Interview:

2013-02-28 Korpiklaani

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Die Folk Metal-Helden von KORPIKLAANI waren wieder auf Deutschland-Tour und besuchten auch den Süden der Republik. Gelegenheit also, sich vor dem Konzert in Ingolstadt mit Bassist Jarkko Aaltonen über die Musik, den Werdegang und die Zukunft von KORPIKLAANI zu unterhalten. Vor dem Interview präsentierte Jarkko sichtlich stolz noch eine eindrucksvolle Sammlung alter LPs und Singles (die Dinger aus Vinyl, als es noch keine MP3s gab...) von Bands wie KISS, IRON MAIDEN oder DEEP PURPLE. Jarkko sucht in jeder Stadt, in der KORPIKLAANI gastieren, nach solchen Schätzen. InterviewJarkko, heute ist das letzte Konzert des ersten Abschnitts eurer "Manala Tour". Wie lief es bisher?


Wir haben in Deutschland angefangen und hören dort auch wieder auf, es war eine schöne Rundreise durch Europa. Wir waren nach längerer Pause wieder in England und das allererste Mal in Irland. Das war cool und hat Spaß gemacht. Abgesehen von Autounfällen und defekten Bussen war die Tour also okay…



Ihr spielt sehr oft in Deutschland. Was macht Deutschland für euch so attraktiv?


Ich glaube, es ist andersrum: Die Deutschen finden uns so attraktiv. Zuerst waren wir auf diesen Paket-Touren wie Paganfest oder Heidenfest und die konzentrieren sich irgendwie auf Deutschland oder Österreich, also die deutschsprachigen Länder in Europa. Und jetzt machen wir unsere eigene Headliner-Tour und vermeiden die Gegenden, wo wir eh schon vorher waren.



Eure Musik setzt Elemente des Humppa ein, was ja die finnische Variante des Foxtrott ist…


Genau genommen ist es ein deutscher Musikstil. Fakt ist, dass ein finnischer Radio-Journalist in den 1950er-Jahren oder so in München eine Blaskapelle hörte und einen der Einheimischen fragte, was das sei. Und die Antwort war: „Wir nennen es Humba, humbaTätärä“. Bands wie Eläkeläiset verkaufen es nun wieder an die Deutschen zurück.



Dieses „HumbahumbaTätärä“ ist bei jungen Musikfans in Deutschland nicht sonderlich populär. Eure Musik, dieser Mix aus Metal und Humppa, ist es dagegen schon.


Eigentlich haben wir mit Humppa nichts mehr zu tun, zumindest auf den letzten drei oder vier Alben.



Ihr werdet aber weiter in diese Schublade gesteckt…


Ja, kann schon sein. Die Leute haben halt ihre eigene Meinung, und ich kann nicht von ihnen verlangen, ihre Meinung zu ändern. Du kriegst ein Etikett verpasst und hast das für den Rest deines Lebens.



Ihr habt mittlerweile eine ganze Reihe von Alben veröffentlicht und wart auf vielen Tourneen, die Leute kennen euch. Euer Sound und eure Musik haben sich in all den Jahren nicht stark verändert, bleibt ihr eurem Stil also bewusst treu?


Wenn man das erste und das neueste Album direkt mit einander vergleicht, dann bemerkt man einen riesigen Unterschied. Aber es gab nie einen großen Sprung von einem Album zum nächsten. Für die, die uns seit vielen Jahren folgen, mag es so wirken, als hätten wir unsere Musik kaum verändert. Aber meiner Ansicht nach gibt es eine ganz klare Entwicklung vom ersten Album bis zum neuesten.



War es eine bewusste Entscheidung von euch, den Stil nur marginal zu verändern?


Wir haben uns weder so noch so entschieden. Es war eher genau andersrum, denn wir haben bei jedem Album versucht, das zum jeweiligen Zeitpunkt bestmögliche Album zu produzieren. Das Ergebnis war, dass wir meiner Meinung nach mit jedem Album besser wurden. Ich kann mir heute noch unseren Back-Katalog ansehen und fühlen, dass das für jedes einzelne Album zutrifft. Es war ein natürlicher Fortschritt, in jedem Punkt besser zu werden.



Wie funktioniert das Songwriting bei KORPIKLAANI?


Jonne [Järvelä] ist der Haupt-Songwriter, er schreibt den größten Teil der Musik. Auch der Geigenspieler, wer immer das zur jeweiligen Zeit war, hat einige Ideen zum Arrangement beigesteuert. Ein paar Winzigkeiten werden im Studio noch geschrieben, aber das meiste kommt vorher von Jonne. Ich habe auch früher ein paar Songs geschrieben, auf den letzten Alben aber nicht mehr. Wir haben es nie geschafft, uns zu treffen und Songs zu schreiben. Stattdessen schicken wir immer fertige oder halbfertige Demos herum. Meistens haben wir mehr Songs fertig als wir brauchen, wenn wir ins Studio gehen.



Wie wichtig sind euch die Texte? Wollt ihr, dass euch die Leute verstehen? Denn die meisten Songs sind ja auf Finnisch, was viele Fans nicht so gut verstehen wie Englisch…


Schon, aber wenn man sich das Album gekauft hätte, dann hätte man auch die englischen Übersetzungen erhalten. Aber wenn man es aus dem Internet downloadet…


Das hilft aber den Leuten nicht, die einen Streaming-Dienst wie Spotify nutzen oder sie legal bei Amazon oder iTunes kaufen… auch live spielt ihr ja überwiegend Songs auf Finnisch.


Unsere letzten Alben waren auf Finnisch, das war auch eine natürliche Entwicklung, denn ursprünglich wollten wir immer schon unsere Songs auf Finnisch machen. Aber Jonne mochte die Texte zuerst nicht und fand es leichter, gut klingende Texte auf Englisch zu schreiben. Mit dem dritten Album bekamen wir dann diese schönen, poetischen Texte auf Alt-Finnisch von einem Freund, und dann wurden es mehr und mehr finnische Texte. Danach haben auch andere Leute uns Texte angeboten und Jonne hat schließlich gemerkt, wie er sowas selber schreiben kann. Jetzt sind wir sehr zufrieden mit unseren Texten.



Ist Finnisch leicht zu singen?


Das kann ich nicht sagen, denn Finnisch ist meine Muttersprache. (lacht) Finnisch ist ein bisschen kompliziert, denn wir haben sehr lange Wörter. Das macht es etwas schwieriger, sie in Textzeilen zu packen. Manche Dinge kann man auf Finnisch in ein oder zwei Wörtern sagen, und auf Englisch bräuchte man dafür zwei oder drei Sätze.



Woher kommt die Inspiration für neue Songs? In der Vorstellung vieler Fans inspiriert euch die Natur, stimmt dieses Bild?


Inspiration kann von überall her kommen. Jonne nimmt sehr viel von seiner Umgebung auf, zum Beispiel von der Natur. Ich weiß aber auch, dass er zu neuen Songs inspiriert wird, wenn er sich ein neues Instrument kauft. Während er versucht, es spielen zu lernen, schreibt er nebenbei ein neues Lied. Ich selber weiß nicht, woher meine Inspiration kommt, ich spiele einfach Gitarre und manchmal entsteht dabei etwas.



Du hast bereits über die Entwicklung der Band gesprochen. Wie geht es weiter, wo siehst du die Band in fünf oder 10 Jahren?


Wir wollen unser Publikum erweitern. Wir werden ja als Folk Metal bezeichnet, aber wenn man uns mit anderen Folk Metal-Bands vergleicht, sind wir weniger Metal-lastig. Wir könnten also alle möglichen Festivals spielen, haben wir auch bereits, es müssen nicht unbedingt Metal-Festivals sein. Wie vorher schon gesagt, wenn man erst mal in eine Schublade gesteckt wurde, limitiert es dich, verwehrt dir Möglichkeiten.



Wollt ihr in Finnland auch euer Publikum erweitern? Ihr hattet ja in eurer Heimat lange Zeit Probleme, einen ähnlich populären Status zu erreichen wie außerhalb.


Es war für uns lange sehr schwer in Finnland, aber in den letzten zwei oder drei Jahren hat sich das geändert. Wenn wir vor sechs Jahren in Finnland spielten, wussten wir nicht ob sechs oder 16 Leute kommen. Aber jetzt läuft es besser, jetzt macht es Spaß. Ich erinnere mich an eine besondere Show, eine Art Wendepunkt. Wir spielten irgendwo im Osten Finnlands, wo wir noch nie waren, nicht mal in der Region, und wir dachten, dass es halt so laufen würde wie immer: Sechs Betrunkene und ein dreibeiniger Hund im Publikum – doch der Laden war randvoll, 300 Leute in einem kleinen Club. Von da an wurde es besser.



Also haben die Finnen vom Rest Europas gelernt, was KORPIKLAANI angeht?



Ich erinnere mich an die 90er-Jahre, als STRATOVARIUS bereits sehr bekannt waren und in den größeren Hallen rund um die Welt spielten. Und in Finnland spielten sind in meinem Stamm-Club vor vielleicht 50 Leuten. Und keiner hat wirklich zugehört. Also scheint das in Finnland normal zu sein…



Wie wollt ihr denn nun euer Publikum erweitern? Vielleicht, indem ihr mit einer bestimmten Band tourt, gibt es da etwas?


Ich weiß nicht… bei einer Tour muss man so vieles beachten. Klar gibt es Bands, die mehr Publikum anziehen. Aber wenn man dann am Ende schlecht behandelt wird, lohnt es sich nicht. Ich denke, es geht in diese Richtung, wenn wir Ende des Jahres mit SUBWAY TO SALLY touren. Das ist schon ein anderes Publikum, das wir dann erreichen.



Letzte Frage: Was erwartest du vom Konzert heute Abend?


Betrunkene Deutsche. Es ist Samstag! (lacht)




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