprüche, ein banddienlich trommelnder Portnoy und ein agiler Snider waren die Zutaten eines gelungenen Abschieds aus Balingen. Als am Ende ein sichtlich bewegter Snider mit seinen Mannen zum Bühnenrand kam, verabschiedete er sich ungewöhnlich leise – aber umso glaubhafter ehrlich- mit den Worten: „We are TWISTED fukin‘ SISTER, don’t forget us, ‘cos we don’t forget you“.

Danke TWISTED SISTER für die vielen unvergesslichen Auftritte in Balingen.



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