Interview:

2016-04-01 Der Weg einer Freiheit

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Auf der letzten Tour von DER WEG EINER FREIHEIT haben wir uns Sänger Nikita Kamprad geschnappt, um mit ihm ein Gespräch über gute Musik, Stellar und die weiteren Pläne der Band zu führenInterview

Was bedeutet Black Metal für dich?

Was anderes, als es früher bedeutet hat. Der Grund, warum ich überhaupt angefangen habe, Black Metal zu machen, war einfach dass mich der Back Metal wie keine andere Musikrichtung beeinflusst hat – lyrisch als auch musikalisch aber eher musikalisch als lyrisch. Das hat sich dann auch irgendwann so rauskristallisiert, als ich versucht habe, mich durch eigene Musik auszudrücken. Da habe ich gemerkt: okay, dieses schnelle, aggressive und trotzdem melodische und einfühlsame passt irgendwie gut zu meinem Charakter. Und das ist es, was Black Metal für mich ausmacht: das aggressive und doch sehr emotionale.

 

Was bedeutet es für dich, in einer Black-Metal-Band zu spielen?

Am Anfang war der Gedanke dann im Prinzip nur, ein Projekt für mich alleine zu machen, um meinem musikalischen Output Ausdruck zu verleihen. Das hat sich dann weiter entwickelt zu einer richtigen Band mit Liveshows und Touren, was ich ganz am Anfang niemals gedacht hätte. Insofern hat sich die Band von dem Anfangsgedanken weg bewegt, aber in eine für mich auf jeden Fall positive Richtung.

 

Was würdest du sagen, sind die wichtigsten Unterschiede zwischen „Stellar und „Unstille“?

Der generelle Sound ist viel natürlicher. Wir sind so an die Aufnahmen herangegangen, dass wir bewusst auf künstliche Hallräume, Effekte, Computerkrams etc. weitestgehend verzichtet, in einem wirklich sehr gut klingendem und großem Aufnahmeraum aufgenommen und dabei viele Raummikros benutzt haben. Dadurch bekamen wir den natürlichen klang des Instruments, damit wir am Ende im Mix nicht mehr viel drehen müssen sondern dass es so zu dem Endprodukt kommt, wie wir es wollen. Das ist soundtechnisch der Unterschied zwischen dem neuen Album und dem ganzen Material vorher. Musikalisch und textlich: ich habe beim Songwriting versucht, viele neue Sounds auszuprobieren, aber auch die Dynamik zu erweitern, also leise zu laut, schnell zu langsam, weil es die Musik interessanter und fesselnder macht. Und auch für mich. Ich habe natürlich keinen Bock, langweilige Musik zu machen (lacht). Und weil die Leute inzwischen auch was von uns erwarten. Von daher habe ich versucht, die Bandbreite zu erweitern. Z.B. gesanglich – es ist ja das erste Album, auf dem ich auch sing. Den Clean-gesang im ersten Song reinzupacken war auf jeden Fall eine große Hürde, aber im Endeffekt bin ich sehr froh drum, das gemacht zu haben weil es einfach eine weitere Facette ist und auch gemerkt habe, dass ich Bock habe, mich da auch weiterzuentwickeln.

 

Was macht für dich gute Musik aus? Wann sagst du über Musik: „die ist top“?

Wenn sie einfach nicht klingt wie irgendwas, dass ich schon einmal gehört habe. Und wenn sie mich in meinem Unterbewusstsein so mitnimmt, dass ich nicht erwarten kann, sie wieder zu hören. Also wenn mir ein Song so gut gefällt und ich weiß gar nicht, warum aber ich muss ihn immer wieder hören, dann weiß ich: das ist ein guter Song.

 

Also ist es eher so ein Gefühl?

Ja, es ist ein inneres Gefühl. Man kann halt nicht komplett über einen Kamm scheren, was mir musikalisch gefällt. Aber das kennt wohl jeder. Jeder hat irgendwelche Bands, die komplett aus dem Raster fallen, aber das macht gerade auch den Reiz aus, etwas Neues zu entdecken.

 

Welche Alben sind es denn, die dich begeistern?

Also auf der Tour habe ich sehr oft das neue Album von Title Fight gehört – ‚Hyperview‘ heißt das. Es gefällt mir sehr gut, ist sehr ruhig und post-punkig angehaucht und da hatte ich zunächst bei einem Song das Bedürfnis, den immer und immer wieder zu hören. Das wäre zurzeit eins meiner Lieblingsalben. Sonst ist es so, dass vieles kommt und wieder geht.

 

Gibt es denn irgendwelche Klassiker?

Es gibt das ein oder andere Lied von den Deftones, das ich immer wieder hören kann. Und so an Metal-Klassikern sind Dissection und Emperor bei mir ganz weit oben. Vor allem die Alben ‚Storm Of The Light's Bane‘ und ‚Anthems To The Welkin At Dusk’ sind für mich die Meilensteine des skandinavischen Black Metal, also auch wenn die gemessen an der Entwicklung des Black Metal erst relativ spät kamen – aber das sind eben die, die mich emotional am meisten mitgenommen haben.

 

Hab auch die Alben, die nicht aus dem Bereich des Metal kommen Einfluss auf dein Songwriting? Oder lässt du dich überhaupt nicht bewusst beeinflussen, sondern gehst nach Gefühl?

Es geht viel über Intuition und Bauchgefühl. Wenn ich merke, dass mir etwas gefällt, versuche ich daran weiter zu arbeiten, egal wie es klingt. Klar, ich käme jetzt nicht auf die Idee, mit der Band etwas komplett anderes zu machen, weil die Band einfach eine Metal-Band ist. Ich habe aber auch nicht das Bedürfnis, etwas komplett anderes zu machen sondern bin der Meinung, dass ich alles, was ich musikalisch ausdrücken möchte, mit dieser Band ausdrücken kann. Insofern kann man das auch in Bezug zum Bandnamen setzen: das ist eben der Weg einer Freiheit – einer speziellen Freiheit, nämlich meiner. Aber jeder Mensch kann natürlich seinen Weg finden und kann – oder sollte – seiner Kreativität freien Lauf lassen und sich nicht nur auf den schnöden Alltag und Arbeit beschränken, also die Dinge, die er tun muss. Sondern auch auf das, worauf er wirklich Bock hat.

 

Ist dann Freiheit bei dir eher die Freiheit, gegen etwas zu sein?

Da ist auf jeden Fall auch ein Anti-Gedanke drin, ja.

 

Ist das auch in deiner Musik verarbeitet?

Ja, textlich gesehen eher metaphorisch und nicht so plakativ. Aber ich sehe mich schon als jemand, der nicht so ganz in die Gesellschaft reinpasst. Das findet sich natürlich in der Musik wieder. Ich versuche schon, mit meinem Leben glücklich zu werden und anderen Leuten den Ansporn zu geben, dass zu tun, was sie wirklich wollen und sich nicht von anderen sagen zu lassen, dass sie dieses oder jenes tun müssen. Das man das beiseitelegen kann und einfach sein eigenes Ding durchziehen. Das aber natürlich mit einem gewissen Realitätssinn. Klar kann man sich nicht, auch wenn man Lust hätte, jeden Tag auf die faule Haut legen und einfach nichts tun. Und manche sind mit ihrer Arbeit voll und ganz zufrieden und das ist natürlich auch okay. Da kenne ich auch einige. Aber wenn man das Gefühl hat, dass irgendwas nicht stimmt, muss man auf die Suche gehen und versuchen, sich selbst zu finden. Aber das ist natürlich sehr schwierig.

 

Gibt es ein Konzept hinter der Musik und den Texten von Stellar?

Ein gewisses Konzept gibt es schon. Darum heißt es Stellar, weil es eben auf die Sterne bezogen ist. Die Quintessens von jedem Text geht in Richtung Sterne und Himmel. Das unerreichbare, ungreifbare. Aber gleichzeitig sind die Sterne und der Himmel immer da. Und im Prinzip war es von je her der Menschheitswunsch, zur Sonne, zum Mond oder zu den Planeten zu fliegen. Zum Teil hat man das auch schon geschafft und arbeitet immer noch dran, noch weiter zu kommen, wie z.B. bei den Marsmissionen. Und immer ist es der Wunsch, wegzukommen und die unendliche Weite zu erforschen. Das ist ein Wunsch nach Freiheit, eine Sehnsucht nach etwas ungreifbarem, dass immer vor den eigenen Augen ist. Aber man weiß gleichzeitig, dass es unerreichbar ist. Dieser Gedanke trägt eine gewisse Traurigkeit und Romantik in sich und das wollte ich in den Texten vermitteln.

 

Woher kommt die Inspiration für deine Texte? Persönliche Erfahrungen oder setzt du dich irgendwann auf einen Berg und dann schriebst du was?

In der Tat hat ‚Eiswanderer‘ was mit einem Berg zu tun. Und zwar habe ich mit einem Kumpel eine nächtliche Wanderung in Norwegen gemacht. Dort sind wir um elf Uhr nachts durch metertiefen Schnee auf einen Berg gestiegen, haben uns oben hingestellt, Fotos gemacht und haben sogar Nordlichter gesehen. Das hat mich wirklich sehr beeindruckt, weil es fernab von aller Zivilisation war. Man hat keinerlei Menschen gehört, Lichter, Flugzeuge etc. gesehen.

Bei dem Rest ist es so, dass ich über meinen Alltag schreibe – so wie ich ihn wahrnehme. Alles was um mich herum passiert, fließt in die Texte rein. Das kann man nicht auf einen Einfluss beschränken.

 

Was ist für dich das Beste am Musikerleben?

Auf der Tour auf jeden Fall die Tatsache, jeden Tag woanders zu sein und auch die Herausforderung, sich jedes Mal neu zurecht finden und akklimatisieren zu müssen. Du bist jeden Tag woanders zu Hause, triffst jeden Tag neue Menschen, auch neue Freunde, was sehr schön ist. Ansonsten ist die Musik oder die Band der Weg, mich musikalisch ausdrücken zu können. Das ist für mich auch sehr wichtig.

 

Wie sehen eure weiteren Pläne für die Zukunft aus? Schon ein neues Album in Sicht?

Ja, das Album ist in Planung, zumindest ganz grob. Die Tour wird jetzt für Stellar, also für diesen letzten Albumzyklus auch die letzte sein. Das heißt wir werden erstmal in eine Livepause treten, lediglich im Sommer auf ein paar Festivals spielen, dann aber versuchen im Winter das Songwriting abzuschließen und Demos fertig zu stellen, um dann im Januar ins Studio zu gehen. Dann hoffen wir, dass das Album im Spätsommer oder Herbst veröffentlicht werden kann. Das hängt ja meistens eher vom Label ab, wann das Album veröffentlicht werden kann, weil es das ‚ok‘ geben muss. Mittlerweile gibt’s auch noch riesige Warteschlangen in den Presswerken – vor allem was Vinyl betrifft. Da ist es natürlich schwierig den richtigen Veröffentlichungstermin zu finden, den man auch einhalten kann. Aber wir hoffen, dass wir das Album Ende des nächsten Jahres am Start haben und dann auch wieder auf Tour gehen können.

 

Alles klar, das wär’s soweit von mir. Hast du noch etwas, dass du den Leserinnen und Lesern am Ende mitgeben möchtest?

Sehr großen Dank für das Interesse an unserer Musik und an die anhaltende Unterstützung auf Tour wie auch durch die Nachrichten, die wir fast jeden Tag auf Facebook kriegen, die E-Mails und alles Mögliche. Die freuen uns sehr. Und ja, vielen Dank für das Interview.