Interview:

2014-01-13 Erik Cohen

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SMOKE BLOW-Sänger Letten hat sich nach der Entscheidung, die Band nur auf kleiner Flamme weitermachen zu lassen, die Haare lang wachsen lassen und mit ERIK COHEN ein eigenes, neues Projekt in's Leben gerufen. Das Debütalbum steht an, Letten ist ein interessanter Gesprächspartner und für ein Leben lang Kindegarten gemacht - also ab dafür und Fragen in den Norden gejagt. InterviewPlatte fertig, Jahresende steht an, im Januar dann die Release-Show im Hamburger Knust: sieht nach einem guten Jahresabschluss aus, oder?


Ja, das stimmt schon. Ich bin froh, dass das Album endlich fertig ist und rauskommen kann. Zwar ist die Arbeit keineswegs zu Ende, aber das Gröbste haben wir erstmal hinter uns. Zeit wurde es.


Wie lange habt ihr an den Songs für das Album geschrieben? Gab es eine klare Idee, wie ERIK COHEN klingen soll oder habt ihr euch ausprobiert?


Das Album ist über einen sehr langen Zeitraum, d.h. über mehrere Jahre, entstanden. Es bedurfte eines längeren Prozesses, bis ich mich als Künstler derart neu "erfunden" hatte, dass ich zu 100% sicher war und dachte: Okay, jetzt passt alles, das fühlt sich cool für mich an. Ich habe zu Beginn alles einmal runtergefahren, um ganz ohne Scheuklappen komplett neu starten zu können. Der Sound von ERIK COHEN hat sich dann auf 'ne ganz natürliche Weise mit der Zeit Stück für Stück zusammengefügt.


Bist du der Chef im Ring oder ist die Band demokratisch ausgelegt?


Ich bin ERIK COHEN, also muss letztlich ich selbst entscheiden, was ich machen möchte. Ich stehe ja auch alleine im Fokus und bin am Ende derjenige, der sich daher u.a. mit den Songs, den Platten und auch auf der Bühne wohl fühlen muss. Sonst könnte ich schließlich kaum was rüber bringen. Daher ist es letztlich so, dass ich festlege, was geht und was nicht. Aber ich bin guten Ideen und Einwürfen immer aufgeschlossen meine nicht, die künstlerische Weisheit exklusiv mit Löffeln gefressen zu haben. Von daher bitte ich mein vertrautes Umfeld natürlich immer um Feedback und Anregungen und arbeite nicht stur unter meiner eigenen Käseglocke vor mich hin. Wäre ja auch selten dämlich, wenn ich z.B. eine super Idee nicht zulassen würde, nur weil sie nicht von mir stammt.


Wie lange hast du für die Texte gebraucht? Was behandelst du in ihnen? Fällt es dir leicht, auf deutsch zu singen bzw. dich auszudrücken?


Die Texte sind wie das Album selbst über einen längeren Zeitraum entstanden, es war ein Mix aus unmittelbar passenden Eingebungen und extrem langwierigen Hin- und Her-Phasen, da es mir in deutscher Sprache wesentlich schwerer fällt, so auf den Punkt zu kommen wie ich mir das vorstelle. Man bekommt sehr schnell das Gefühl, dass irgendetwas hakt und nicht fließt, sich leicht peinlich anfühlt usw. - Von daher schreibe ich die Texte auch nicht alleine, sondern arbeite mit 1-2 weiteren Leuten zusammen, damit wir uns gegenseitig pushen und die grundsätzliche Qualität kontrollieren können. Zum Inhalt: Ich bin generell kein Fan davon, aus Autorensicht groß auf einzelne Songs einzugehen, da ihnen das unter Umständen etwas den Reiz nehmen könnte. Allgemein habe ich versucht, neben dem Sound auch einen halbwegs eigenständigen, offenen lyrischen Ansatz zu finden, viel mit Bildern zu arbeiten und innerhalb der erzählten Geschichten auch so etwas wie individuelle Projektionsfläche zu bieten, was sich hoffentlich positiv auf den Hörspaß auswirkt.


Wo wart ihr im Studio? Wie lange habt ihr euch da aufgehalten?


Das Album wurde so produziert, wie es rausgebracht wird: Nahezu komplett in Eigenregie. Wir haben es bei uns zu Hause in Kiel aufgenommen und es hat eine halbe Ewigkeit gedauert. Unser Bassmann Björn und ich sind diesbezüglich ein mittlerweile sehr eingespieltes Team und haben uns über nahezu 3 Jahre dem immer wiederkehrenden Wahnsinn hingegeben. Am Ende verstärkten wir uns für den Mix mit unserem alten Weggefährten Ulf, der auch diverse SMOKE BLOW-Alben mit verantwortete, bevor wir das Mastering vertrauensvoll in die uns seit langem bekannten und geschätzten Hände von Michael Schwabe bei Monoposto in Düsseldorf gelegt haben. Im späten Oktober 2013 wurden wir dann endlich komplett fertig.


Wie aktiv willst du mit ERIK COHEN sein? Immerhin haben SMOKE BLOW ja alle Aktivitäten zurückgefahren, um sich von dem ganzen stressigen Bandalltag zu befreien…


Ich möchte als ERIK COHEN so aktiv wie nur möglich sein, mir langfristig gerade auch über viele Live-Shows ein neues und nachhaltiges Standing erarbeiten und zeigen, was wir im Angebot haben. Dies mit einer Konzert-Anzahl zu beziffern ist schwierig, denn es hängt ja nicht nur an vorhandener Lust und verfügbarer Zeit, sondern auch an der Nachfrage. Aber ich würde mich sehr freuen, wenn es mir möglich gemacht würde, auf Sicht auf einer soliden Basis regelmäßig Konzerte und Touren zu spielen. Ich habe große Böcke darauf und das gilt auch für meine Bandkollegen.


Wo wir gerade dabei sind: was erhoffst du dir von den beiden SMOKE BLOW-Shows in Hamburg und Berlin (bzw.: wie waren sie?)?


Jede jetzt anstehende SMOKE BLOW-Show wird von uns als Band als eine besondere Geschichte wahrgenommen und auch so angepackt. Wir wollen natürlich alles reingeben, was SB ausmacht, sind vorbereitet und hoffen, dass sich wieder eine so geile Atmosphäre für die Leute und uns selbst entwickelt, wie das zuletzt oft der Fall war.


Wollt ihr auch im kommenden Jahr einige Shows spielen? Wärt ihr für Benefiz-Dinger z.B. zugunsten der Hardcore Help Foundation oder sowas offen?


Nächstes Jahr wird es sicherlich auch wieder ein-zwei Auftritte geben, aber mit mehr ist eigentlich nicht zu rechnen. Natürlich sind wir für eine gute Sache immer offen, das ist ja klar. Es muss ganz generell für uns passen und sich gut anfühlen, der Rest kommt dann schon von alleine. Wir würden aber wohl aufhören, gelegentlich Konzerte zu spielen, wenn wir merkten, dass für uns (und somit wohl auch für andere) die Luft raus ist und wir nichts mehr auf die Bretter bringen, mit dem wir uns selbst identifizieren können.


Wie oft siehst du deine ERIK COHEN-Kollegen?


Das kommt ganz darauf an, was konkret ansteht. Wir kennen uns lange und laufen uns alle durchaus regelmäßig über den Weg, aber grundsätzlich natürlich besonders dann, wenn wir uns z.B. auf Konzerte vorbereiten und im Proberaum treffen. Ansonsten ist es aber eher so, dass die privat zur Verfügung stehende Zeit vor allem für unsere jeweiligen Familien da ist.


Wie unterscheiden sich ERIK COHEN-Live-Shows von SMOKE BLOW-Gigs?


SMOKE BLOW-Shows sind körperlich anstrengender, das geht teilweise mittlerweile wirklich in die Vollen und man hört am Folgetag schonmal die Knochen klappern. ERIK COHEN erfordert live ein wesentlich höheres Maß an Konzentration, sodass es auf stimmlicher Ebene fordernder ist. Es ist schon so etwas wie ein Balanceakt für mich, hier die richtige Mischung aus Bühnen-Aktion und so etwas wie gesanglicher Transparenz zu finden, denn im Gegensatz zu SB kann ich die Vocals live nicht auch mal ein Stück weit verschlucken.


Strengt/ stresst dich eine Live-Show sehr? Oder überwiegt der Spaß?


Das hängt natürlich immer auch ein gutes Stück an Umständen wie Anreise bzw. dem Tagesverlauf und vor allem der jeweiligen Konzert-Atmosphäre. Wenn sich da nicht viel entwickelt und die Leute sehr zurückhaltend sind, ist es - so ohne Rückenwind - durchaus mal etwas "stressiger", dein Level zu halten und voll durchzuziehen. Aber das ist glücklicher Weise zuletzt eher selten der Fall gewesen und der Spaß an der Sache überwiegt auf jeden Fall, sonst würde ich das nicht mehr machen.


Was machst du, wenn du mal abschalten willst?


Wo Du das so fragst: So richtig abschalten konnte ich zuletzt wenig. Das war und ist einfach sehr schwierig mit 'nem Vollzeitjob, drei Kindern und der ganzen Arbeit als "halbprofessioneller" Musiker, der sich nebenberuflich auf eigene Füße stellen möchte und dafür mit RYL NKR seine eigene Plattform gegründet hat. Zuletzt habe ich immer ein wenig durchgelüftet, wenn ich mit meiner Hündin raus bin, aber sie vor einigen Monaten gestorben. Altersschwäche. Zur Zeit gehe ich allenfalls mal eben vor die Tür, fahre z.B. mit der Fähre 'ne Runde über den Kanal und rauch mir dabei in Ruhe 'ne Zigarette.


Welche Platten haben dich in diesem Jahr beeindruckt?


Die meiste Zeit hab ich ausnahmsweise mal fast nur mit älteren Klassikern verbracht, aber ich habe natürlich auch 2013 zumindest hier und dort hingehört und auch gut gefunden: GHOST, BLACK SABBATH, MODERN LIFE IS WAR, BEASTMILK...


Was hältst du von der ganzen Reunions der alten HC-Mokel Marke JUDGE oder BLACK FLAG?


Ich habe jetzt nicht kategorisch etwas gegen Reunions. Sofern sie echte Leidenschaft mit sich bringen und was dahinter steckt, find' ich das vollkommen okay. Allerdings gehe ich bei Bands der von Dir genannten Kategorie aus 'ner Art Selbstschutz lieber nicht auf ein Reunion-Konzert. Denn ich möchte sie als Fan in solch speziellen Fällen in der Regel lieber so in Erinnerung behalten, wie ich sie kennen- und schätzen gelernt habe. Das "Risiko" enttäuscht nach Hause gehen zu müssen, ist mir oft zu groß, zumindest bei absoluten Favoriten. Natürlich kann es dann immer sein, dass ich ein gutes Konzert verpasse.


Gehst du selbst noch zu Shows? Oder sind die Zeiten vorbei?


Klar, wenn die Zeit es zulässt gehe ich auf jeden Fall auf Konzerte und schaue mir Bands an. Allein aus den zuvor genannten Gründen ist es nicht gerade einfach, sich zusätzliche Abende freizuschaufeln. Ganz im Gegenteil.


Die abschließenden Worte sind deine.


Hört und schaut mal rein. Danke für den Support.



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