Konzert:

All That Remains, The Haunted, Deadlock - Hamburg, Knust

Konzert vom 29.01.2009

Das Knust war seit Tagen ausverkauft, da traf es sich nur zu gut, dass
es live im Internet auf einem relativ neuen Portal übertragen wurde,
dass dazu heute extra mit Deutschlands derzeit größtem
Metal-Printmagazin zusammen arbeitete. Und wer es sich mit Bier und
Chips vor dem Computer gemütlich gemacht hatte, musste nicht in der
langen Schlange an Garderobe und Tür anstehen. Immerhin hatte das Knust
das clever eingerichtet: Im Durchgang der alten Rinderschlachthalle, der
sogenannten Karodiele, wartete man im Schein von zwei reichlich
angerockten Heizpilzen...



Die Live-Übertragung bedeutete aber auch, dass ein eisenharter Zeitplan
durchgezogen wurde. Stand auf der Website des Knust noch "Einlass 20:00,
Beginn 21 Uhr" spielen, ging nur kurz vor Beginn noch ein Newsletter der
Plattenfirma mit den genauen Startzeiten durchs Netz: 20:00 bis 20:30
Uhr DEADLOCK. Bei locker abgemachten 20 Uhr am Treffpunkt war das
illusorisch. Und so schob man sich zum Gesang von Sabine durch Karodiele
und Knust-Bar -- und sah nur noch Rücken, denn das Knust war schon
rappelvoll!




Bis THE HAUNTED blieb also nicht mehr viel Zeit, um sich einen guten
Platz zu ergattern: Also wieder Grüße an die Couch-Potatoes, denn die
hatten wenigstens nicht diese Säule vor sich... Aber das ist das
Gegenteil einer Beschwerde. Auch beim letzten Gastspiel der Göteborger
in Hamburg war es eng -- so eng, dass das Schlagzeug von Per Möller
Jensen in der Ecke beim FOH stehen musste, so dass sich die damals
vielleicht 150-200 Besucher des Molotow drum herum drängeln konnten.
Fast zwei Jahre später sind bestimmt dreimal so viele Zuschauer gekommen
und lassen sich vom Opener des aktuellen Albums, von den ersten Tönen
von "Little Cage" einsaugen. Denn nicht alle hier kennen THE HAUNTED --
viele Metalcore-Fans sind extra wegen ALL THAT REMAINS gekommen und
nehmen THE HAUNTED mal eben mit, haben vielleicht schon mal
oberflächlich was gehört - und sind geplättet. Nach der Breitseite folgt
das melodische Meisterstück "The Drowning", bei dem Sänger Peter Dolving
und seine Musiker zeigen, dass gerade Metaller nicht unbedingt auf den
Kopf gefallen sind. Ausgerechnet vor der Bridge mit Warnung vor
totalitären Regimes und der denkwürdigen Zeile "All hail, raised hands
in impeccable synchronicity" feuert Gitarrist Jensen alle dazu auf, die
Arme gen Bühne zu recken. Das ist ein bißchen angsteinflüßend, und es
ist so gewollt -- THE HAUNTED ackern sich hier nicht ab, damit man das
Hirn an der Garderobe mit abgibt. Zum Marco-Aro-Thrasher "Trespass"
verlor ich meine Begleitung im Moshpit, der inzwischen fast auf
Bühnenbreite im Durchmesser angeschwollen war. Anschließend darf der Pit
kurz durchschnaufen, und Peter Dolving ist nicht nur außer Atem sondern
auch ergriffen bei seiner ersten Ansage des Abends. Die ist nicht
gespielt, Peter Dolving trägt sein Herz eher zu weit vorn auf der Zunge
und ist zu emotional: THE HAUNTED sind tatsächlich gerührt von diesem
neuen Interesse an ihrer Musik! Und die nun folgenden Songs geben ihnen
recht: Bis zum "Moronic Colossus" gehen dutzende Stagediver auf die
Reise. Dolving, dirigiert souverän den Moshpit und entfesselt mit einem
Schlenker seines Arms den Circle Pit! Ganz nebenbei werden die
Testosteron-Bolzen erzogen: Spaß ja, aber Kickbox-Einlagen sind nicht
gern gesehen, jeder soll schön auf den anderen aufpassen. Das machen
auch die Boys, die die Säule vor mir inzwischen als Kletterhilfe
entdeckt haben. Inzwischen spielen diese "Dark Souls in Our Ugly
Scandinavian Bodies" (so Dolving über sich und seine Bandkollegen) "All
Against All", und um dem Titel seinen Wert zu verleihen, dirigiert
Dolving tatsächlich eine Wall of Death! Das ist nicht nur unerwartet für
THE HAUNTED, das ist die erste, die ich im Knust je gesehen habe! Wsa
gabs noch? Slayer-eskes Haareschütteln zu "Dark Intentions", mehr
Crowdsurfer, mehr Moshpit. Nach einer weiteren, dankbaren Atempause und
dem entfesselten Endspurt zu "99" und "Hate Song" (bei dem Dolving nun
doch sein T-Shirt ausgezogen und die Tattoos präsentiert hat) geht es an
die frische Luft und die Bar. Mögen die fünf Jungs aus Göteborg auch
tiefstapeln und sich an ihr Alter und die nicht ganz perfekt definierten
Muskelgruppen erinnern -- THE HAUNTED sind die sportliche Boyband des
Abends!




Setlist THE HAUNTED


Little Cage


The Drowning


Trespass


--


Intro: Premonition


The Flood


The Medication


Moronic Colossus


--


Intro Boots


D.O.A


All Against All


In Vein


Trenches


Dark Intentions


Bury Your Dead


Fault Line


--


99


Hate Song




Nach der Thrash-Metal-Aerobic-Stunde fiel der Weg zurück hinein schwer.
Allerdings nicht durch die Raumsituation bedingt, denn die Reihen waren
beim Headliner ALL THAT REMAINS schon ein bißchen gelichtet. Dabei
wollten die Herren und die Dame aus Massachusetts nichts dem Zufall
überlassen -- das Intro zu "The Air That I Breathe", mit dem sie auf die
Bühne gingen, war fett. Sänger Phil Labonte hüpfte erwartungsvoll und
anfeuernd auf die Bühne -- aber die Akkus auf der anderen Seite waren
leer. Also fiel bei gemäßigtem Kopfnicken auf, dass Bassistin Jeanne
Sagan ziemlich betont tough aus der Wäsche schaut. ALL THAT REMAINS
waren ohne die mitgehende Masse auf ihr Klischee reduziert -- im
Gegensatz zu ihrer Vorband, die sie nicht nur in Bezug auf die
Spielfreude, sondern auch die Variabilität der Songs -- von Thrashern
über Core bis Melodie -- glatt an die Wand gespielt hat. Trotzdem
spielte der fünfer natürlich nicht auf dem "Deadliner"-Slot: Die Fans
hatten im Wesentlichen wegen ihren Helden aus Amerika das Eintrittsgeld
gelöhnt und blieben stehen. Oder hüpften in den vorderen Reihen herum.
Aber ein nicht zu verachtender Teil blieb dann doch an der Bar hängen
und schaute sich das Konzert ganz in Ruhe auf einer der Leinwände an.
Gut, dass es gestreamt wurde...





Setlist ALL THAT REMAINS:


The Air That I Breathe

Undone

Become The Catalyst

Not Alone

The Weak Willed

Chiron

It Dwells In Me

Before The Damned

Indictment


For Salvation
Two Weeks
This Calling
This Darkened Heart



Mehr Infos:All That Remains
The Haunted
Deadlock